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Yep oder Nope: die wichtigsten Neuerscheinungen im Juli 2015

Unsere Experten haben sich alle wichtigen Alben des Monats durchgehört, damit du es nicht tun musst.

Auch wenn im Juli nicht immer die ganz großen Alben und EPs erscheinen, mit Fort Romeau, Mattrixxman und Julio Bashmore sind ein paar echt gute neue Platten erschienen. Was kam sonst noch raus und welche Platten müssen wir uns dringend noch holen?

Wir haben die beiden THUMP-Experten Thomas Venker und Ayke Süthoff nach ihrer Meinung zu den wichtigsten Alben des Monats gefragt. Lest hier, was davon ihr euch genauer anhören solltet und welche Platten ihr ruhig im Regal eures Lieblingshändlers verstauben lassen könnt.

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Matrixxman: Homesick

Thomas Venker:

Yep.

Der Albumtitel will nicht so recht zu den Rotlichtbezirk- und Opiumanspielungen passen, damit hat es sich mit kritischen Tönen aber: ein wunderbar stimmungsvolles Album, das rhythmische Offenheit und sphärische Sehnsucht verbindet.

Ayke Süthoff: Yep.
Dieser Matrixxman beginnt so undergroundig, metallern, kalt, nackt und treibend, dass man ihn eigentlich nur in irgendwelchen muffigen Gewölbekellern verlassener Industriebauten hören dürfte. Im Dunkeln. Zwischenzeitlich nähert er sich zwar einer lichtnahen Oberfläche, taucht dann aber noch deeper in die Düsternis des Techno. Für Nächte und Phantasie.

Julio Bashmore: Knocking Boots

Thomas Venker: Yep.
Bigmouth strikes again!

Ayke Süthoff: Yep.
Julio: Das Chicago der 80er hat gerade angerufen, die wollen ihre Musik wiederhaben.

Hundreds: Tame The House

Thomas Venker: Nope.
Es tut mir weh, die Beiden hier runtermachen zu müssen, aber ich ertrage Hundreds einfach nicht, zu pathetisch, zu gewollt.

Ayke Süthoff: Nope.
Ich verstehe die Idee nicht. Es sind ja gar keine Bonus-Tracks, sondern Neu-Interpretationen bestehender Tracks, also eigentlich Remixes. Nur auch das stimmt nicht wirklich, weil kein (externer) Remixer weit und breit, und ich habe auch das Gefühl: keine richtungsweisende Idee weit und breit.

Ellen Allien: High

Thomas Venker: Yep.
Für Ellen ist die Zeit irgendwie stehengeblieben—und ihr steht das gut. Nichts an High klingt nach 2015, eher fühlt man sich Mitte der Nullerjahre. Aber ob es mich stört? Kein bisschen, diese EP klingt so glücklich, die muss man mögen.

Ayke Süthoff: Nope.
Ich sitze hier fast acht Minuten und denke: Mensch, Ellen, da passiert aber auch nicht so viel Neues. Dann lehne ich mich zurück und mache lauter. Hypnose. Leider reißt mich der zweite Track da wieder raus und kann diesen Zustand dann auch nicht wiederherstellen.

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Fort Romeau: Frankfurt Versions

Thomas Venker: Yep.
Immer gut, wenn man zu hören beginnt, ohne sich erst weitergehend zu informieren—so schreibt man plötzlich über das Roman-Flügel-hafte der Musik von Mike Greene oder auch über an Orson-Wells-Produktionen erinnernde Momente, nur um dann festzustellen, dass diese hier als Remixer angedockt sind. Fünf tolle Beabeitungen, die man bestimmt oft diesen Sommer zu hören bekommen wird.

Ayke Süthoff: Yep.
Ich studiere im vierten Semester die Geschichte der elektronischen Musik, aktuell gibt Fort Romeau mit Unterstützung von Roman Flügel, Orson Wells, Massimiliano Pagaliara und Tuff City Kids eine Vorlesung über Chicago House, in dem er zeigt, wie seine Tracks damals geklungen hätten, wenn sie mit den Möglichkeiten von heute produziert worden wären. Noch verwirrender ist nur, dass er das Ganze ‚Frankfurt Versions' nennt.

Omar Souleyman: Bahdeni Nami

Thomas Venker: Yep.
Ein puristisches Omar Souleyman Album—aufgenommen mit dem Raumverständnis und den Skills von in einem anderen Kulturkreis und mit zwei Generationen später aufgewachsenen Musikern wie Four Tet, Gilles Peterson und Modeselektor, die clever genug sind, sich zurückzunehmen.

Ayke Süthoff: Nope.
Mein Gefühl ist ja, dass die Leute Omar Souleyman nur so feiern, um zu zeigen, wie interkulturell kompetent sie doch sind, weil sie auch zu syrischer Hochzeitsmusik tanzen können. Wenn es funktioniert, ist es natürlich so eine Art positiver Rassismus, aber es bleibt immer ein Hauch von kulturellem Greenwashing.

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The Analog Roland Orchestra: Dinsync

Thomas Venker: Nope.
Australischer Märchenerzähler, dem ich kein Wort glaube. Kommt mir wie eine Kneipen-Cover-Band vor. Sorry, Mate.

Ayke Süthoff: Nope.
Der Typ hat sich extra haufenweise analoge Gerätschaften auf irgendwelchen Flohmärkten zusammengekauft, also nehmt ihn gefälligst ernst. Auch wenn die Musik lameweilig ist.

Alan Fitzpatrick: A Subtle Change

Thomas Venker: Yep.
Bringt mich jetzt nicht in Wallung, aber macht auch nichts falsch: stimmungsvoller Techno, der Raum und Zeit im Griff hat.

Silkie: Fractals

Thomas Venker: Nope.
Das Album erzählt uns die Geschichte eines ausgebeuteten Musikers, der immer in den Club gezwungen wird—diese Zeilen erzählen die Geschichte eines Musikkritikers, der an den Rechner gezwungen wird. Viel zu bunt und verquietscht für mich.

Ayke Süthoff: Nope.
Silkie lässt irgendwann so ein Stück Future-R'n'B auftauchen, Klavier-Riff, deepe Bässe, Gestöhne—auch nur so halbgeil und doch der Höhepunkt des Albums.

Life On Planets: Curious Palace

Thomas Venker: Nope.
Ohne es zu wissen, musste ich an die große Nina Simone denken, die, wie sich herausstellen sollte, wie Life On Planets aus Baltimore stammt. Wie es der Bandname schon nahelegt, wollen sich die beiden auch nachdenklich positionieren, ihr gebrochener, zögerlicher Neo-Disco-Sound passt das auch, bringt mich aber letztlich nur dazu, Nina aufzulegen.

Ayke Süthoff: Nope.
Die mehr in eine housige Richtung gehenden Neo-Disco-Kracher sind sehr viel besser als die trippigen LSD-infizierten Gitarren-Songs. Oder war es genau andersherum?

Seb Wildblood: Foreign Parts

Thomas Venker: Nope. Ja, ja, hier passt alles, also wenn man in Kategorien wie Musik zur Zeit denkt—aber will ich die hunderste Platte, deren Rhythmik aus seltsamen Geräuschen gebastelt ist und der man die Zeit und Mühe anhört, die der Produzent reingesteckt hat, er das aber auch nicht will und weswegen er so eine super gefühlvolle zweite Ebene eingebaut hat, die ihn sehr, sehr sensibel zeichnet. Oh, der Postbote klingelt und bringt neue Schallplatten. Danke.

Ayke Süthoff: Yep.Tief pluckernde, nicht zu schnelle Housetracks, melodiös, zärtlich, gemütlich und trotzdem treibend; einem Dreizehnjährigen mit ADHS wird dabei eher keiner abgehen, was für uns Dreißigplusjährige ein zusätzliches Argument sein dürfte, den Rest des Sommers eine Beziehung mit Seb Wildblood einzugehen.