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Wir haben einen Anwalt gefragt, worauf man mit Drogen auf Festivals achten muss

Was dürfen Polizei und Securitys auf Festivals überhaupt kontrollieren—und was nicht?

Keine Frage: Für Leute, die auf Festivals gerne Drogen nehmen, wird es in letzter Zeit immer gefährlicher. Auf einigen Festivals rückt die Polizei den Besuchenden sogar schon mit Drogenspürhunden auf den Leib, weil sie eventuell illegale Substanzen mit sich führen können.

Sind die verstärkten Kontrollen im Straßenverkehr vielleicht noch verständlich, trifft das Filzen von Fußgängern, Taxi-Insassen oder Zelten auf dem Festivalgelände auf viel Unverständnis unter den Besuchenden. Dummerweise haben Behörden sich noch nie viel darum gekümmert, ob ihre Schutzbefohlenen ihnen Verständnis entgegenbringen—weshalb man erstmal davon ausgehen muss, dass die Kontrollen weitergehen werden. Da kann es nicht schaden, wenn man sich ein bisschen schlau macht, was die Polizei bei solchen Kontrollen überhaupt darf—und was nicht.

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Einer, der das weiß, ist der Berliner Rechtsanwalt Johannes Honecker. Wir haben uns mit ihm über Festival-Drogen und Drogen-Festivals unterhalten:

VICE: Herr Honecker, die Polizei kontrolliert nicht nur Autofahrer bei der Anreise zu Festivals auf Drogen. Auch Zugreisende, Taxi-Kunden oder Fußgänger müssen regelmäßig die Taschen leeren. Was raten sie jemandem, die oder der auf dem Weg zum Festival von der Polizei nach Drogen gefragt wird?
Johannes Honecker: Erklären Sie, dass Sie keine Drogen bei sich führen und einer Kontrolle der Taschen nicht zustimmen.

Darf die Security auf einem Festival mich durchsuchen oder festhalten, weil ich beim Konzert einen rauche?
Die Security hat gesetzlich nur ein Festnahmerecht, aber kein Durchsuchungsrecht. Vertraglich kann es allerdings anders ausschauen. Man sollte auf die Vertragsbedingungen schauen. Denkbar ist, dass man mit dem Erwerb einer Eintrittskarte einer Durchsuchung von Taschen zustimmt. Wer das nicht will, sollte solche Veranstaltungen nicht besuchen.

Wann darf mich die Polizei durchsuchen?
Wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt. Der Verdachtsgrad kann sehr gering sein und etwa in szenetypischer Kleidung, geröteten Augen oder auffälligem Verhalten liegen.

Muss ich mich in der Öffentlichkeit ausziehen?
Einer körperlichen Untersuchung sollte man nicht zustimmen. Sie ist entwürdigend und diskriminierend und es gibt keinen nachvollziehbaren Grund dafür, dass Drogen, die nicht in Taschen aufgefunden werden, sich in Körperöffnungen oder im Schambereich befinden.

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Was passiert, wenn die Beamten zum Beispiel ein Tütchen mit zwei Gramm Gras finden? Droht mir dann eine Hausdurchsuchung?
In der Regel und im städtischen Bereich passiert nichts. Eine Hausdurchsuchung muss regelmäßig von einem Ermittlungsrichter angeordnet werden. In Berlin etwa dürfte es schwierig sein, einen Richter davon zu überzeugen, dass ein Festivalbesucher mit 2 Gramm in der Tasche zu Hause noch mehr hat. Anders mag es sein, wenn der Betroffene Fotos von seinem kleinen Growzelt auf seinem Handy hat oder 15 Tütchen und eine Federwaage dabei hat.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man mit Drogen festgenommen wurde?
Keine Aussage machen. Weder dazu, seit wann gekifft wird, noch in welcher Frequenz, ob das zum Eigenbedarf ist oder sonst was. All das, was ihr sagt, hat Auswirkungen etwa auf die Fahrerlaubnis, auf das Arbeitsverhältnis—und natürlich auch auf das Strafverfahren. Wer ein erweitertes Führungszeugnis bei seinem Arbeitgeber abgeben muss (etwa bei Personen, die im erzieherischen oder schulischen Bereich tätig sind), für den kann eine Verurteilung zur Entlassung führen. Jede Aussage kann ein Schritt in Richtung Verurteilung sein. Aussagen kann man später—nach Akteneinsicht—immer machen. Eine einmal gemachte Aussage hingegen bekommt man kaum noch weg.

Wieso vernichten die Behörden geringe Mengen nicht einfach wie in Holland, anstatt ein Verfahren zu eröffnen, das fast immer eingestellt wird?
Weil die Polizei selbst die Entscheidung, ob eingestellt wird, nicht selbst treffen kann, sondern der Staatsanwaltschaft überlassen muss. Dafür bedarf es einer Verfahrenseröffnung. Die Einstellung übernimmt dann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.

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Bei Alkohol ist die Grenze relativ klar. Wie sieht es aus, wenn ich abends einen Joint rauche und am nächsten Mittag nach Hause fahren möchte? Ist das gefährlich?
Die Berliner Fahrerlaubnisbehörde sieht den Verkehrsteilnehmer schon ab 1 Nanogramm [ein Milliardstel Gramm] THC im Blut als verkehrsunsicher an. Dazu kommt, dass es gar nicht nur auf den THC-Wert ankommt. Auch der THC-COOH-Wert wird gemessen. Diesem soll man entnehmen können, ob denn nur ein gelegentlicher oder schon gewohnheitsmäßiger Konsum vorliegt.

Übertragen auf den Alkoholkonsum wäre das so, als würde man neben dem Atem-Alkoholtest noch die Leberwerte überprüfen—um zu schauen, ob ein Verkehrsteilnehmer, wenn auch jetzt nur geringfügig alkoholisiert, ansonsten aber doch heftig säuft und deswegen potentiell eine Gefahr darstellt.

Ist mein Führerschein auch in Gefahr, wenn ich ohne Auto zu fahren auf dem Festival mit Gras oder beim Kiffen erwischt werde?
Leider ja, und vor allem bei härteren Drogen. Die Fahrerlaubnisbehörde, die vom Kiffen erfährt, darf anordnen, dass man sich zur Blutuntersuchung einfindet.

In der Schweiz gibt es auf Festivals Drug-Checking. Da können Konsumenten Tipps zum Safer-Use bekommen und ihre Drogen auf Streckmittel prüfen lassen. Ist sowas bei uns verboten?
Verboten dürfte das nicht sein; es findet nur praktisch deswegen nicht statt, weil sich die Ermittlungsorgane direkt neben den Raum für das Drug-Checking stellen werden. Dann würde auf das Drug-Checking das Police-Checking folgen.

Kann man trotzdem irgendwie „sicher konsumieren"?
Zu Hause, unter Freunden, mit erfahrenen Menschen.