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traumstart

Wie Klinsi mit einer Schwalbe das Herz aller Spurs-Fans eroberte

Tottenham-Fans waren zunächst gegen den deutschen „Schwalbenkönig”. Bis der spektakulär abhob und später Spieler des Jahres wurde.
Foto: imago

Heute Abend (19 Uhr) spielt Borussia Dortmund im Signal Iduna Park gegen den englischen Traditionsverein Tottenham Hotspur im Achtelfinale der Europa League. Bei den Spurs läuft es diese Saison so gut wie schon seit Jahren nicht mehr. Aktuell steht man auf dem zweiten Platz und ist der erste Verfolger vom Sensationstabellenführer Leicester City. Eine denkwürdige Saison kündigt sich also an. Denkwürdig war auch die Spurs-Saison 1994/1995, die vor allem mit dem Namen eines deutschen Spielers verknüpft ist: Jürgen Klinsmann.

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Im Sommer 1994 waren die Vorzeichen an der White Hart Lane auf gar nicht mal rosig gestellt. Wegen finanzieller Ungereimtheiten wurden den Spurs für die kommende Saison 12 Punkte abgezogen, dazu kamen noch eine Geldstrafe in Höhe von 600.000 Pfund sowie ein einjähriger Ausschluss aus dem FA Cup (am Ende beließ es die FA aber bei einer Geldstrafe). Darum überraschte es Experten wie Fans gleichermaßen, dass der deutsche Stürmerstar Jürgen Klinsmann vom AS Monaco zu den Lilywhites wechseln würde.

Unter die Vorfreude mischten sich aber auch kritische Stimmen. Denn Klinsi galt in England als Schwalbenkönig, der vor allem im gegnerischen Strafraum unter plötzlicher Fallsucht litt. Der Druck auf Klinsmanns Schultern—zwischen Hoffnungsträger und Feindbild—war also verdammt groß.

Im ersten Saisonspiel musste Tottenham zu Sheffield Wednesday. Schnell führten die Spurs mit 2:0, doch Sheffield konnte ausgleichen. Nach der erneuten Führung für Tottenham schlug Klinsmann mit dem Kopf zu und erzielte das spielentscheidende 4:2 (Sheffield konnte nur noch auf 4:3 verkürzen). Das Tor allein hätte schon ausgereicht, um ein paar der Lästerer verstummen zu lassen. Doch Klinsi zeigte auch, dass er ziemlich viel (Selbst-)Ironie auf Lager hat und machte das, was seine Kritiker von ihm eigentlich im Sheffield-Sechszehner erwartet hatten: abheben und spektakulär zu Boden segeln. Ein Jubel, der schon bald zu seinem Markenzeichen werden sollte.

Mit dieser Aktion zeigte der Deutsche, dass er nicht nur Goalgetter, sondern auch ein Spieler mit feinem Humor war. Das Spiel endete übrigens vorzeitig für Klinsmann, weil er bei einem Zweikampf böse ausgeknockt wurde. Angesichts der Bilder hielten es viele für unwahrscheinlich, dass er im ersten Heimspiel der Saison—gegen den FC Everton—zum Einsatz kommen könnte. Doch Klinsmann biss auf die Zähne (womit kann man englische Fans bitte mehr beeindrucken?) und schoss noch in der ersten Hälfte zwei Tore.

Drei Tore in den ersten beiden Spielen, dazu noch einen kultigen Torjubel geprägt. Kein Wunder, dass Klinsmann das Herz aller Spurs-Fans im Sturm erobern konnte. Am Ende lief es für den deutschen Angreifer sogar so gut, dass er zum besten Spieler Englands gewählt wurde.