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Shanti Celeste ist bereit, die Welt zu erobern – Platte um Platte

Gerade ist sie von Bristol nach Berlin gezogen, schon sorgt sie mit ihrem neuen Label für Aufsehen. Uns hat sie verraten, was sie sonst noch plant.
This post ran originally on THUMP UK.

"Ich langweile mich ziemlich schnell", gibt Shanti Celeste zu. Da sprechen wir gerade über ihr ziemlich flexibles Ohr für partytaugliche Musik. Schließlich produziert sie ebenso geschickt Electro wie fröhlichem House. "Ich muss ein wenig Abwechslung reinbringen, um kreativ zu bleiben und wirklich zu genießen, was ich da mache. Andernfalls könnte ich in eine Sackgasse geraten. Dann würde die Musik darunter leiden." Die in Berlin lebende Chilenin ist mit der Fähigkeit gesegnet, alles was sie anfasst, nach einer Platte von Shanti Celeste klingen zu lassen: melodiös, leicht und scharfsinnig.

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Nimm einmal "Selector" von ihrer letzten 12", der ersten Veröffentlichung auf ihrem neu gegründeten Label Peach Discs: Es ist von sanften Pads und schimmernden, beinahe Acid-ähnlichen Arpeggios durchsetzt, eine leichte Begleitung zur brodelnden, tiefen Bassline und den schlagkräftigen Drums, die darunter liegen. Auf der A-Seite findet sich wiederum "Loop One" eine entspannte Nummer voller Breaks, die dasselbe geschickte Ohr für Melodien zeigt, das auf der anderen Seite so deutlich wird.

Celeste gibt zu, dass ihr trotz dieser Fähigkeit, sich bei diversen Einflüssen und Stilen zu bedienen, die Produktion mancher Klängen leichter fällt als die anderer. Dem fügt sie hinzu, dass sie eine "kleine aber raffinierte" Studioausstattung habe, was ihrem "nicht so teuren" Geschmack in Sachen Synthesizer geschuldet ist. "Ich fühle mich wohler damit, in einer Weise zu arbeiten, die recht naiv ist. Wenn ich also versuche, Sachen auf eine Art zu machen, mit der ich vorher nicht allzu viel gearbeitet habe, entstehen für mich meistens die besten Resultate. Ich neige dann nicht dazu, es zu überdenken", erklärt sie mir via Skype.

Währenddessen sitzt sie in einem Zimmer in Chile, wo sie ihre Familie besucht. Gerade erst hat sie ihre erste Tour in Australien beendet.

Celeste hat in den letzten Monaten so viel Zeit auf Tour verbracht, dass sie nicht wie gewünscht im Studio arbeiten konnte. Der Umzug vom britischen Bristol nach Berlin war da nicht zuträglich. "Es ist wirklich schön, ein paar Wochen zu haben, in denen du mal nicht für eine Woche weg musst, damit du ins Studio gehen und wieder rein kommen kannst. Denn nach einer langen Pause fühle ich mich manchmal recht eingerostet und es dauert länger, an einen Punkt zu kommen, wo ich richtig voran komme", sagt sie. Sie brennt darauf, wieder ins Studio zu gehen und erzählt mir, dass sie sich immer noch an die wachsende Beanspruchung durch ihren Tourplan gewöhnen muss. Besonders jetzt, wo sie zusätzlich noch ihr eigenes Label betreibt.

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Ihr erster Vorstoß als Labelmanagerin war 2011 BRSTL, das Label, das sie mit Chris Farrell von Idle Hands und dem Produzenten Rhythmic Theory gründete. "Das Label wurde mit dem Ansatz ins Leben gerufen, Musik von Menschen aus Bristol zu veröffentlichen und ihre Arbeit ans Licht zu bringen", so Celeste. Peach Discs sei eine Möglichkeit für sie, vollständige Kontrolle über ein Projekt zu haben, mit einer Vorstellung, die durchweg ihre eigene ist. Durch die zusätzliche kreative Möglichkeit, ihre eigene Musik und die anderer zu veröffentlichen, kann sie im visuellen Design des Labels außerdem ihre künstlerische Seite ausleben und ihre eigenen Gemälde verwenden. "Es sind keineswegs Meisterwerke, aber die Malerei entspannt mich und ermöglicht mir einen anderen Weg kreativ zu sein."

Auch wenn sie weiter Musik auf anderen Labels veröffentlichen wird: Auf Peach Discs wird von nun an Celestes Hauptfokus liegen und damit die Möglichkeit, mit einer langfristigen, aber entspannten Vision im Kopf weiter zu machen. Sie verfolgt mit dem Label auch einen aktiven Ansatz an A&R, hat in der Hoffnung durch Demos zukünftige Veröffentlichungen zu entdecken einen Email-Account eingerichtet. Wobei es ihr nicht an Freunden mangelt, die sie mit zukünftigen Veröffentlichungen für das Label versorgen könnten.

"Ich habe viele Freunde, die Musik machen und die ich einfach höflich ein bisschen dränge; ihnen sage: 'Komm schon'", scherzt sie. Sie merkt an, dass zwei neue Platten von anderen Produzenten in Arbeit seien und es weitere erste Pläne für andere gebe. "Ich lasse es am Anfang langsam angehen und will nicht mit dieser Idee anfangen, nur Platten mit einer bestimmten Art von Sound zu veröffentlichen. Ich werde definitiv merken, wenn ich das Gefühl habe, es sei bereits vorbei", sagt sie. "Ich will immer auf dem Höhepunkt aufhören, wenn ich also an einen Punkt komme, an dem ich das Gefühl habe, ich habe alles gemacht, was ich damit machen wollte, dann höre ich auf."

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Vor Berlin war Bristol ihre Heimat und vor Bristol der nordenglische Lake District. Hier besuchte Celeste zum ersten Mal Outdoor-Raves, wo Speed Garage und Jungle an der Tagesordnung waren. Diese Partys führten sie nach Bristol, in Englands Südwesten, wo sie mit 21 einen Job bei Idle Hands annahm. Zu dieser Zeit fing sie an, Platten zu sammeln – verschlang zum Beispiel Minimal-Techno –, aufzulegen und das Produzieren zu lernen.

Kurz nachdem sie in die Stadt gezogen war, rief Celeste ihre eigene Clubnacht ins Leben. "Housework" entstand 2010 mit den befreundeten DJs Gramrcy und Golesworthy mit der Absicht, DJs nach Bristol zu bringen, die noch nicht oft dort gespielt hatten. Unter anderem spielten Call Super, Telephones und Jane Fritz in diesem Rahmen. Vor Kurzem brachten sie die Veranstaltungsreihe nach Berlin, wo die drei mittlerweile alle wohnen. Zu erleben sind die auf Residents vertrauenden Sessions im kleinen Neuköllner Club Sameheads.

Ihr Umzug nach Berlin im letzten Jahr, so gibt sie zu, hätte allerdings zu einer besseren Zeit kommen können. Sie ist noch damit beschäftigt, die Rolle als Labelbesitzerin und beschäftige DJ mit dem alltäglichen Leben und dem Einleben in einer neuen Stadt unter einen Hut zu bekommen. "So sehr ich Berlin auch liebe, und ich fühle mich ein wenig schuldig, es vielleicht nicht mehr zu versuchen, aber ich habe einfach keine Zeit für Auftritte, Musik machen, Emails schreiben (was eigentlich die Hälfte meiner Woche beansprucht), Labelsachen organisieren, Musik kaufen, nach Platten suchen, Sport machen, vernünftig essen und rausgehen, um einfach soziale Kontakte zu pflegen."

Sie gibt zu, dass sie den Charme Bristols sogar noch mehr zu schätzen weiß, seit sie die Stadt verlassen hat. "Ich habe viele Freunde dort, bei denen ich mich nicht unbedingt schuldig fühlen muss, wenn ich mich nicht mehr bemühe, weil sie immer da sein werden." Als DJ, Produzentin und Labelinhaberin, so scherzt Celeste, betreibe sie einen Vollzeitjob, "bei dem du zu merkwürdigen Tageszeiten faul sein kannst, letztendlich aber keine Zeit hast, das zu machen."

Auch wenn sie die zusätzliche Aufgabe als Betreiberin von Peach Discs noch nicht zu anstrengend findet, beendet sie unseren Chat mit einem wissenden Seufzen, jetzt wo sie die Anforderungen ihrer durchschnittlichen Woche erläutert hat: "Es beansprucht alles Zeit – alles braucht einfach so viel Zeit."

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