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Wie das angegriffene Burning Man Camp von innen aussieht

Wir sprachen mit dem Kölner DJ David Hasert über seine Erfahrungen auf dem Festival.
Links: Der Kölner DJ David Hasert, der das White Ocean Camp kennt. Rechts: Das Burning Man 2016. Foto: Imago

Seit Montag ist das Burning Man vorbei. In Erinnerung bleibt vor allem der Angriff auf das White Ocean Camp. In der Debatte darum gab es zwei Arten von Reaktionen. Die einen waren erschüttert und hießen die Aktion nicht gut. Andere wiederum legitimierten den Angriff als Teil einer Revolution, die nun begonnen habe. Das Ziel: das Burning Man zurückerobern. Camps wie dem White Ocean wird vorgeworfen, dem Geiste des Burning Man zu widersprechen. Zur Gemeinschaft würden sie nichts beitragen, sie seien gar parasitär. Stimmt das? Wie ist das White Ocean Camp wirklich? Gibt es dort wirklich Türsteher? Kriegen andere nichts ab von dem relativen Luxus? Der Kölner DJ David Hasert kennt das White Ocean Camp von innen. Im vergangenen Jahr legte er dort auf und verbrachte die Woche in der Wüste Nevadas. THUMP sprach mit ihm über die aufgeworfenen Fragen.

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David, du warst letztes Jahr auf dem Burning Man Festival und hast auch im White Ocean Camp aufgelegt, das vor mehr als einer Woche angegriffen wurde. Wie war dein genereller Eindruck?
Es war mein erstes Mal auf dem Burning Man, deswegen bin ich kaum qualifiziert etwas über die „guten alten Anfänge" zu sagen. Ich kann nur sagen, dass ich wirklich sehr überrascht war. Überrascht im Sinne von: „Das ist ja wirklich so toll hier wie alle sagen". Ich hatte am Anfang den Verdacht, dass—wie bei so vielen Festivals—alles viel heisser gekocht wird, als es dann am Ende gegessen wird. Ich musste aber feststellen, dass es dort wirklich so schön bunt und friedlich zugeht, wie alle behaupten. Und das alles ohne Geld, Securitys oder Müll auf dem Boden. Alles ist wahr: 70.000 und kein Arschloch dabei, zumindest keins das ich getroffen hab.

Das gilt auch für das White Ocean Camp?
Das gilt auch für White Ocean. Die waren alle cool, selbst zu mir, der nicht unbedingt der größte Socializer auf Erden ist. Die waren alle sehr offen, ehrlich und interessiert. Da wurde weder geprotzt oder übermässig auf die Kacke gehauen. Ich habe erst aus den Artikeln im Internet erfahren, dass wohl ziemlich viele Millionäre anwesend gewesen sein mussten. Ich komme ja schon relativ viel rum und als alter Punker hab ich immer noch eine mehr als gesunde Abneigung gegen Bonzen. Aber die Leute in und um White Ocean waren OK. Es wurde eigentlich nur über Musik und darüber, wie man die Welt verbessern kann, geredet. Oder mit psychedelischen Drogen experimentiert, anstatt mit Champagnerflaschen gewedelt. Unterm Strich war das Camp im Vergleich zu den Camps, die ich sonst gesehen habe, zwar etwas luxuriöser, aber das hat sich lediglich dadurch ausgezeichnet, dass sie z.B. Duschen hatten, die dann aber mit Regenwasser liefen, also ökologisch waren, ganz im Sinne des Burning Man. Außerdem gab es relativ gutes Essen, das sie da in die Wüste gezaubert haben. Und eine Bar mit Getränken, an der sich alle bedienen konnten. Auch Leute, die nicht zum Camp gehörten.

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In den sozialen Medien wurde behauptet, dass das White Ocean ein sogenanntes „Closed Camp" sei, mit Securitys davor.
Das stimmt auf jeden Fall auch nicht. Zwar war der Eingang etwas verwinkelt und schwierig zu finden. Aber es gab kein großes Scheunentor mit Türstehern davor. Alles lief mit dieser typischen Einstellung des Burning Man ab. Jeder wurde freundlich begrüßt und durfte in dem Camp bleiben. Ich habe selbst Leute mitgebracht, die ich auf dem Gelände kennengelernt hatte. Da wurde niemand zurückgewiesen. Letztes Jahr kam an einem Abend auch ein Typ vorbei, der schon seit den frühen Anfängen des Burning Man dabei war. Er hat uns von seinen Erfahrungen und den absoluten Anfängen des Festivals erzählt. Er wäre wohl kaum in das Camp gekommen, wenn es dort so schlimm wäre, wie manche Medien das jetzt darstellen.

Also keine Securitys.
Keine Securitys. Generell war es beeindruckend, dass auf dem ganzen Gelände keine Sicherheitsleute zu sehen waren und es friedlich blieb. Nichts wurde geklaut, obwohl überall teures Equipment rumstand und alle Zelte offen waren.

Was war deiner Ansicht nach das Motiv der Angreifer?
Ich kann nur spekulieren, aber ich habe gelesen, dass es einige Radikale unter den Burnern gibt, die quasi alles abfackeln wollen, um das Ganze dann nach ihren Vorstellungen wieder Stein für Stein aufzubauen. Für mich ist das eine Art von Aktivismus, die nichts mehr mit leben und leben lassen zu tun hat. Wie gesagt, ich bin kein Spezialist für das Burning Man. Aber ich glaube, es geht um Frieden und den Glauben an eine bessere Welt, die ohne Gewalt, Ego oder anderen Mist funktionieren kann.

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Anscheinend wird nach einem Feindbild gesucht. Und das hat man mit dem White Ocean Camp natürlich gefunden. In jedem Artikel wurde es noch mal luxuriöser dargestellt. Aber so schwarz und weiss, wie diese Typen die Welt gerne hätten, ist sie nunmal nicht. Wenn man denkt, zu den Guten zu gehören, weil man die Welt verbessern will, sollte man doch mit gutem Beispiel vorangehen und sich nicht wie ein Arschloch benehmen, oder?

In meinen Augen dürfen auch Leute, die Geld haben, beim Burning Man eine gute Zeit haben. Zumal Geld selber auf dem Gelände ja sowieso nichts Wert ist. Natürlich gibts auf dem Festival bestimmt auch ne Menge Richkids, die sich fancy Kostüme basteln und mit vergoldeten Selfie Sticks das Playa lang stolzieren. Über die darf man sich auch gerne lustig machen oder Ihnen mal ein Beinchen stellen. Aber 200 Gallonen Trinkwasser verschütten oder Gewalt anzuwenden, ist falsch und armselig.

Was ist mit Paris Hilton und anderen Promis, die auf dem Burning Man waren?
Das hab ich gar nicht mitbekommen. Erst hinterher habe ich auf Twitter gesehen, dass Paris Hilton und wohl auch Puff Daddy da waren. Schade eigentlich, dass man sich nicht gesehen hat—ich hätte sie gerne umarmt.

Hör dir hier David Haserts Set vom Burning Man an

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