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Clubkultur

7 Dinge, die ich an Hamburger Clubs liebe

Stürz dich in die Hamburger Nacht-du wirst diese Liste mühelos ausbauen können. Ein Astra und einen Mexikaner drauf!
Gestern musstet ihr schlimme Dinge über Hamburg lesen. Ob sie stimmen oder nicht, sei dahingestellt. Jedenfalls gibt es eine ganze Reihe Gründe, aus denen es sich in Hamburg-ohne allzu viele Selbstumdrehungen-hervorragend feiern lässt. Sieben habe ich für dich zusammengetragen. (Fotos von DMTRJ/iamdmtrj@gmail.com)

Die besten Clubs der Welt

… findest du nicht in Hamburg. Zumindest steht das so in den Rankings vom DJ Mag und anderen Magazinen, die regelmäßig The Places To Be für Szenelinge durchnummerieren. Das Molotow wurde schon häufiger für sein Live-Programm gekrönt, das Übel & Gefährlich hat schon die ein oder andere Urkunde für sein Booking erhalten und auch den Goldenen Pudel kennen einige Nicht-Hamburger. Aber der Großteil der Hamburger Clublandschaft verbleibt meist unerwähnt und ohne HYPE 2.0-Plaketten an der Tür. Kein Ranking hat irgendwas je besser oder schlechter gemacht, doch gibt es diese Ranking-Nebeneffekte: Je höher gepriesen, desto mehr Besucher kommen, die sich in die Clubs stellen, nur um sich dort in einem Selfie zu verewigen. Es ist ein bisschen wie mit deiner Lieblingsband , nachdem sie einen großen Hit gelandet hat. Das Publikum wird ungemütlicher und neigt dazu, sich feiernd ums eigene Ego zu drehen. Mit Tendenzen dieser Art müssen sich zum Glück nur Clubs in anderen Städten rumschlagen.

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Feiern mit Freunden

Hamburg ist die zweitgrößte Stadt Deutschlands, aber Großstadtfeeling? Mit alleingelassenen Individuen, die zwischen großen Plänen, unendlichen Optionen und immer auf sich alleine gestellt umherstreifen, sofern sie keine vorbeugenden Gegenmaßnahmen getroffen haben? Vergiss es, dieses Bild bleibt im besten Fall eine romantische Verschnörkelung, denn Hamburg ist ein Dorf. Hast du einmal einen groben Kreis von Orten und Zusammenhängen in der Stadt für dich ausgemacht, wirst du immer wieder den gleichen Nasen übern Weg laufen und bei der Suche nach einem Blättchen ständig alten Bekannten auf die Schulter tippen. Wenn dein Selbstverständnis das eines einsamen Wolfes ist, kann das schnell mal zu klaustrophobischen Anfällen führen. In den meisten anderen Fällen spürst du bei nächtlichen Streifzügen aber das herrliche Gefühl, mit einer Horde Freunden-ergänzt um die ein oder andere Neubekanntschaft-die Nacht erobert zu haben.

Eingetreten

Möchtest du den Schritt durch die Clubtür als eine bewundernswerte Leistung deiner selbst wahrgenommen sehen? Dir die ersten paar Meter hinter der Türschwelle dafür auf die Schulter klopfen, dass du mit deinem wohlgewählten Outfit und einer subtil vermittelten Attitüde dem oft umrätselten Schema der Türwachen gerecht geworden bist? Dieses Erlebnis bleibt dir in den meisten Hamburger Clubs verwehrt. Die Hamburger Türpolitik hält wenig von großem Gehabe. Wenn du kein sturzbesoffener Idiot oder Vollproll bist, darfst du dir relativ sicher sein, dass das Ende der Schlange gleichzusetzen mit dem Einlass ist-zumindest in den Clubs, bei denen sich der Eintritt lohnt.

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Haltung statt Konzept

Gute Unternehmer haben stets ein Konzept in der Tasche. Ein Konzept, das weiß, wie man Licht, Raumarchitektur und Barpreise so einsetzt, dass sich das große Ganze optimiert ins vorgesehene Förmchen schmiegt. Eröffnet jemand nach solchen Prinzipien einen Club, kannst du dir sicher sein, dass es schief gehen wird oder am Ende nur die ebenso Konzepttreuen an deinem höhenoptimierten Tresen sitzen und budgetpassende Drinks bestellen. Stoßen wir somit auf das Nichtkonzept an, das in vielen Hamburger Clubs gelebt wird und durch Haltung ausgeglichen wird. Das Nicht-Konzept im Sinne einer Anti-Optimierung. Und um nichts anderes geht es doch schließlich beim Feiern.

Mit dem Herz am linken Fleck

Es gibt in Hamburg eine Reihe Läden mit dem Herz am linken Fleck. Du magst jetzt sagen, das ist dir doch wumpe, du willst feiern und kein Plenum veranstalten. Dann hast du aber etwas Entscheidendes nicht verstanden und gehörst wahrscheinlich auch zu der Riege, die sagt, Fußball und Politik sollte man trennen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Alles ist politisch, sobald viele Menschen aufeinander treffen, und damit schließe ich an die Stelle oben an, wo ich was von der besseren Welt schwadroniert habe. Du willst dich für diese eine Nacht oder das Wochenende an einen Ort begeben, wo du alles loslassen kannst, wo du dich in der Musik, den Menschen, deine auserwählten Drogen oder Drinks im Kopf, verlieren kannst, und das kannst du nur tun, wo du nicht ständig auf auf subtile oder konkrete Dummheiten von den Leuten um dich rum reagieren musst. Es gibt überall Idioten, aber die Dichte, mit der diese Idioten auftreten, sinkt direkt propotional mit der wohlgewählten Lokalität. Und mit dem Selbstverständnis, das viele Clubbetreiber hier an den Tag legen. Vielleicht liegt es daran, dass die Veranstalter früher selbst viel Zeit in Wirkungskreisen rund um Hafenstraße oder Rote Flora verbracht haben. Vielleicht hilft auch die Elbluft dabei, den Kopf freizupusten (Es gibt daneben natürlich auch die Alster- oder Reeperbahn-Läden, in denen du dir deine Drinks in pseudo VIP-Bereiche bringen lässt oder Strohhalme für Cocktaileimer innerhalb der Gruppe verteilst-die kannst du locker ausklammern, wenn du einmal Orte wie das Gängeviertel, die Kraniche an den Elbbrücken, Pudel, Universum oder das B20 entdeckt hast).

Die Wege sind kurz

Als in Hamburg Aufgewachsene habe ich eine Weile gebraucht, um zu verstehen, was für ein großes Privileg es für uns Hamburger ist, dass sich in unserer Stadt alles exzessiv auf einem Fleck staut und sich die Stadtteile nach Funktion zu gliedern scheinen. Während man in Berlin von einem Kiez spricht, der nur jeweilige Umgebung in den Stadtvierteln einschließt, meint der Kiez in Hamburg nur den einen, die noch aus Seefahrertagen stammende Ausschweifungs- und Amüsiermeile. Wenn du schon einmal in Hamburg warst, weißt du, dass du den Kern der Reeperbahn an Wochenenden zu meiden lernst, nachdem du in jungen Jahren mal glaubtest, hier irgendwas außer besoffenen Touristen oder aufgetakelten Feierprolls zu finden (eine Ausnahme bietet vielleicht noch der Hamburger Berg am Donnerstag). Aber der Kern bleibt der Kern und er bringt Vorteile mit sich. Denn auch die meisten guten Clubs haben sich im näheren Umfeld angesiedelt (mit leichtem Sicherheitsabstand) und so kannst du bequem deinen Aufenthaltsort wechseln ohne eine Weltreise auf dich nehmen zu müssen. Bewegst du dich runter, Richtung Hafen, erreichst du die Nochtwache, den Pudel, das Hafenklang oder das Golem, zurück Richtung Schanze das Fundbuero, den Bunker oder das PAL. Zudem gibt es die wenigen Ausnahmen (fast) direkt an der Reeperbahn, wie das Molotow, das Kurhotel und die Prinzenbar. Und all die Überbrückungen dazwischen lassen sich mit dem Wegebier in der Hand zu Fuß bestreiten. So lässt sich der Abend auch galant in einem Live-Club wie dem Molotow oder der Hasenschaukel beginnen, um die Ecke ravend fortsetzen und bei einem Absacker, bestenfalls in der Mutter, prozentreich abschließen.

Der Weg nach Hause

Früher oder später wird er da sein, der Punkt, an dem du den Schritt aus der Clubtür zurück in die Realität wagst. Vielleicht, weil du selber eingesehen hast, dass in Punkto Energielevel nur noch der rasante Abstieg zu erwarten ist. Vielleicht, weil dir jemand erklärt hat, dass die Holzbank auf der Dachterrasse des Kurhotels oder das flauschige Sofa im Goldenen Salon sich langsam von deinen Nähebedürfnissen eingeengt fühlen. Wie auch immer, du stehst nun wieder draußen und genau da kommen wir zum letzten Punkt. Der Weg nach Hause gestaltet sich in Hamburg meist sehr angenehm. Wahrscheinlich wohnst du sowieso in einem der umliegenden Viertel und kannst dich mit dem Fahrrad nach Hause schlängeln. Versuch, einen Bogen über den Hafen einzubauen und nimm noch eine Nase. Elbluft. Es gibt wenig Besseres, als einen nächtlichen Ausflug mit Blick auf sich drehende Kräne und gen Meer steuernde Schiffe abzuschließen.

Fazit:

Versuchs mal mit einem Mövenschiss auf die vermeintliche Expertise derer, die den ersten Drink des Wochenendes rituell noch immer ausschließlich mit Blick Richtung Berghain nehmen und stürz dich in die Hamburger Nacht-du wirst diese Liste mühelos ausbauen können. Ein Astra und einen Mexikaner drauf!

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