Wie du nach der Wiesn feiern kannst, ohne im Krankenhaus zu landen

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Thump

Wie du nach der Wiesn feiern kannst, ohne im Krankenhaus zu landen

Die Zelte machen um 11 zu und du stehst vor einer wichtigen Entscheidung. Mach jetzt bloß nichts falsch.

Wenn du jemals in deinem Leben auf das Oktoberfest gehen solltest, wirst du irgendwann vor eine Entscheidung gestellt, die dein weiteres Dasein beeinflussen kann. Es sind nur ein paar Minuten, aber hier stehst du vor dem Wendepunkt deines Wiesnabends, vielleicht einem der großen Wendepunkte in deinem Leben. Diese Minuten können darüber entscheiden, ob du am nächsten Morgen in einem Himmelbett neben deinem Traumpartner aufwachst oder in der Intensivstation neben drei Polizisten, die dich fragen, warum du das Barpersonal mit wunderschönen Topfpflanzen und einem Bühnenscheinwerfer beworfen hast. Also versau das jetzt nicht.

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Die Mission

Du stehst mit deinen Freunden auf einer Bierbank im Wiesnzelt, es wird kein Bier mehr ausgeschenkt und Musik kommt jetzt nur noch vom Nebentisch („Lalalala Maccarena, Lala Maccarena"). Die Securitys schalten langsam auf Rausschmeißer-Modus. Es wird ungemütlich. Der Besuch aus Frankfurt will wissen, was jetzt passiert, wo es jetzt weitergeht. Ab jetzt hast du etwa zehn Minuten Zeit, eine Entscheidung zu fällen, denn genau zehn Minuten werden alle deine Freunde abgelenkt sein, weil sie versuchen den selbstverliebten Hendrick davon zu überzeugen, jetzt noch nicht nach Hause zu gehen. Vergiss nicht, du hast jetzt schon drei bis fünf Liter Festbier in deinem Blut, du kannst nicht mehr klar denken, du kannst jetzt nicht mehr anfangen zu planen, wir haben das alle schon versucht, niemand kann das. Sei deshalb vorbereitet.

Wohin wollt ihr?

Käferzelt

Haha … Nein. Um elf Uhr abends kommt nicht mal Barack Obama ins Käferzelt. Franz Beckenbauer vielleicht, aber du bist nicht Franz Beckenbauer, egal was der Alkohol dir erzählt. Für das Käferzelt musst du dreist sein, du brauchst Menschenkenntnis und eine gute Beobachtungsgabe, deshalb feiern dort ja auch die Promis und Politiker.

Die einfachste Methode, ins Käferzelt reinzukommen: Es gibt während der Abenddämmerung einen Moment, zu dem die Familien nach Hause gehen und die Promis noch vor dem Spiegel stehen und koksen. In diesem Zeitfenster musst du an den Ausgängen einen freundlichen Security identifizieren, der hin und wieder ein paar nette normale Menschen reinlässt. Aber dafür ist es in deiner aktuellen Situation sowieso schon zu spät, außerdem würde das euer Problem nur um eine Stunde herausschieben und Hendrick wäre danach endgültig weg. Vergiss nicht: Hendrick wird ja erst lustig, wenn er komplett die Kontrolle verliert. Also, Käferzelt scheidet aus.

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Wiesnclub

Direkt hinter der Bavaria, am idyllischen Bavariapark gelegen, thront die erhabene Kongresshalle und empfängt nach der Wiesn alle Leute, denen das Massenbesäufnis auf dem Oktoberfest noch zu feinsinnig ist. Was der eine Radiosender in der Kongresshalle veranstaltet, bringt der andere in den Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz. Du wirst brennende Tirolerhüte sehen und verstümmelte Menschen, die mit Anlauf durch eine Glaswand gesprungen sind. Es ist, als hätte Jackass endlich ein würdiges Real-Life-Nachfolgeprojekt bekommen, also ziemlich lustig, wenn du lieber zuschaust als selber zu feiern. Die Kongresshalle ist deshalb zumindest eine gute Option für den Fall, dass du den Rest deiner Leute verloren hast und der Akku alle ist. Versuche hier aber unbedingt, nicht durchzudrehen und das gestresste, überforderte Barpersonal mit Gegenständen zu bewerfen. Damit ist niemandem geholfen.

Substanz

Substanz heißt eine der lässigsten Bars in München, aber zur Wiesnzeit wollen wir einen großen Bogen um diesen Laden mit dem guten Bier an der Poccistraße machen. Denn das Bier bekommen Wiesngänger sicherheitshalber nur im Plastikbecher und die sonst besten Kneipen-DJs der Stadt spielen ihre Songs direkt von YouTube ab, damit ihre Festplatten nicht mit Musik von Rihanna und Nickelback verseucht werden. Es ist so unwürdig. Die Mischung aus alternativem Stammpublikum und Wiesn-Yuppies ist so explosiv, dass die Türsteher die schlimmsten Trottel immer mal wieder an ihren aufgestellten Krägen aus der Kneipe ziehen müssen—es ist letztlich der Hinterhof zur Hölle, den zur Wiesnzeit kein Mensch freiwillig ein zweites Mal betreten wird. Also erstmal schauen, was es sonst noch so gibt.

P1

Ja, das Einser. Das gibt es immer noch, und zur Wiesnzeit will wirklich ganz München durch die ehemals härteste Tür des Landes kommen—alles wie früher. Die schönsten und reichsten Menschen treffen sich und trinken schöne, teure Drinks. Jeder liebt jeden und alles, weil endlich ist man mal wieder unter sich. Das P1 ist eine Feier-Oase der Partyprofis; ein Ort, an dem die Früchte am schönsten sind und am tiefsten hängen, du musst nur den Mund aufmachen. Nirgendwo ist es schöner, aber du kommst nicht rein, sorry—außer vielleicht, du bringst zufällig sämtliche Dinge mit, die die Türsteher überzeugen. Mit sämtlichen Dingen sind in diesem Fall genaugenommen zwei außergewöhnlich attraktive Frauen gemeint. Oder du bist selbst ein P1-Babe, dann reicht es, wenn du nur eine schöne Frau mitbringst. Es gibt auch Leute, die haben sich über Jahre von den Mittwochs- zu den Donnerstagspartys hochgearbeitet und all ihre Pizzadienst-Einnahmen investiert, um schließlich auch zur Wiesnzeit am Dienstag ein gnädiges „Ja, passt schon, komm rein." entgegengemurmelt zu bekommen, aber das ist eine andere Geschichte. Für dich gilt: „Heute leider nicht."

Feierbanane

Du hast es schon geahnt. Es bleibt dir nur die Sonnenstraße. Hier sind die Clubs, in denen du nach der Wiesn feiern wirst. Du wirst auch an der Banane vor jedem Club eine absurde Schlange in Kauf nehmen müssen, die dich anrempelt, anbrüllt, anjodelt. Die Musik und das Publikum sind ungefähr 350% prolliger und aufgedrehter als sonst, aber du ja hoffentlich auch, also schrei deine Freunde an, dass im Kong, im Bob Beaman (ouh, das Programm!) oder in der Roten Sonne heute wirklich die beste Party auf der ganzen Welt ist und fang an zu feiern! Oder nee, vorher kommt ja noch

Die Tür

An Münchner Türstehern vorbeizukommen, ist zur Wiesnzeit mit den üblichen Tricks nicht möglich. Es werden nur die abgebrühtesten, erfahrensten Leute an die Clubtüren gestellt, keine Finte der Welt bringt dich direkt rein, sie kennen alle Maschen und isländische Verhaltensforscher haben außerdem herausgefunden: Wiesn-Türsteher können dir durch die glasigen Augen direkt in dein zermatschtes Hirn sehen. Also beachte folgende Grundregeln.

Niemals an der Schlange vorbei direkt zum Eingang gehen! Egal, ob du die Texte für die Sportfreunde Stiller schreibst oder weißt, was die Tochter des Veranstalters letzten Sommer getan hat—du wirst scheitern. Es gibt nur eine Konstellation, die dich in die Lage versetzt, mit so einem Arschloch-Verhalten durchzukommen: Du kennst den Türsteher. Nein, genauer: Der Türsteher kennt dich. Er kennt dich so gut, dass er dich unter maximalem Stress innerhalb von 0,2 Sekunden aus einer Masse von 300 Leuten als friedlich gesinnten Freund des Hauses identifizieren kann und es deshalb in Kauf nimmt, dich reinzulassen und deshalb die nächsten zehn Minuten von den Wartenden als willkürlicher Blockwartnazifaschist beschimpft zu werden. In allen anderen Fällen gilt, Wartebier an der Tanke holen, hinten anstellen und … warten. Wenn ihr dann drankommt, teilt euch in Gruppen à drei Personen, versteckt die Leute im Lidl-Dirndl hinten und versucht, so auszusehen, als würdet ihr noch ein paar Bier trinken können, bevor ihr ins Delirium fallt. Dann sollte es schon irgendwie klappen. Und dann: Feiern—es wird niemals besser sein.

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Vielen Dank an Lukas Bischoff für das informative Gespräch.