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Hamburg

Brand im Golden Pudel Club: Spekulationen sind jetzt nicht angebracht

Eine Institution ist gefallen.
Foto mit Genehmigung von Kristoffer Cornils

„Golden Pudel abgebrannt." So oder ähnlich lauteten gestern die Meldungen. Abgebrannt klingt wie: (fast) nichts mehr übrig. Kaputt und Ende. Wie man jedoch Bildern, zum Beispiel dem oben, entnehmen kann, ist der Dachstuhl ausgebrannt. Unnutzbar ist der Pudel jetzt (vorläufig) vor allem wegen des Wassers aus den Löscharbeiten. Angeblich soll der Dachstuhl einsturzgefährdet sein, weshalb es zu einem Abriss kommen könnte. Kurz nach dem Bekanntwerden des Brands gab es dann, vornehmlich in den sozialen Medien, Spekulationen, ob der Pudel, der im April aufgrund eines nicht zu schlichtenden Konflikts zwischen den Eigentümern Rocko Schamoni und Wolf Richter zwangsversteigert werden sollte, absichtlich angezündet wurde.

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Löscharbeiten in der Nacht zum Samstag. Beide Fotos: Miguel Martinez

Mittlerweile geht die Polizei von schwerer Brandstiftung aus. Als Tatmotiv wurde häufig die sogenannte „Warme Sanierung" genannt. Der Begriff bezieht sich eigentlich immer auf einen versuchten Versicherungsbetrug. Man brennt als Eigentümer eine Immobilie ab, um die Versicherungssumme zu kassieren. Das lohnt sich vor allem dann, wenn die Immobilie nicht mehr lukrativ ist. Im Falle des Golden Pudel Clubs wird vermutet, dass er angezündet wurde, um seinen Wert zu mindern, damit kapitalstarke Unternehmen das Gelände kaufen können, um auf dem Gelände gewinnträchtige Anlagen zu bauen, zum Beispiel Hotels oder Restaurants. Ein solche Verdrängung wurde in den letzten Jahren unter dem Schlagwort Gentrifizierung bekannt. Die „warme Sanierung" ist dabei ihre krasseste Form. Vor einigen Tagen hatte der "Verein für Gegenkultur" in Hamburg möglichen Investoren den Kampf angesagt und sich für den Erhalt des Pudels ausgesprochen.

Löscharbeiten in der Nacht zum Samstag. Beide Fotos: Miguel Martinez

Diese Spekulation einer „warmen Sanierung" klingt konsistent, jedoch gibt es auch weitere denkbare Szenarien. Sie alle durchzugehen, ist wenig sinnvoll, bis weitere Informationen zum Beispiel zu den Tätern bekannt werden. Einigen Zeitgenossen scheint es sehr schwer zu fallen, ihre Vermutungen zunächst für sich zu behalten, selbst wenn es ein merkwürdiger Zufall ist, wie Schorsch Kamerun, einer der Mitbegründer des Golden Pudel Clubs anmerkte. Fakt ist, dass der Pudel erst mal nicht mehr weitermachen kann und die Zukunft unsicher ist. Eine Institution ist gefallen, in einer Stadt, deren Nachtleben ohnehin mehr vom guten Ruf als von den realen Möglichkeiten lebt. Jetzt ist nicht die Zeit zu spekulieren, sondern kurz innezuhalten, um sich der Bedeutung des Pudels bewusst zu werden. Und froh zu sein, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind.