6 Schritte, wie du einem Freund durch einen Horror-Trip helfen kannst
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Zendo Project

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6 Schritte, wie du einem Freund durch einen Horror-Trip helfen kannst

Schritt 0: Hör schon mal auf, es einen “Horror-Trip” zu nennen.

Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP US erschienen

Verbring genug Zeit auf Musikfestivals oder in Clubs und die Chancen stehen nicht schlecht, dass dir jemand begegnet – ein enger Freund oder jemand Wildfremdes –, der Drogen genommen hat und dadurch unter Stress steht. Die Person weiß vor lauter Reizüberflutung – Musik, Lichter, Menschen – gar nicht wohin mit sich selbst. Viele von uns wollen in solchen Fällen gerne helfen, aber es ist nicht immer ganz klar, wann und wie genau man das am besten anstellt.

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Deswegen stellt das Zendo Project – eine Harm-Reduction-Organisation, ähnlich wie der deutsche eclipse e.V. oder die Drug Scouts – auf Festivals Rückzugsorte mit ausgebildeten "Tripsittern" bereit, die Betroffenen bei Bedarf durch ihre schwierigen Erfahrungen helfen.

"Ich habe mich immer schon für außergewöhnliche Bewusstseinszustände und die Verwendung von Psychedelika in der Psychotherapie interessiert", sagt Sara Gael, Leiterin des Zendo Projects. Gael ist nicht nur Mitarbeiterin bei einer transpersonalen psychologischen Beratung in Boulder, Colorado, sondern kann auch auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung als Fan elektronischer Musik zurückblicke.

Über die Jahre beobachtete sie immer wieder mit Sorge, mit was für "veralteten Methoden" in der Festivalszene mit Besuchern umgegangen wurde, die "schwierige psychedelische Erfahrungen durchmachen" – inklusive der Anwendung von Fixierungen, Betäubungen oder auch Festnahmen.

Diese Ansätze seien "verwurzelt in einem Missverständnis darüber, wie psychedelische Drogen wirken und sich auf das Denken auswirken."

Gael ist seit der Gründung 2012 beim Zendo Project dabei. Bislang hat die Organisation über 2.000 Gästen bei amerikanischen Festivals wie Burning Man, Lightning in A Bottle, Boom und Symbiosis geholfen und über 2.000 freiwillige Helfer für die "psychedelische Erste Hilfe" ausgebildet, wie sie es nennen. All das ist Teil der Zendo-Mission, eine Gemeinschaft der fürsorglichen Hilfe zu kreieren.

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Gael sieht großes therapeutisches Potential in Psychedelika – wenn sie sicher und in einem entsprechenden Setting verabreicht werden. Als Forscherin bei MAPS – durch die das Zendo Project entstanden ist – war sie auch an Phase 2 der klinischen Tests zum möglichen Einsatz von MDMA bei der Therapie von PTBS beteiligt. THUMP berichtete.

Sie sieht aber auch, dass gerade beim Freizeitgebrauch psychedelische Drogen das Potential haben, psychische Trauma oder Ängste aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche zu bringen – und das zu Zeiten oder an Orten, die alles andere als optimal dafür sind.

Aus diesem Grund stellt das Zendo Project eine ausführliche Anleitung und ein Harm Reduction Video bereit, um ein paar grundlegende Prinzipien mit an die Hand zu geben, die eine schwierige Erfahrung in eine wertvolle Lernerfahrung verwandeln können. Dazu gehört auch, einen "Safe Space" zu erschaffen und zu verstehen, dass ein "schwieriger" Trip kein schlechter sein muss.

Angesichts dieser Grundprinzipien erklärt Sara in eigenen Worten, wie man jemandem mit einer schwierigen psychedelischen Erfahrung auf einem Musikfestival oder im Club helfen kann.

1. Stell fest, ob jemand überhaupt Hilfe möchte oder benötigt

Eine schwierige psychedelische Erfahrung kann stark nach innen oder außen gerichtet sein. Es lässt sich nur schwer sagen, was sich gerade genau im Innenleben der Person abspielt.

Dementsprechend kann es manchmal ganz offensichtlich sein, dass eine Person Hilfe will oder braucht. In anderen Fällen ist das allerdings nicht ganz so eindeutig. Mögliche Charakteristika sind Angstgefühle, ein Gefühl von Einsamkeit oder des Gefangenseins, zeitliche und räumliche Orientierungslosigkeit, Verwirrung und die Angst die Kontrolle zu verlieren.

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Wenn du jemanden siehst, der offensichtlich eine schwierige Zeit durchmacht, kannst du an die Person herantreten, dich vorstellen und fragen, wie es ihm oder ihr geht. Geh nicht direkt davon aus, dass Hilfe gewollt oder gebraucht wird.

Tritt einfühlsam und ruhig an die Person heran, nicht voll von Angst und Sorge. Die einfache Präsenz eines einfühlsamen, netten und offenen Menschen kann unglaublich dabei helfen, dass sich jemand sicher fühlt.

2. Sprich Dinge durch, nicht dagegen an

Lass die Erfahrung der Person der Leitfaden sein. Versuch nicht, dem Prozess zuvorzukommen. Setz dich mit den beunruhigenden Aspekten auseinander, wenn sie auftauchen. Hilf der Person, einen Bezug zu ihren Gefühlen aufzubauen, ohne von der Erfahrung abzulenken.

Biete der Person an, die Gelegenheit zu ergreifen, das Geschehen zu erkunden. Ermutige sie dazu, sich nicht wehren zu wollen. Allein deine Anwesenheit kann eine große Hilfe sein.

3. Biete an, zu einem bequemeren und ruhigeren Ort zu gehen

Wenn jemand darauf anspringt und zeigt, dass er oder sie Hilfe braucht, kannst du vorschlagen, an einen ruhigen Ort zu gehen – weg von den grellen Lichtern, der lauten Musik und den Menschenmassen. Diese Faktoren können erheblich zur Desorientierung beitragen.

Frag die betroffene Person, wie sie sich besonders wohl fühlen würde. Biete eine Decke und Wasser an. Frag um Erlaubnis, bevor du jemanden irgendwie berührst. Behandle persönliche Informationen vertraulich.

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4. Zögere nicht, Hilfe zu holen falls nötig

Es gibt drei Fälle, in denen es unbedingt notwendig ist, Hilfe von außen zu holen: ernsthafte psychische Probleme, mögliche Gewaltausbrüche oder medizinische Notfälle.

Wenn du also auf jemanden zugehst, musst du immer auf Anzeichen für diese drei Fälle achten. Geh nicht einfach davon aus, dass das Problem nur psychischer oder emotionaler Natur ist.

Wenn jemand einen ernsthaften psychotischen Schub erleidet oder medizinische Hilfe benötigt, solltest du dem nachkommen und Hilfe holen. Und wenn jemand gewalttätiges Verhalten an den Tag legt, darfst du dich und andere nicht in Gefahr bringen. Wende dich an Sicherheitsleute, Türsteher oder die Polizei.

5. Vergiss nicht, dich um dich selbst zu kümmern – besonders wenn du selbst nicht nüchtern bist

Es kann sehr fordernd sein, jemand anderem so viel Platz einzuräumen – physisch und emotional. Das gilt besonders, wenn du selbst unter dem Einfluss psychoaktiver Drogen stehst. Wenn das der Fall ist, versuch jemanden zu finden, der nüchtern ist.

Ansonsten gelten die gleichen Regeln – inklusive der Notwendigkeit, auf dich selbst zu achten. Diese besteht natürlich auch sonst. Aber wenn du selbst unter dem Einfluss von Substanzen stehst, gilt sie umso mehr.


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6. Vergiss nicht, der Person zurück in die Normalität zu helfen

Menschen benötigen nach dem Abklingen der Erfahrung oft zusätzliche Hilfe. Die Rückkehr in die Normalität kann einen krassen Kontrast zu dem starken psychedelischen Erlebnis darstellen. Besonders wichtig für die Rückkehr ist deshalb ein unterstützendes und fürsorgliches Umfeld.

In der Nähe zu bleiben und jemandem zu helfen, etwas zu verarbeiten und die Erfahrung in das eigene Leben einzuordnen, kann extrem hilfreich sein. Insbesondere, wenn die Erfahrung schwierig für die Person, ihr Selbstbild oder ihre Beziehungen war.

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