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Ferrari

Der 15-jährige Österreicher, der fast ein Flugzeug gekapert hätte, hat jetzt einen Ferrari gestohlen und wir haben Fragen

Die Polizei fand ihn beim Schönheitschirugen, wo er sich Botox spritzen ließ. Wir haben Fragen.
Symbolbild: IFCAR | WikimediaCC0

Ihr erinnert euch: Im September wurde ein 15-jähriger Niederösterreicher zu 100 Sozialstunden verdonnert, nachdem er im April gemeinsam mit einem zwei Jahre älteren Freund drauf und dran war, eine verdammte Propellermaschine in Bad Vosläu zu kapern und erst im letzten Moment gestoppt werden konnte.

Zuvor hatte es der Bursche, der vom Kurier als "blutjung und milchgesichtig" beschrieben wird, außerdem irgendwie geschafft, sich die Sportwägen mehrerer wohlhabender Mitglieder eines Golfclubs in Niederösterreich auszuborgen. Berichten zufolge soll er sich als Sohn eines bekannten Wiener Gastronomen ausgegeben und die Autos nach einer Spritztour höflich zurückgebracht haben. Sein Auftreten soll dabei dermaßen souverän gewesen sein, dass niemand an seiner Identität zweifelte.

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Wir haben diese filmreife Episode damals in unserem Österreich-Logbuch dokumentiert und vermerkt, dass der Bengel eigentlich keine Strafe, sondern vielmehr einen Orden verdient hätte. Damals wussten wir noch nicht, dass der Trickbetrüger der Herzen nur zwei Monate später wieder zuschlagen und sich selbst übertrumpfen würde.

Aber der Reihe nach. Dieser Typ, der übrigens immer noch 15 (in Worten: fünfzehn) Jahre alt ist, spazierte am Wochenende in ein Autohaus in Leoben, gab sich wieder als Millionärssohn aus (never change a winning concept), bekam direkt eine Probefahrt mit einem 566 PS starken Ferrari, unterschrieb anschließend einen Kaufvertrag und wurde anschließend noch vom Autohändler zum Essen ausgeführt.

An dieser Stelle kommt das frühpubertäre Genie unseres Hauptdarstellers zum Vorschein: Er griff auf den ältesten Trick der Welt zurück und gab einfach an, mal eben kurz telefonieren zu müssen. Kurz darauf war er mit dem Ferrari unterwegs nach Wien. Nachdem er jedoch den Kaufvertrag wie ein echter Draufgänger beinhart mit seinem echten Namen unterschrieben hatte, weil eh schon wurscht, konnte die Polizei recht schnell sein Handy orten und ihn festnehmen. Er sitzt nun in U-Haft.

Und als ob die ganze Geschichte nicht bereits schön genug wäre, gab es laut Presse darüber hinaus auch noch einen chronologisch leider unklar definierten Punkt, an dem unser Ferrari-Boy bei einem Wiener Schönheitschirurgen "entdeckt" wurde, um sich Botox spritzen zu lassen. Ihr merkt selbst: Das alles wirft viele Fragen auf.

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Wie zur Hölle ist das überhaupt möglich?

Wie kann es sein, dass ein 15-jähriger Bursche, der vermutlich gerade im Stimmbruch ist, mit fremden Sportwägen durch die Gegend düst, beinahe ein Flugzeug entführt und mit einem gestohlenen Ferrari durch Österreich fährt, ohne dass auch nur einmal eine einzige involvierte Person irgendwelche Zweifel an seinen Angaben hegt, geschweige denn irgendeine Form der Identitätsverifizierung verlangt?

Ist Auftreten wirklich alles? Haben wir als Gesellschaft an dieser Stelle versagt? Ist ein 15-jähriger Bursche wirklich derjenige, dem man hier die Schuld zuschreiben sollte, oder sind es all diejenigen Erwachsenen, die ihm blindlings geglaubt und keinerlei Fragen gestellt haben? Wer sollte hier wirklich in U-Haft sitzen? Ist österreichische Leichtgläubigkeit schuld an der ganzen Sache? Oder noch schlimmer:

Ist Niederösterreich schuld daran?

Machen wir uns nichts vor: Niederösterreich macht seit dem Abgang von Landesvater Erwin Pröll eine heftige Krise durch. Die Landes-FPÖ bindet Hunden Geschirrtücher auf den Kopf, um damit ein Statement gegen Muslima zu setzen, sowohl die Jugendorganisation der ÖVP als auch der niederösterreichische Seniorenverbund haben Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu ihrer Spitzenkandidatin gemacht und auf dem Ötscher steht ein riesiger Holz-Pimmel.

Will unser niederösterreichischer Protagonist mit seinen Taten womöglich sozialkritisch darauf aufmerksam machen, dass in diesem Bundesland gehörig etwas schiefläuft? Wird der niederösterreichischen Bevölkerung hier etwa der Spiegel vorgehalten? Gibt es jetzt Leute, die "unter'm Pröll hätt's das nicht gegeben" sagen? Und wie viel Hollywood geht sich unter Hanni überhaupt aus?

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Wie viele "Catch me if you can"-Witze hält dieses Land überhaupt noch aus?

heute.at

diepresse.com

Ich mein, ernsthaft! Reißt euch zusammen!

Was soll die ganze Sache mit dem Botox?

Wie bereits erwähnt, dürfte laut der Presse auf irgendeine Art und Weise Botox im Spiel gewesen sein – die Frage ist nur: Warum in aller Welt würde sich ein 15-jähriger Bursche, der wahrscheinlich noch nicht mal richtigen Bartwuchs und schon gar keine Falten hat, allen Ernstes Botox spritzen lassen? Weil Luxusautos und Botox einfach zusammengehören?

Die Wahrheit ist, wir sind nicht mal sicher, ob das Nervengift wirklich für sein Gesicht vorgesehen war. Botox wird immerhin auch verwendet, um Bäuche flacher oder Penisse dicker zu machen. Sollte das hier der Fall gewesen sein, würde das nochmal ein ganz neues Fass an Fragen aufmachen, das wir an dieser Stelle lieber ungeöffnet lassen möchten.

Fakt ist: Ein junger Niederösterreicher, der theoretisch noch nicht einmal Bier trinken darf, hat es irgendwie geschafft, alle Menschen um sich herum durch nichts anderes als Redegewandtheit von einer falschen Identität zu überzeugen. Und weil Dreistigkeit siegt, haben ihn auch 100 Sozialstunden nicht davon abgehalten, nochmal so ein Ding abzuziehen. Nicht alle Helden tragen einen Umhang.

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