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Festival

Auf dem finnischen Flow Festival gibt es Hummer statt Dosenravioli

Beim Thema Essen denken die meisten Besucher von Musikfestivals wohl vor allem an Dosenravioli oder Imbissstände. Dass das aber auch anders geht, zeigen uns die Finnen mit ihrem Flow Festival. Dort sind die Snacks nämlich so lecker, dass auf dem Line...

Mit dem Essen auf Musikfestivals assoziieren die meisten Festivalbesucher wohl Dosenravioli oder Imbissstände. Das kann durchaus auch seinen Reiz haben, besonders wenn die Fressbuden mehr anbieten als nur Hot Dogs. Das Highlight auf den Festivals hierzulande ist wohl das sagenumwobene Handbrot, das ihr aber getrost vergessen könnt, wenn ihr einmal auf dem Flow Festival in Helsinki zu Gast wart.

Bei dem facettenreichen und experimentierfreudigen kulinarischem Angebot auf dem finnischen Stadtfestival rücken die Bands beinahe in den Hintergrund, selbst wenn auf der Musikkarte The National, Die Antwoord, Jamie XX oder Outkast stehen. Die Fressbuden stehen dem Line-Up weder im Facettenreichtum noch zahlenmäßig nach, wobei es eigentlich eine Schande ist, die Stände als ,Fressbuden' zu bezeichnen. Hier gibt es immerhin alles von fusionierter Szene-Küche über Hummer-Hot-Dogs und veganer Feinkost bis hin zu roher und gebackener Kuchenvielfalt oder Ben & Jerry's Eis.

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Um den Mengen dieser Köstlichkeiten auch nur annähernd gerecht zu werden und nebenbei mehr über die finnische Küche zu erfahren, haben wir uns mit dem finnischen Rapper Noah Kin letztes Wochenende durch die Essenstände des Flows getestet. Der 20-jährige, der schon seit acht Jahren HipHop macht und Teil des Line-Ups war, wohnt in Helsinki, seit er im Alter von einem Jahr mit seiner finnisch-nigerianischen Familie aus Oslo hierher gezogen ist, und kennt sich aus mit der Küche in Helsinki.

TACOS @ TACO BOT

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Unser erster Halt ist der Taco Bot, ein moderner mexikanischer Street-Food-Truck, der für drei Tage auf dem Festivalgelände parkt. Im Angebot hat Taco Bot verschiedene Tacos und Quesedillas: vegetarisch, mit Beef oder Fisch—die drei offensichtlichen Optionen, wobei der vegetarische Lebensstil in Finnland noch eher von einer Minderheit gelebt wird, Fisch dagegen ein Nationalgericht ist—die Nähe zum Meer legt das nahe—und Fleisch laut Noah zu den liebsten Essmöglichkeiten der Finnen gehört. „Die Finnen mögen Bier und Wurst", sagt er. Für mich klingt das sehr deutsch, für andere wahrscheinlich nur menschlich.

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In der Zwischenzeit essen wir die Tacos (Ich kann Interviews beim Essen nur weiterempfehlen) und erfinden ein Bewertungssystem für diesen Fressbudentest. Das Essen wird ab sofort mit Tacos bewertet—wobei fünf Tacos das Maximum an gutem Geschmack darstellen—und bekommt jeweils einen passenden Soundtrack aus dem Flow Line-Up zugeordnet.

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Die Tacos schneiden gut ab: Da sie nicht besonders heiß und fettig sind, sind sie ein ideales Sommerfestival-Essen, obwohl sich das Essen der mexikanischen Gerichte etwas schwer gestaltet und die Hälfte im Gras gelandet ist. Kein gutes Erstes-Date-Essen und kein gutes Interview-Essen, dafür aber ein optimales Festival-Futter.

Der passende Soundtrack: Little Dragon

Wie viele Tacos? 4/5, einen Taco Abzug, weil es so schwer zu essen ist.

MUSSAMAN CHICKEN CURRY & CHIANG MAI CURRY @ TWISTED STREET KITCHEN

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Twisted Street Kitchen ist ein kleines Szene-Lokal in Helsinki, in dem nur ca. zehn Leute Platz finden können und das asiatisch inspirierte Küche mit anderen Einflüssen fusioniert. Hier gibt es verschiedene Curry-Gerichte, die alle mit einem einzigartigen Twist versehen wurden.

Das Mussaman Chicken Curry, das sich Noah bestellt, ist süß und salzig, cremig und scharf zugleich. Im vegetarischen Chiang Mai Curry aus dem Norden Thailands sind nicht nur Tofu und Ananas enthalten, sondern auch Süßkartoffeln, Kokusnussraspeln und Zitrone—und es gehört wohl zu den besten Currys, die jemals Asien verlassen haben. Obwohl Noahs Chicken Curry seine Lieblingsspeise in dem Restaurant ist, muss er zugegeben, dass die vegetarische Variante etwas besser ist.

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Der passende Soundtrack: Jungle

Mussaman Chicken Curry Wie viele Tacos? 4,5/5

Vegetarisches Chiang Mai Curry Wie viele Tacos? 5/5

CAYENNE KICK SAFT & BANG BANG SAFT @ JUICE BAR

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Natürlich wird auf dem Festival auch getrunken. Während es das Festival nicht erlaubt, direkt vor der Bühne Alkohol zu konsumieren, und das in extra gekennzeichneten Bereichen getan werden muss, gibt es nicht-alkoholische Getränke auf der Fressmeile in allen möglichen Variationen. Die zwei Säfte Bang Bang und Cayenne Kick müssen für unseren Test herhalten. Noah beurteilt den Cayenne Kick als den besseren, da er erfrischend und herb zugleich schmeckt, was wohl dem Cayenne und Ingwer geschuldet ist. Der Bang-Bang-Saft schafft es trotz des guten Namens nur auf drei Tacos, da der Rosenwasser-Geschmack etwas gewöhnungsbedürftig ist—und den Drinks auch gleich den passenden Soundtrack schenkt.

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Der passende Soundtrack: Outkast—„Roses"

Bang Bang Drink Wie viele Tacos? 3/5

Cayenne-Pfeffer-Drink Wie viele Tacos? 4/5

LAMM BURGER & HALLOUMI UND FATAN BURGER @ SANDRO

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Auf dem Flow Festival ist natürlich auch Richard McCormick, der Jamie Oliver von Finnland, mit verschiedensten Ständen vor Ort. Der Stand seines Restaurants Sandro, das Geschmäcker aus dem fernen Osten mit moderner afrikanischer Küche mischt, bietet auf dem Flow unter anderem Burger an. Zu dem Lamm-Burger oder der vegetarischen Option mit Halloumi und Fatân—offensichtlich einer seiner Begriffe für marinierten Seitan—gibt es dreierlei Soßen: Hummus, Tomatenpesto und Joghurtsoße.

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Der passende Soundtrack: Action Bronson

Lamm-Burger Wie viele Tacos? 3/5, da das Fleisch etwas zäh war.

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Halloumi- und Fatan-Burger Wie viele Tacos? 5/5

HUMMER HOT DOG @ KAARTIN HODARI & HUMMERI

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Als nächstes probieren wir den Hummer-Hotdog, der wohl an Absurdität für ein Festivalessen kaum übertroffen werden kann. Der Hot Dog kostet 20 Euro und wir sind uns bis zum Schluss nicht ganz sicher, ob der Hummer in die Wurst gepresst oder in der pinken Soße gehackt wurde. Noah ist allergisch, deswegen probiert sich unser Fotograf an dem Hummer-Hotdog, der das Geschmackserlebnis als eine „seltsame Mischung aus Wurst-Konsistenz und typischem Fischgeschmack" beschreibt—also gewöhnungsbedürftig, aber gut. Noah erzählt uns, dass es in Helsinki zu einem Trend geworden ist, neues Essen zu erfinden und verschiedene Küchen zu fusionieren, was die bisherigen Fressbuden bereits angedeutet haben.

Dennoch ist so ein in eine Wurst gepresster Hummer für 20 Euro kaum zu verkraften, weswegen dieses Festivalessen leider Minuspunkte und den absurdesten Soundtrack des Festival-Line-Ups bekommt.

Der passende Soundtrack: Skrillex

Wie viele Tacos? -1/5

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ROHER SCHOKOKUCHEN @ RAW SPOT

Als letzte Station steuern wir den Stand Raw Spot an, der ausschließlich Speisen aus rohen und organisch produzierten Zutaten zubereitet. Ein Ofen oder Herd findet sich hier weit und breit nicht. Wie es sich zum Ende einer (viel zu ausgedehnten) Mahlzeit gehört, nehmen wir ein Dessert: dunkler Schokoladenkuchen, der nicht nur so viele Tacos bekommt, weil er auf seltsame Art und Weise übertrieben süß und gleichzeitig gesund schmeckt, sondern auch weil es laut Noah die viel bessere Option als ein typisch finnisches Dessert wie Mämmi ist. Das ist eine braune Süßspeise, die aus Mehl, Malz und Zucker angerührt wird. Anscheinend schmeckt sie wie Guinnessbier und alle Finnen essen Mämmi zum Osterfest, obwohl es laut unserem Local schlicht und einfach widerlich schmeckt.

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Wir bleiben lieber bei der rohen dunklen Schokoladenbombe, auch wenn alle von uns kurz vorm Platzen sind. Obwohl oder vor allem weil wir uns nur durch einen Bruchteil der Stände kämpfen konnten, würden wir auch nächstes Jahr wieder kommen—selbst wenn auf dem Line-Up nur Skrillex stehen würde. Das Festivalessen lohnt sich allemal.

Der passende Soundtrack: Chari XCX, weil der Kuchen so kaugummisüß wie ihr Bubblegum-Pop ist.

Wie viele Tacos? 4/5

Alle Fotos: Jan Kapitän