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Warum Ellen Allien „LISm” eine zweite Chance gibt, obwohl du es dir wohl wieder nicht kaufen wirst

Die Berliner Produzentin und BPitch-Labelchefin über ihren einzigartigen 45-Minuten-Track und das Fallenlassen.

„Ich finde, dass es im Grunde eine sehr positive Sache ist, wenn man fällt, aber dann wieder hochkommt—und das war das Gefühl, das ich mit LISm vermitteln wollte, auf eine sehr minimalistische Art und Weise."

Während Ellen Alien das sagt, ist sie nicht im Fallen begriffen, nur etwas übermüdet. Die Produzentin, DJ und Labelchefin von BPitch Control ist gerade erst von ihrer zehntägigen Nordamerika-Tour wieder nach Berlin zurückgekehrt. Bei den verschiedenen Positionen, die sie in ihrer Person vereint, lässt sich erahnen, dass Alliens Leben nur selten zur Ruhe kommt. Zusätzlich zu ihrem vollgepackten Tourplan ist sie eine von BPitchs Booking-Agentinnen und beaufsichtigt einen geschäftigen Release-Schedule voller Four-to-the-Floor-Banger von MANIK, DJ Funk, Camea, Joy Wellboy, Yousef und Jesse Perez.

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Ihre eigene Musik beweget sich irgendwo zwischen sehnsüchtig und treibend—gerne auch mal innerhalb des gleichen Tracks. Sie hat außerdem ihre eigene Modekollektion entworfen und—was vielleicht noch wichtiger ist—ist für eine ganze DJ-Generation wie MANIK (auch bei BPitch) und Joy Wellboy Mentorin und Inspiration.

Allien hat es bei ihrem aufregenden Leben aber dennoch geschafft, nicht abzuheben und reflektiert zu bleiben. Jetzt veröffentlicht sie ihre bis dato wahrscheinlich am weitesten in sich gekehrte und meditativste Arbeit: LISm.

„Ich weiß, dass es das Unkommerziellste ist, was ich je gemacht habe, und manche Menschen können damit nichts anfangen. Aber ich liebe es. Ich finde, dass es ein wunderschönes Kunstwerk ist, das sich Menschen sogar in ihre Wohnung stellen können."—Ellen Allien

Eigentlich ist LISm bereits 2013 als CD und digitaler Download erschienen, aber jetzt gibt es den beinahe 45 Minuten langen Track zum ersten Mal auf Vinyl. Dabei passt der warme Klang des Vinyl-Formats einfach hervorragend zur Musik: Auch LISm bedient sich dieser Intimität gepaart mit einer feinen Note Melancholie, die sich wie ein roter Faden durch Alliens Produktionen zieht, und baut behutsam darauf auf. Elektronische Seufzer und Stöhnen, hier und da etwas Schilfrauschen, einsame Gitarrenklänge, Gamelan-artige Percussion, Jazz-Interludes und zwischendurch immer wieder Alliens mal unbearbeiteten, mal mit Effekten beladenen Sprech-Gesang-Vocals—das alles kulminiert in einem anmutigen, fröhlichen Drone, der am Ende des Tracks in einen wunderschönen Breakbeat zerfällt. Das Resultat ist eine Lektion im leichtfüßigen Stimmungsspiel und unterscheidet sich stark von allem, was sie bislang gemacht hat. Hier unten kannst du dir LISm in voller Länge anhören.

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„Ich finde, dass es im Grunde eine sehr positive Sache ist, wenn man fällt, aber dann wieder hochkommt—und das war das Gefühl, das ich mit LISm vermitteln wollte, auf eine sehr minimalistische Art und Weise."

Während Ellen Alien das sagt, ist sie nicht im Fallen begriffen, nur etwas übermüdet. Die Produzentin, DJ und Labelchefin von BPitch Control ist gerade erst von ihrer zehntägigen Nordamerika-Tour wieder nach Berlin zurückgekehrt. Bei den verschiedenen Positionen, die sie in ihrer Person vereint, lässt sich erahnen, dass Alliens Leben nur selten zur Ruhe kommt. Zusätzlich zu ihrem vollgepackten Tourplan ist sie eine von BPitchs Booking-Agentinnen und beaufsichtigt einen geschäftigen Release-Schedule voller Four-to-the-Floor-Banger von MANIK, DJ Funk, Camea, Joy Wellboy, Yousef und Jesse Perez.

Ihre eigene Musik beweget sich irgendwo zwischen sehnsüchtig und treibend—gerne auch mal innerhalb des gleichen Tracks. Sie hat außerdem ihre eigene Modekollektion entworfen und—was vielleicht noch wichtiger ist—ist für eine ganze DJ-Generation wie MANIK (auch bei BPitch) und Joy Wellboy Mentorin und Inspiration.

Allien hat es bei ihrem aufregenden Leben aber dennoch geschafft, nicht abzuheben und reflektiert zu bleiben. Jetzt veröffentlicht sie ihre bis dato wahrscheinlich am weitesten in sich gekehrte und meditativste Arbeit: LISm.

„Ich weiß, dass es das Unkommerziellste ist, was ich je gemacht habe, und manche Menschen können damit nichts anfangen. Aber ich liebe es. Ich finde, dass es ein wunderschönes Kunstwerk ist, das sich Menschen sogar in ihre Wohnung stellen können."—Ellen Allien

Eigentlich ist LISm bereits 2013 als CD und digitaler Download erschienen, aber jetzt gibt es den beinahe 45 Minuten langen Track zum ersten Mal auf Vinyl. Dabei passt der warme Klang des Vinyl-Formats einfach hervorragend zur Musik: Auch LISm bedient sich dieser Intimität gepaart mit einer feinen Note Melancholie, die sich wie ein roter Faden durch Alliens Produktionen zieht, und baut behutsam darauf auf. Elektronische Seufzer und Stöhnen, hier und da etwas Schilfrauschen, einsame Gitarrenklänge, Gamelan-artige Percussion, Jazz-Interludes und zwischendurch immer wieder Alliens mal unbearbeiteten, mal mit Effekten beladenen Sprech-Gesang-Vocals—das alles kulminiert in einem anmutigen, fröhlichen Drone, der am Ende des Tracks in einen wunderschönen Breakbeat zerfällt. Das Resultat ist eine Lektion im leichtfüßigen Stimmungsspiel und unterscheidet sich stark von allem, was sie bislang gemacht hat. Hier unten kannst du dir LISm in voller Länge anhören.

Aber es sind nicht unbedingt die vielfältigen tonalen Qualitäten, die Allien dazu brachten, LISm auch auf Vinyl zu veröffentlichen—vielmehr liebt sie einfach das Format.

„Ich habe in den letzten zwei Jahren wieder eine ganze Menge Vinyl gekauft, neue Sachen und viele ältere Sachen", sagt sie und, als wäre sie einen Beweis schuldig, greift in ihre Tasche und zieht stolz ihre neusten Errungenschaften hervor: den 1992er Happy Trax Klassiker „Got To Give It Up" von Jamerson und eine Kopie der 1988er R&S-Rave-Hymne „Acid Alien" von Spock Jr. „Ich arbeite größtenteils mit WAVs, aber bin dann noch mal meine alte Vinylsammlung durchgegangen und habe gemerkt, dass mir noch ein paar Katalognummern fehlen. Also habe ich dann angefangen, bei Discogs nach den fehlenden Platten zu suchen ... und dann ist mir wieder aufgefallen, wie schön es doch ist, Platten auf Vinyl zu besitzen! Jetzt kaufe ich immer mehr und digitalisiere sie—es klingt einfach so gut! Das ist eine Leidenschaft von mir ... oder vielleicht eher eine Sucht."

„Ich hatte als Kind diesen Traum, in dem ich aus dem Fenster falle. Und das war das Gefühl, das ich damit vermitteln wollte—auf eine sehr minimalistische Art und Weise."—Ellen Allien

Das könnte man vielleicht auch für LISm sagen. „Es ist, glaube ich, die längste Auseinandersetzung mit einem Stück Musik, die ich je in meinem Leben hatte", so Allien. Diese begann um 2010 herum, als [der Choreograph] Alexandre Roccoli sie darum bat, die Musik für Drama per Musica zu machen, „ein Stück mit Tänzern, Musik, Schatten und allen möglichen Sachen", das März 2011 im Pariser Centre Pomoidou aufgeführt wurde.

„Aber es gab eine Menge Teile, die ich dafür geschrieben hatte, die nicht in dem Stück verwendet wurden", fährt sie fort, „und nach einem Jahr hörte ich mir die übriggebliebene Musik noch einmal an. Ich hatte ein wenig Zeit, also sagte ich mir: OK, ich werde ins Studio gehen, alles mixen und um ein paar neue Sachen ergänzen." Zwei ihrer Produzentenkollegen, Thomas Muller und Bruno Pronsato, lieferten Anregungen zu verschiedenen Aspekten in LISms Entwicklung; Muller half auch dabei, Drama per Musica, zusammen mit Allien ein paar Jahre nach der Aufführung im Centre Pompidou zu überarbeiten.

Der Arbeitsprozess war unglaublich befreiend für Allien. „Es war so anders, als einfach nur einen Track zu machen, bei dem du alles in sieben oder acht Minuten quetschen musst", erklärt sie. „Es war, als würde ich schweben—so, wie sich mein Körper und mein Geist ohnehin schon fühlen! Als ich es dann endlich veröffentlicht habe, war ich unglaublich glücklich."

Bei dem Verweis auf das „Schweben" kommt einem auch sofort die einprägsamste Stelle aus LISm in den Sinn, in der Alliens unbearbeitete Stimme immer wieder das Wort „falling" wiederholt, während im Hintergrund der Wind heult und auf einer Gitarre eine melancholische Melodie gezupft wird. Die Passage vermittelt ein gewisses Unbehagen, wirkt aber gleichzeitig auch beruhigend.

„Ich hatte als Kind diesen Traum, in dem ich aus dem Fenster falle", erklärt sie mit einem leicht fehl am Platz wirkenden Kichern. „Ich trage dabei diesen Rock meiner Schwester, den ich wirklich gerne gemocht habe—einen langen Rock mit Blumen und Schwarz. Aber dann kommt sie und weckt mich auf, ich öffne meine Augen und sie spricht mit mir. Ich weiß nicht, was dieser Traum bedeuten soll oder ob er auf irgendeinem Erlebnis basiert. Er ist aber auf jeden Fall bei mir hängengeblieben und deswegen habe ich auch das Wort falling verwendet.

LISm bedeutet aber keinen allgemeinen Richtungswechsel für Allien. Auch wenn ihre Musik von treibendem Bassline-lastigem Techno bis hin zu zartem Electro-Pop reicht, tendiert sie generell dazu, sich innerhalb traditionellerer Strukturen zu bewegen.

„Ich weiß, dass es das Unkommerziellste ist, was ich je gemacht habe, und manche Menschen können damit nichts anfangen", gibt sie zu. „Vor allem junge Leute, die nur Dance-Musik hören, werden die Platte vielleicht nicht kaufen. Aber weißt du was? Ich liebe sie. Nachdem sie zum ersten Mal rausgekommen ist, habe ich sie mir etwa anderthalb Jahre lang nicht angehört. Dann habe ich sie aber wieder rausgekramt und mich daran erinnert, wie sehr ich sie liebe und wie wunderschön ich sie finde. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, sie jetzt auf Vinyl zu veröffentlichen. Sie ist wie ein wunderschönes Kunstwerk, das sich Menschen vielleicht sogar in ihre Wohnung stellen können."

Bei aller Liebe für das Album bedeutet LISm keinen Richtungswechsel für Allien. Ihre neuste Veröffentlichung, die Ende April auf BPitch erscheinende Turn Off Your Mind EP, besteht wieder aus zwei gerippeartigen Acid-Techno Cuts, die recht zielsicher auf den Peaktime-Slot beim nächsten Warehouse-Rave abzielen.

„Ich habe zuhause daran gearbeitet—einfach ein bisschen rumgejammt. Es ist wirklich nett, zuhause Musik zu machen. Als DJ hast du um dich herum immer so viel Action. Wenn du dann nach Hause kommst und so was Schnelles und Unpoliertes machst, macht das eine Menge Spaß. Aber die Platte landet wahrscheinlich in ganz anderen Läden als LISm!" Trotz der großen Unterschiede—LISm hat es auf dein Traumzentrum abgesehen, Turn Off Your Mind eher auf die Hirnareale, die deine Füße in Bewegung setzen—ist bei beiden Produktionen eindeutig Alliens Handschrift erkennbar. Sie hat auch direkt eine einfache Erklärung dafür parat: „Das liegt an den Vocals. Ich mag freakige Vocals! Die machen mir richtig Spaß!"

Für jemanden, der schon so lange im Geschäft ist, ist es fast schon verwunderlich, dass Allien noch so großen Spaß an etwas findet. Immerhin spielt sie seit über zwei Jahrzehnten in der DJ-Oberliga. 1992 war sie bereits Resident in Clubs wie Tresor und E-Werk und BPitch läuft seit 1999 wie geschmiert—etwas Langeweile oder ein Hauch Zynismus wären also durchaus entschuldbar. Aber Allien ist immer noch wie das Kind im Süßwarengeschäft. Sie ist auch glaubhaft aufgeregt darüber, mit LISm neue Zuhörer zu erreichen: „Wir haben damals überhaupt keine Werbung dafür gemacht und ich kann es kaum abwarten, zu sehen, was andere Menschen, die es noch nicht gehört haben, darüber denken. Das ist unglaublich spannend!"

Auftritte machen ihr immer noch großen Spaß und sie ist unglaublich stolz darauf, wie gut sich ihr Label macht. „Ich will die Geschichte in Gang halten", sagt sie, wobei sich ihre Stimme vor lauter Optimismus fast überschlägt. „Berlin, der Mauerfall, ich und meine Freunde machen Musik, ein paar von ihnen werden groß, all das, was passiert ist ... Ich will nicht, dass diese Geschichte vorüber ist. Niemals!"

Ellen Alliens LISm ist am 1. April auf BPitch Control erschienen.

**

Folge Bruce Tantum bei Twitter.Folge THUMP auf Facebook und Twitter.

Aber es sind nicht unbedingt die vielfältigen tonalen Qualitäten, die Allien dazu brachten, LISm auch auf Vinyl zu veröffentlichen—vielmehr liebt sie einfach das Format.

„Ich habe in den letzten zwei Jahren wieder eine ganze Menge Vinyl gekauft, neue Sachen und viele ältere Sachen", sagt sie und, als wäre sie einen Beweis schuldig, greift in ihre Tasche und zieht stolz ihre neusten Errungenschaften hervor: den 1992er Happy Trax Klassiker „Got To Give It Up" von Jamerson und eine Kopie der 1988er R&S-Rave-Hymne „Acid Alien" von Spock Jr. „Ich arbeite größtenteils mit WAVs, aber bin dann noch mal meine alte Vinylsammlung durchgegangen und habe gemerkt, dass mir noch ein paar Katalognummern fehlen. Also habe ich dann angefangen, bei Discogs nach den fehlenden Platten zu suchen … und dann ist mir wieder aufgefallen, wie schön es doch ist, Platten auf Vinyl zu besitzen! Jetzt kaufe ich immer mehr und digitalisiere sie—es klingt einfach so gut! Das ist eine Leidenschaft von mir … oder vielleicht eher eine Sucht."

„Ich hatte als Kind diesen Traum, in dem ich aus dem Fenster falle. Und das war das Gefühl, das ich damit vermitteln wollte—auf eine sehr minimalistische Art und Weise."—Ellen Allien

Das könnte man vielleicht auch für LISm sagen. „Es ist, glaube ich, die längste Auseinandersetzung mit einem Stück Musik, die ich je in meinem Leben hatte", so Allien. Diese begann um 2010 herum, als [der Choreograph] Alexandre Roccoli sie darum bat, die Musik für Drama per Musica zu machen, „ein Stück mit Tänzern, Musik, Schatten und allen möglichen Sachen", das März 2011 im Pariser Centre Pomoidou aufgeführt wurde.

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„Aber es gab eine Menge Teile, die ich dafür geschrieben hatte, die nicht in dem Stück verwendet wurden", fährt sie fort, „und nach einem Jahr hörte ich mir die übriggebliebene Musik noch einmal an. Ich hatte ein wenig Zeit, also sagte ich mir: OK, ich werde ins Studio gehen, alles mixen und um ein paar neue Sachen ergänzen." Zwei ihrer Produzentenkollegen, Thomas Muller und Bruno Pronsato, lieferten Anregungen zu verschiedenen Aspekten in LISms Entwicklung; Muller half auch dabei, Drama per Musica, zusammen mit Allien ein paar Jahre nach der Aufführung im Centre Pompidou zu überarbeiten.

Der Arbeitsprozess war unglaublich befreiend für Allien. „Es war so anders, als einfach nur einen Track zu machen, bei dem du alles in sieben oder acht Minuten quetschen musst", erklärt sie. „Es war, als würde ich schweben—so, wie sich mein Körper und mein Geist ohnehin schon fühlen! Als ich es dann endlich veröffentlicht habe, war ich unglaublich glücklich."

Bei dem Verweis auf das „Schweben" kommt einem auch sofort die einprägsamste Stelle aus LISm in den Sinn, in der Alliens unbearbeitete Stimme immer wieder das Wort „falling" wiederholt, während im Hintergrund der Wind heult und auf einer Gitarre eine melancholische Melodie gezupft wird. Die Passage vermittelt ein gewisses Unbehagen, wirkt aber gleichzeitig auch beruhigend.

„Ich hatte als Kind diesen Traum, in dem ich aus dem Fenster falle", erklärt sie mit einem leicht fehl am Platz wirkenden Kichern. „Ich trage dabei diesen Rock meiner Schwester, den ich wirklich gerne gemocht habe—einen langen Rock mit Blumen und Schwarz. Aber dann kommt sie und weckt mich auf, ich öffne meine Augen und sie spricht mit mir. Ich weiß nicht, was dieser Traum bedeuten soll oder ob er auf irgendeinem Erlebnis basiert. Er ist aber auf jeden Fall bei mir hängengeblieben und deswegen habe ich auch das Wort falling verwendet.

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LISm bedeutet aber keinen allgemeinen Richtungswechsel für Allien. Auch wenn ihre Musik von treibendem Bassline-lastigem Techno bis hin zu zartem Electro-Pop reicht, tendiert sie generell dazu, sich innerhalb traditionellerer Strukturen zu bewegen.

„Ich weiß, dass es das Unkommerziellste ist, was ich je gemacht habe, und manche Menschen können damit nichts anfangen", gibt sie zu. „Vor allem junge Leute, die nur Dance-Musik hören, werden die Platte vielleicht nicht kaufen. Aber weißt du was? Ich liebe sie. Nachdem sie zum ersten Mal rausgekommen ist, habe ich sie mir etwa anderthalb Jahre lang nicht angehört. Dann habe ich sie aber wieder rausgekramt und mich daran erinnert, wie sehr ich sie liebe und wie wunderschön ich sie finde. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, sie jetzt auf Vinyl zu veröffentlichen. Sie ist wie ein wunderschönes Kunstwerk, das sich Menschen vielleicht sogar in ihre Wohnung stellen können."

Bei aller Liebe für das Album bedeutet LISm keinen Richtungswechsel für Allien. Ihre neuste Veröffentlichung, die Ende April auf BPitch erscheinende Turn Off Your Mind EP, besteht wieder aus zwei gerippeartigen Acid-Techno Cuts, die recht zielsicher auf den Peaktime-Slot beim nächsten Warehouse-Rave abzielen.

„Ich habe zuhause daran gearbeitet—einfach ein bisschen rumgejammt. Es ist wirklich nett, zuhause Musik zu machen. Als DJ hast du um dich herum immer so viel Action. Wenn du dann nach Hause kommst und so was Schnelles und Unpoliertes machst, macht das eine Menge Spaß. Aber die Platte landet wahrscheinlich in ganz anderen Läden als LISm!" Trotz der großen Unterschiede—LISm hat es auf dein Traumzentrum abgesehen, Turn Off Your Mind eher auf die Hirnareale, die deine Füße in Bewegung setzen—ist bei beiden Produktionen eindeutig Alliens Handschrift erkennbar. Sie hat auch direkt eine einfache Erklärung dafür parat: „Das liegt an den Vocals. Ich mag freakige Vocals! Die machen mir richtig Spaß!"

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Für jemanden, der schon so lange im Geschäft ist, ist es fast schon verwunderlich, dass Allien noch so großen Spaß an etwas findet. Immerhin spielt sie seit über zwei Jahrzehnten in der DJ-Oberliga. 1992 war sie bereits Resident in Clubs wie Tresor und E-Werk und BPitch läuft seit 1999 wie geschmiert—etwas Langeweile oder ein Hauch Zynismus wären also durchaus entschuldbar. Aber Allien ist immer noch wie das Kind im Süßwarengeschäft. Sie ist auch glaubhaft aufgeregt darüber, mit LISm neue Zuhörer zu erreichen: „Wir haben damals überhaupt keine Werbung dafür gemacht und ich kann es kaum abwarten, zu sehen, was andere Menschen, die es noch nicht gehört haben, darüber denken. Das ist unglaublich spannend!"

Auftritte machen ihr immer noch großen Spaß und sie ist unglaublich stolz darauf, wie gut sich ihr Label macht. „Ich will die Geschichte in Gang halten", sagt sie, wobei sich ihre Stimme vor lauter Optimismus fast überschlägt. „Berlin, der Mauerfall, ich und meine Freunde machen Musik, ein paar von ihnen werden groß, all das, was passiert ist … Ich will nicht, dass diese Geschichte vorüber ist. Niemals!"

Ellen Alliens LISm ist am 1. April auf BPitch Control erschienen.

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