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DJs sind in Chicago nun auch Teil der Hochkultur

Ein Steuerstreit bringt die Stadt dazu, Chicago House & Co endlich auch offiziell den gebührenden Respekt entgegenzubringen.
Frankie Knuckles war die zentrale Figur bei der Entstehung des Chicago House in der 1980er Jahren. 2014 verstarb er. Foto: Flickr/djandywdotcom, CC BY-SA 2.0

Nachdem in Berlin kürzlich DJ-Sets im Berghain steuerrechtlich mit Konzerten (und damit immerhin auch Hochkultur-Klassik-Events) gleichgestellt wurden, gibt es nun in Chicago einen ähnlichen Fall. Zwei Clubs kamen in juristische Schwierigkeiten, weil sie für Clubnächte mit DJs nicht die drei Prozent Steuern auf Eintrittsgelder abführten, die bei Unterhaltungsveranstaltungen im Bundesstaat Illinois anfallen. Vor dem zuständigen Verwaltungsgericht von Cook County mussten sich die kleinen Läden Evil Olive und Beauty Bar für fehlende Steuern in Höhe von jeweils 200.000 Dollar verantworten. Und dieses Mal gab es eine echte Hochkulturdebatte:

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So sagte die zuständige Richterin Anita Richardson bei der ersten Anhörung, dass moderne Genres wie Rock, Rap und DJ-basierte Musik nicht Musik im Sinne von Hochkultur seien—und daher nicht von der Unterhaltungssteuer befreit werden könne. Beide Clubs hatten in diese Richtung argumentiert. Im entsprechenden Gesetz gibt es zudem sogar explizit die Erwähnung, dass Musikveranstaltungen in kleinen Venues—wie die beiden Clubs in diesem Fall—die Unterhaltungssteuer nicht zahlen müssten.

Wie Chicago Tribune süffisant schrieb, definieren die zuständigen Verwaltungsbehörden in Chicago Musik "offenbar als ein Genre, das sich seit 1949 nicht mehr weiterentwickelt hat." Ähnlich wie in Deutschland werden in den USA unter Hochkultur ausschließlich Theater, Live-Musik mit Instrumenten, Oper, Comedy, Ballet, Musicals und Bücherlesungen gefasst.

Folgerichtig gab es in Chicago im Zuge der ersten Anhörung eine Debatte über die Frage, ob Auflegen nun von der Unterhaltungssteuer befreit werden solle, also: zur Hochkultur gehöre. Im Ergebnis der öffentlichen Diskussion stand die Einsicht der Behörden, das Gesetz endlich ändern zu müssen.

Dazu haben sich Offizielle der Verwaltungsinstanzen mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen der Musikindustrie nun in den letzten Wochen abgestimmt. Der Cooky County Commissoner John Fritchey veröffentlichte vergangenen Freitag eine Pressemitteilung zur anstehenden Gesetzesänderung:

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DJ-Performances sollen demnach zu den "fine arts" gezählt werden. Die entsprechende Gesetzesänderung soll noch bis zur zweiten Anhörung des Steuerstreites im Oktober erfolgen, so dass sowohl das Evil Olive als auch die Beauty Bar darauf hoffen können, keine Steuern zurückzahlen zu müssen.

Joe Shanahan, Besitzer der bekannten Live-Venues Metro und Smart Bar, sagte zu der Entscheidung: "Diese Einigung zeigt, dass Regierungsbeamte nicht darüber entscheiden sollten, was Kunst ist. Besitzer von kleinen Locations haben nun die Sicherheit, weiterhin musikalische Talente präsentieren zu können."

Das Gesetz sieht vor, dass kleine Veranstaltungsorte, die bis zu 750 Leute fassen können, keine Unterhaltungssteuer mehr zahlen müssen, wenn dort DJs spielen. In die aktuellen Verhandlungen rund um Evil Olive und Beauty Bar wird die Änderung aber leider nicht rückwirkend eingreifen.

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