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Pferdefleisch

Eine belgische Firma will, dass wir Pferdefleisch eine Chance geben

Die belgische Firma Muscle Food ist der Meinung, dass wir statt Chips doch besser Pferdefleisch essen sollten. So verkehrt ist das auch nicht.
Photo via Flickr user frogbelly

Letztes Jahr war die Aufregung in ganz Europa— groß, als öffentlich wurde, dass ein paar (oder vielleicht ein paar mehr …) Stücke Pferdefleisch fälschlicherweise in gefrorenen Burger, Rindfleisch aus der Dose, IKEA-Fleischbällchen und anderen Produkten landeten. Die Richtlinien wurden danach verschärft, Einheiten zur Bekämpfung von Fleischkriminalität wurden eingerichtet und Wissenschaftler machten sich schleunigst an die Arbeit, um strengere und präzisere Methoden zum Testen und Identifizieren von Fleischsorten zu entwickeln. Vielleicht war das aber der falsche Ansatz. Vielleicht—sagen manche—hätten die Engländer und die Iren sich ein bisschen entspannen und Einfallsreichtum walten lassen sollen. Wenn wir schon Pferdefleisch essen, warum dann nicht bewusst?

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Vielleicht ist der Kampf um das Pferdefleisch ja echt, was aber noch lange nicht bedeutet, dass es überhaupt einen Kampf geben sollte. Es gibt keine Grund, gleich auszurasten, plötzlich Tofu-Dogs zu kaufen und gleich am ganzen Körper zu zittern, wenn du nur dran denkst, dass ein Stück Black Beauty sich in deinem Burger verstecken könnte. Begrüße es mit offenen Armen. Schleck dir die Lippen ab. Sei offen für das leckere, gesunde Potential von pferdigem Trockenfleisch. Das sagt zumindest die belgische Sporternährungsfirma Muscle Food.

Muscle Food hat stolz ihr Produkt „A Bag of Horse" auf dem Markt gebracht, was genau das ist, wonach es klingt. Ein kleines Säckchen voll leckerem Pferdefleisch, nur für dich allein. Der leicht mit schwarzem Pfeffer, Essig und Koriander gewürzte Snack beinhaltet 21 Gramm Eiweiß und wurde aus den Hüften eines glücklichen belgischen Pferdes hergestellt—keines dieser deprimierten, eh schon toten und mit Medikamenten vollgepumpten Rennpferde, die letztes Jahr irgendwie in die Schlachthöfe gemogelt wurden. Und das Unternehmen hofft, dass der Konsument es bald als eine gesündere Alternative zu Junkfood betrachtet.

Ein Pressesprecher (möglicherweise nicht ganz ernst gemeint, ist aber unklar) sagte kürzlich zu einer Tageszeitung in Großbritannien: „Viel zu oft greifen die Leute bei Heißhunger nach ungesunden Dingen wie Chips oder Schokoladenkeksen. Wir sind der Meinung, sie sollten nach Pferdefleisch langen—das ist definitiv eine gesündere Wahl." Gewissermaßen hat der Pressesprecher ja recht; Pferdefleisch ist magerer als Rindfleisch, enthält keine Konservierungsstoffe, nur wenig Kohlenhydrate und keinen Zucker. Das kann man nicht über besonders viele Artikel aus dem gewöhnlichen Automaten sagen.

„A Bag of Horse" ist vielleicht für manche vielleicht eine Neuheit—aber dann wiederum vielleicht auch nicht. Muscle Food verkauft außerdem Pferdesteaks, Fleischbällchen, Würstchen und sogar eine „Premium Horse Variety Selection", die die Firma als „den idealen Snack, um die Energiereserven nach einem mörderischen Workout wieder aufzufüllen" bezeichnet. „A Bag of Horse" hat einen prägnanteren Namen, als andere rossige Lebensmittel, aber Muscle Food behauptet, dass sie nach dem Skandal letzten Jahres kaum noch mit den Lieferungen nachkamen. Scheinbar sind die Leute neugierig geworden.

Vielleicht waren es 2013 nicht so sehr die Pferde selbst, die die Briten aus dem Konzept brachten; eher dieses Gefühl der Verschwörung. Die Konsumenten fühlten sich betrogen und mit Pferdefleisch ist es generell eher schwierig, jemanden zu verleiten. Stattdessen machten die Produzenten ungefähr jeden anderen in der wörtlichen und der symbolischen Lebensmittelkette zum Narren: Supermärkte, Restaurants, Konsumenten. Bevor der Pferdefleischskandal ausbrach, vertrauten 69 Prozent der Briten ihren Supermärkten, danach waren es nur noch 35 Prozent. Verständlicherweise wollen die Leute kein Fleisch aus dem Supermarkt mehr essen, wenn sie nicht ganz genau wissen, was drin ist, aus demselben Grund, werden wir ja auch nervös, wenn jemand zu uns sagt, Mund auf, Augen zu.

Wenn wir aber schon mageres, in Belgien gezüchtetes, reines Pferdefleisch angeboten bekommen, sollten wir es vielleicht mal zu einer bewussten Wahl machen. Sogar die Dartmoor Hill Pony Association sagt es wäre OK, Pferde zu essen—und das von einer Gruppe, die explizit als Zweck angibt, Fohlen zu retten und mit ihnen abzuhängen.

Es ist also vielleicht an der Zeit, sich zusammenzureißen, die Pringles zur Seite zu stellen und stattdessen unsere Gelüste mal mit ein bisschen Pferdefleisch zu befriedigen. Du weißt ja, wie es so schön heißt: Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.