Deine Augen sind schwer, deine Beine fühlen sich an, als wärst du am Vortag einen Marathon gelaufen. Du hast noch acht Stunden Arbeit vor dir, würdest dich aber am liebsten mindestens genauso lange noch mal hinlegen. Was ist passiert? Gestern wieder durchgefeiert? Nein, das war vorgestern. Aber seit du deinen ersten Vollzeitjob angetreten hast, merkst du – wie viele andere –, dass du nicht mehr so hemmungslos ausgehen gehen kannst wie früher.
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Egal wie lange du versuchst, es hinauszuzögern, irgendwann ist das Studium vorbei und das Arbeitsleben steht vor der Tür. Wenn du vorher, wie ich, irgendwas Geisteswissenschaftliches studiert hast, heißt das: deutlich weniger Freizeit, keine Flexibilität im Tagesrhythmus und eine viel höhere körperliche Belastung. Von Montag bis Freitag gilt es nun, stets pünktlich zu sein, da gibt es keinen Verhandlungsspielraum. Nichts mehr mit Vorlesungen schwänzen und sich die Aufzeichnungen vom Semester-Streber geben lassen. Keine spontanen Besäufnisse unter der Woche, die bis zum Morgengrauen dauern. Stattdessen eiserne Disziplin, schließlich musst du dir deine luxuriöse Rente von 553,50 Euro verdienen, um dir in 40-50 Jahren einen schönen Lebensabend zu machen."Als Studenten waren wir immer bis sechs, sieben oder acht Uhr feiern, ohne Drogen, nur mit Saufen. Irgendwann sind wir mega müde nach Hause, das war aber alles kein Problem. Dann hab ich angefangen, zu arbeiten. Freitags wegzugehen ist seitdem echt schwierig geworden. Wenn ich das mache, muss ich auf jeden Fall vorher pennen. Bei richtig geilen Partys kommen auch mal Hilfsmittel ins Spiel." – Stephan, 33 Jahre.Mit dem Eintritt ins Berufsleben ändert sich natürlich nicht alles, aber das Meiste. Vor allem dein Feierverhalten. Unter der Woche wird es schwierig bis unmöglich, außer du hast einen sehr toleranten Arbeitgeber, der dir drei Stunden Verspätungen und ausgiebiges Kotzen in der Morgenkonferenz durchgehen lässt.
Das Freitags-Problem
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Wenn du vernünftig bist, sind Clubbesuche eigentlich nur noch am Wochenende drin. Doch hier beginnt bereits das Schlamassel. Nach einer 40-Stunden-Woche stehst du jeden Freitag vor dem gleichen Problem: Eigentlich bist du körperlich zu müde, um noch auszugehen. Wenn du dann den Fehler begehst, dich zu Hause nur kurz aufs Sofa zu legen, pennst du ziemlich sicher für mehrere Stunden ein, wachst irgendwann in deiner eigenen Sabber auf und schleppst dich danach nur noch ins Bett.Dieser Falle kannst du entgehen, wenn du dich direkt nach Feierabend verabredest und zügig mit der Alkoholzufuhr beginnst. Dank sozialer Einbindung gibst du der Müdigkeit so gar nicht erst die Chance, von deinem Körper Besitz zu ergreifen. Freitage sind für arbeitende Menschen eigentlich die einzige Möglichkeit, wirklich unbeschwert auszugehen. Wenn du es übertreibst und am nächsten Tag mit einem üblen Kater aufwachst, hast du immer noch den Samstag zum Gammeln – und vor allem den Sonntag zum Ausschlafen. Denn alle erfahrenen Hedonisten wissen, dass der wichtigste Schlaf nicht der ist, den man unmittelbar nach einer durchzechten Nacht bekommt, sondern der in der Nacht danach.Gehst du samstags weg, bist du nicht so müde wie am Freitag und gestärkt für eine lange Clubnacht. Gleichzeitig läufst du aber auch Gefahr, montags völlig fertig bei der Arbeit hängen. Ist das dramatisch? Nicht unbedingt, aber verkatert zu arbeiten fühlt sich an, als würdest du in acht Stunden so altern wie Obama in acht Jahren US-Präsidentschaft. Das solltest du deinem Körper jedenfalls nicht allzu oft zumuten.
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Drogen und Dates
Warum du weniger ausgehst
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Deine Ausgehlust lässt mit dem Eintritt in die Arbeitswelt kontinuierlich nach. Viele Menschen führen diesen Umstand darauf zurück, dass sie älter werden und alles schon mal gesehen haben. Sicherlich spielt Lebenserfahrung auch eine Rolle, ein wichtige Ursache für dieses vermeintliche Altern ist allerdings der neue Alltag. Dieser nimmt dir die Unbeschwertheit, die eben nicht nur eine Altersfrage ist, sondern auch mit der verfügbaren Zeit zusammenhängt. Das Ganze hat aber auch etwas Positives. Du lernst jetzt deine Prioritäten kennen: Will ich heute lieber in einen Club oder bleibe ich zu Hause, weil ich morgen Freunde treffen will, die mir wichtig sind und für die ich gerne in tragbarer Verfassung bin? Oder gehe ich lieber tagsüber feiern?"Vielleicht liegt es auch am Alter, aber mein Schlaf ist mir lieb und teuer geworden. Deswegen gehe ich am liebsten sonntags nach dem Frühstück los und achte darauf, dass ich rechtzeitig wieder den Absprung schaffe. Samstagnacht ist in Ausnahmefällen auch drin, aber Freitagabend bin ich eigentlich immer viel zu fertig mit der Welt. Für längere Unterfangen müssen sauer verdiente Urlaubstage herhalten." – Julia, 29 JahreMitunter stellt sich beim Clubbesuch mit der Zeit auch ein Gefühl der Entfremdung ein. All die jungen Menschen, die so unbeschwert und energetisch feiern, während du gegen deine Müdigkeit und die schweren Glieder kämpfst, eigentlich nach Hause willst und dich fragst: Was mache ich eigentlich hier? Was dich von diesen quirligen Jungspunden unterscheidet, ist – neben dem Alter – meistens auch dein Alltag.Klar, das ist alles Jammern auf hohem Niveau. Es könnte alles viel schlimmer sein und letzten Endes handelt es sich um "First-World-Problems". Trotzdem ist die Umstellung schwierig und das Arbeitsleben auf Dauer nicht nur eine physische, sondern auch psychische Belastung. Viele chronische Leiden sind die Folge einer Überbeanspruchung von Geist und Körper, weshalb schwedische Forscher auch eine Reduzierung des Arbeitsalltages fordern.Manche werden jetzt vielleicht sagen: "Das gehört zum Erwachsenwerden dazu, heul mal nicht rum." Doch solches Gerede ignoriert, dass derartige Lebensphasen, wenn sie zu Ende gehen, eine tiefe emotionale Bedeutung haben. Sie lösen Melancholie aus und werfen die Frage auf, wie es in Zukunft weitergeht. Und das betrifft beileibe nicht nur das Clubbing, das ja auch nicht alles im Leben sein sollte.Folge THUMP auf Facebook und Instagram.