DJ Kemistry—die (un)vergessene Drum'n'Bass-Pionierin
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drum and bass

DJ Kemistry—die (un)vergessene Drum'n'Bass-Pionierin

DJ Storm und Goldie erinnern sich an ihre viel zu früh verstorbene Freundin und Metalheadz-Mitbegründerin.

Ungewissheit ist nie leicht zu ertragen und sie ist ein Gefühl, das an den Erinnerungen an Kemi Olusanya nagt. Bevor Kemi, besser bekannt als DJ Kemistry, im Alter von gerade mal 35 Jahren bei einem außergewöhnlichen Verkehrsunfall ums Leben kam, war sie nicht nur ein Teil des Duos Kemistry & Storm, sondern eine Drum'n'Bass-Pionierin, eine aufopferungsvolle Freundin und unbändige Kreativkraft. Als das DJ Mag neulich mal wieder vergessen hat, dass es auch Pionierinnen elektronischer Musik gab, mussten viele sofort an Kemi denken. Nahezu zeitgleich stellte Jayne Cooneely alias DJ Storm eine Reihe von Bildern aus ihrer gemeinsamen Zeit online, weshalb ich mit Jayne über ihre alte DJ-Partnerin und den bittersüßen Zauber ihres Erbes gesprochen habe.

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Der Tag unseres Telefonats ist der 26. April, der Tag nach Kemis 17. Todestag. Jayne ist entsprechend in nachdenklich gestimmt. „Ich lebe in Kettering, wo Kemi den größten Teil ihres Lebens verbrachte und wo ich sie zum ersten Mal mit 17 kennenlernte. Wir haben hier in Kettering einen Baum in ihrem Gedenken gepflanzt. Jedes Jahr befestigen wir eine weiße Rose daran—ihre Lieblingsblume—, einmal an ihrem Geburtstag und einmal an ihrem Todestag."

In vielerlei Hinsicht war Kemi die erste Seelenverwandte, die ich je hatte.

Goldie

Ihr erstes Aufeinandertreffen in Kettering, einer behüteten Kleinstadt irgendwo in der Tiefebene von Northamptonshire, geschah unter ziemlich unspektakulären Umständen. „Ich habe damals in einem Restaurant gearbeitet", erinnert sich Jayne. „Eine paar Jungs kamen regelmäßig vorbei und einer von ihnen hat mich dann gefragt, ob ich mit ihm auf ein Date gehen will. Er war Saxophonspieler in einer Band. Kemi war mit dem Keyboarder zusammen." Über ihre Freunde wurden die beiden dann selber Freundinnen. Dieser Zustand sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein, da Kemi schon bald nach Sheffield zog, um eine Ausbildung als Maskenbildnerin zu beginnen, und Jayne für ein Radiografie-Studium nach Oxford ging. Erst ein weiterer Zufall oder das Schicksal wollten es, dass die beiden wieder zusammenfanden. Jayne brauchte eine Bleibe in London, kurz nachdem Kemi schon dorthin gezogen war. „Sie meinte zu mir, dass sie dieses riesige Schlafzimmer hat, und schlug vor, dass wir ein weiteres Bett dort reinstellen können und ich mir so den ganzen Stress mit der Wohnungssuche spare."

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Es geschah während dieser trauten gemeinsamen Zeit in Finsbury Park, dass vereint durch den Zauber des großen britischen Rave aus Freundinnen Partnerinnen wurden. „Ich studierte in Oxford und hatte dementsprechend wenig Zeit für Partys, auch wenn ich neben der ganzen Lernerei versuchte, musikalisch auf dem neusten Stand zu bleiben." Jayne wurde dann von Kemi, die zu dem Zeitpunkt bereits in der Szene aktiv war, mit dieser schönen neuen Welt vertraut gemacht. „Kemi bombardierte mich 24/7 mit diesen Piratensendern und schon bald fingen wir an, unsere Vinylsammlung aufzubauen. Ich erinnere mich noch immer an diesen Abend, Silvester 1990 im Lee Valley Ice Rink, als ich plötzlich gemerkt habe, wie ich gebannt auf die Decks starre. Ich schaute rüber und sah Kemi, die das gleiche tat. Wir waren einfach fasziniert. Wir konnten uns nicht bewegen. Wir konnten nicht tanzen. Wir schauten den DJs einfach beim Auflegen zu. Wir blickten uns gegenseitig an und wussten: Das hier war es—das wollten wir auch machen."

Es geschah etwa zu der gleichen Zeit, 1991, dass Kemi, während sie in einem Laden in Camden arbeitete, von einem Graffitikünstler angesprochen wurde, der gerade von einem kurzen Amerika-Aufenthalt nach Großbritannien zurückgekehrt war. Jayne erinnert sich: „Sie kam nach Hause und meinte zu mir: ‚Dieser verrückte Typ mit den Goldzähnen hat mich angesprochen.'" Der verrückte Typ war Goldie.

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DJ Kemistry, Goldie, DJ Storm (v.l.) und ein paar Gläser Schaumwein

„Ich war für eine Weile in New York und Miami gewesen. Als ich zurück nach England kam, bin ich nach Camden gezogen, wo Kemi im Red or Dead arbeitete", erzählt mir Goldie, als ich wenige Tage später kurz mit ihm telefoniere. „Ich bin immer wieder an dem Laden vorbeigefahren und habe sie durch das Fenster gesehen—ihre blonden Dreadlocks haben mich irgendwie verrückt gemacht. Die waren so ungewöhnlich, ließen sie aber auch wie einen Engel aussehen." Nachdem er sie schließlich zu einem Date überredet hatte, lud Kemi Goldie im Gegenzug dazu ein, sie auf eine Party namens Rage im Heaven zu begleiten.

Jayne erinnert sich noch daran, wie Goldie zu Beginn mit der One-Love-Attitüde überfordert war. „Er stand die ganze Zeit an der gleichen Stelle und wollte noch nicht mal nach unten kommen, um sich Groove[rider] und Fabio anzuhören. Als wir zurück nach Hause kamen, haben wir ihn gefragt, was los ist, worauf er zu uns meinte, dass er das alles nicht verstehen würde. Da waren weiße, schwarze und asiatische Menschen alle an ein und demselben Ort gewesen und uns wurde klar: ‚Der hat den Sommer der Liebe verpasst.' In Miami, wo er kurz davor noch gelebt hatte, gab es noch diese große Trennung, und er hatte das Gefühl, dass hier irgendetwas hochkochen würde. Wir überredeten ihn dann, noch einmal mit uns mitzukommen und sich noch mal Fabio und Grooverider anzugucken. Er kam am nächsten Wochenende also mit, schaute es sich an und spürte das gleiche Gefühl wie wir."

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Kemi und Jayne machten Goldie also letztendlich mit der Welt bekannt, die ihn prägen sollte—oder vielleicht besser: der Welt, die sie und er prägen sollten. Die drei fingen von da an, Pläne für ein Label zu schmieden. Aus diesen Plänen entstand dann Metalheadz und Jaynes und Kemis DJ-Projekt nahm ebenfalls Gestalt an.

„Wir wollten uns Namen ausdenken, die nicht nach Mädchen klangen", erinnert sich Jayne. „Kemis Vater war Biochemiker und dementsprechend kamen wir recht schnell auf Kemistry. Jemand sagte über mich, dass ich ein ziemlich stürmisches Wesen habe. Kemistry and Stormy klang aber nicht so gut, also haben wir daraus Kemistry & Storm gemacht. Danach schrieb uns Goldie einen Lebenslauf—ich glaube, wir waren die ersten DJs überhaupt mit einem Lebenslauf!" Schon bald hatten sie eine Sendung auf dem Piratensender Touchdown FM und Goldie entwarf die Artworks, die Jaynes damaliger Freund heimlich nachts bei dem Verlag, in dem er arbeitete, druckte. „Wir sagten allen, dass wir DJs sind, aber kein Wort über unser Geschlecht. Wenn wir dann irgendwo auftauchten, waren die Leute so: ‚Oh, das sind ja Frauen.'"

„Namen, die nicht nach Mädchen klangen": Kemistry & Storm (hinten)

Die Erfolge von Kemistry & Storm definierten gemeinsam mit Goldie, was die breite Bevölkerung als Drum'n'Bass wahrnehmen sollte. Unter der Flagge von Metalheadz kam die Bewegung erst richtig in Fahrt—ein düsterer, bizarrer, bissiger, tranceartiger Gleitstrom in dem Großbritanniens Subkulturen und Cliquen der mittleren 90er Jahre einen gemeinsamen Nenner fanden. Während Goldie im Gedächtnis der meisten Menschen zum Gallionsfigur dieser Zeit wurde, sollte nie vergessen werden, wie wichtig Kemis und Jaynes Rolle innerhalb des Labels waren. Nachdem Goldies Fertigkeiten als Solo-Künstler ihn einen Deal bei Pete Tongs FFRR Records gelandet hatte, trat er einen Großteil seiner Verantwortlichkeiten bei Metalheadz an die beiden DJs ab.

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Jayne erinnert sich daran, was für einen Einfluss die ersten Veröffentlichungen waren, unter ihrer Aufsicht bei Metalheadz veröffentlicht worden waren. „Wir hatten das Glück, dass die ersten beiden Veröffentlichungen, die unter unserer Regie rauskamen, „Your Sound" von J. Majik und Dillinjas EP The Angels Fell waren, die das Image des Labels in gewisser Weise veränderten. Bis dahin hatten uns die Leute als dieses komische, kleine Label gesehen, das lauter spannende Platten veröffentlichte, mit denen aber niemand wirklich was anzufangen wusste. Aber wirklich jeder spielte diese beiden Platten, die haben uns wirklich auf die Karte geholt."

Da Metalheadz zu einiger Bekanntheit gekommen war, wurde ihnen ein fester Abend in „diesem Club namens Blue Note" angeboten. Die Partyreihe sollte schließlich äußerst erfolgreich werden, eine internationale Familie von Drum'n'Bass-Jüngern anziehen und Goldie und Kemistry & Storm einen festen Platz in den Geschichtsbüchern sichern. „Die Sache mit dem Blue Note zementierte unseren Status", reflektiert Jayne. „OK, wir sind hier, wir sind angekommen, wir wissen, was wir tun."

Ungewissheit ist nie leicht zu ertragen und sie ist ein Gefühl, das an den Erinnerungen an Kemi Olusanya nagt. Bevor Kemi, besser bekannt als DJ Kemistry, im Alter von gerade mal 35 Jahren bei einem außergewöhnlichen Verkehrsunfall ums Leben kam, war sie nicht nur ein Teil des Duos Kemistry & Storm, sondern eine Drum'n'Bass-Pionierin, eine aufopferungsvolle Freundin und unbändige Kreativkraft. Als das DJ Mag neulich mal wieder vergessen hat, dass es auch Pionierinnen elektronischer Musik gab, mussten viele sofort an Kemi denken. Nahezu zeitgleich stellte Jayne Cooneely alias DJ Storm eine Reihe von Bildern aus ihrer gemeinsamen Zeit online, weshalb ich mit Jayne über ihre alte DJ-Partnerin und den bittersüßen Zauber ihres Erbes gesprochen habe.

Der Tag unseres Telefonats ist der 26. April, der Tag nach Kemis 17. Todestag. Jayne ist entsprechend in nachdenklich gestimmt. „Ich lebe in Kettering, wo Kemi den größten Teil ihres Lebens verbrachte und wo ich sie zum ersten Mal mit 17 kennenlernte. Wir haben hier in Kettering einen Baum in ihrem Gedenken gepflanzt. Jedes Jahr befestigen wir eine weiße Rose daran—ihre Lieblingsblume—, einmal an ihrem Geburtstag und einmal an ihrem Todestag."

In vielerlei Hinsicht war Kemi die erste Seelenverwandte, die ich je hatte.

Goldie

Ihr erstes Aufeinandertreffen in Kettering, einer behüteten Kleinstadt irgendwo in der Tiefebene von Northamptonshire, geschah unter ziemlich unspektakulären Umständen. „Ich habe damals in einem Restaurant gearbeitet", erinnert sich Jayne. „Eine paar Jungs kamen regelmäßig vorbei und einer von ihnen hat mich dann gefragt, ob ich mit ihm auf ein Date gehen will. Er war Saxophonspieler in einer Band. Kemi war mit dem Keyboarder zusammen." Über ihre Freunde wurden die beiden dann selber Freundinnen. Dieser Zustand sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein, da Kemi schon bald nach Sheffield zog, um eine Ausbildung als Maskenbildnerin zu beginnen, und Jayne für ein Radiografie-Studium nach Oxford ging. Erst ein weiterer Zufall oder das Schicksal wollten es, dass die beiden wieder zusammenfanden. Jayne brauchte eine Bleibe in London, kurz nachdem Kemi schon dorthin gezogen war. „Sie meinte zu mir, dass sie dieses riesige Schlafzimmer hat, und schlug vor, dass wir ein weiteres Bett dort reinstellen können und ich mir so den ganzen Stress mit der Wohnungssuche spare."

Es geschah während dieser trauten gemeinsamen Zeit in Finsbury Park, dass vereint durch den Zauber des großen britischen Rave aus Freundinnen Partnerinnen wurden. „Ich studierte in Oxford und hatte dementsprechend wenig Zeit für Partys, auch wenn ich neben der ganzen Lernerei versuchte, musikalisch auf dem neusten Stand zu bleiben." Jayne wurde dann von Kemi, die zu dem Zeitpunkt bereits in der Szene aktiv war, mit dieser schönen neuen Welt vertraut gemacht. „Kemi bombardierte mich 24/7 mit diesen Piratensendern und schon bald fingen wir an, unsere Vinylsammlung aufzubauen. Ich erinnere mich noch immer an diesen Abend, Silvester 1990 im Lee Valley Ice Rink, als ich plötzlich gemerkt habe, wie ich gebannt auf die Decks starre. Ich schaute rüber und sah Kemi, die das gleiche tat. Wir waren einfach fasziniert. Wir konnten uns nicht bewegen. Wir konnten nicht tanzen. Wir schauten den DJs einfach beim Auflegen zu. Wir blickten uns gegenseitig an und wussten: Das hier war es—das wollten wir auch machen."

Es geschah etwa zu der gleichen Zeit, 1991, dass Kemi, während sie in einem Laden in Camden arbeitete, von einem Graffitikünstler angesprochen wurde, der gerade von einem kurzen Amerika-Aufenthalt nach Großbritannien zurückgekehrt war. Jayne erinnert sich: „Sie kam nach Hause und meinte zu mir: ‚Dieser verrückte Typ mit den Goldzähnen hat mich angesprochen.'" Der verrückte Typ war Goldie.

DJ Kemistry, Goldie, DJ Storm (v.l.) und ein paar Gläser Schaumwein

„Ich war für eine Weile in New York und Miami gewesen. Als ich zurück nach England kam, bin ich nach Camden gezogen, wo Kemi im Red or Dead arbeitete", erzählt mir Goldie, als ich wenige Tage später kurz mit ihm telefoniere. „Ich bin immer wieder an dem Laden vorbeigefahren und habe sie durch das Fenster gesehen—ihre blonden Dreadlocks haben mich irgendwie verrückt gemacht. Die waren so ungewöhnlich, ließen sie aber auch wie einen Engel aussehen." Nachdem er sie schließlich zu einem Date überredet hatte, lud Kemi Goldie im Gegenzug dazu ein, sie auf eine Party namens Rage im Heaven zu begleiten.

Jayne erinnert sich noch daran, wie Goldie zu Beginn mit der One-Love-Attitüde überfordert war. „Er stand die ganze Zeit an der gleichen Stelle und wollte noch nicht mal nach unten kommen, um sich Groove[rider] und Fabio anzuhören. Als wir zurück nach Hause kamen, haben wir ihn gefragt, was los ist, worauf er zu uns meinte, dass er das alles nicht verstehen würde. Da waren weiße, schwarze und asiatische Menschen alle an ein und demselben Ort gewesen und uns wurde klar: ‚Der hat den Sommer der Liebe verpasst.' In Miami, wo er kurz davor noch gelebt hatte, gab es noch diese große Trennung, und er hatte das Gefühl, dass hier irgendetwas hochkochen würde. Wir überredeten ihn dann, noch einmal mit uns mitzukommen und sich noch mal Fabio und Grooverider anzugucken. Er kam am nächsten Wochenende also mit, schaute es sich an und spürte das gleiche Gefühl wie wir."

Neulich auf THUMP: Warum Ellen Alien „LISm" eine zweite Chance gibt

Kemi und Jayne machten Goldie also letztendlich mit der Welt bekannt, die ihn prägen sollte—oder vielleicht besser: der Welt, die sie und er prägen sollten. Die drei fingen von da an, Pläne für ein Label zu schmieden. Aus diesen Plänen entstand dann Metalheadz und Jaynes und Kemis DJ-Projekt nahm ebenfalls Gestalt an.

„Wir wollten uns Namen ausdenken, die nicht nach Mädchen klangen", erinnert sich Jayne. „Kemis Vater war Biochemiker und dementsprechend kamen wir recht schnell auf Kemistry. Jemand sagte über mich, dass ich ein ziemlich stürmisches Wesen habe. Kemistry and Stormy klang aber nicht so gut, also haben wir daraus Kemistry & Storm gemacht. Danach schrieb uns Goldie einen Lebenslauf—ich glaube, wir waren die ersten DJs überhaupt mit einem Lebenslauf!" Schon bald hatten sie eine Sendung auf dem Piratensender Touchdown FM und Goldie entwarf die Artworks, die Jaynes damaliger Freund heimlich nachts bei dem Verlag, in dem er arbeitete, druckte. „Wir sagten allen, dass wir DJs sind, aber kein Wort über unser Geschlecht. Wenn wir dann irgendwo auftauchten, waren die Leute so: ‚Oh, das sind ja Frauen.'"

„Namen, die nicht nach Mädchen klangen": Kemistry & Storm (hinten)

Die Erfolge von Kemistry & Storm definierten gemeinsam mit Goldie, was die breite Bevölkerung als Drum'n'Bass wahrnehmen sollte. Unter der Flagge von Metalheadz kam die Bewegung erst richtig in Fahrt—ein düsterer, bizarrer, bissiger, tranceartiger Gleitstrom in dem Großbritanniens Subkulturen und Cliquen der mittleren 90er Jahre einen gemeinsamen Nenner fanden. Während Goldie im Gedächtnis der meisten Menschen zum Gallionsfigur dieser Zeit wurde, sollte nie vergessen werden, wie wichtig Kemis und Jaynes Rolle innerhalb des Labels waren. Nachdem Goldies Fertigkeiten als Solo-Künstler ihn einen Deal bei Pete Tongs FFRR Records gelandet hatte, trat er einen Großteil seiner Verantwortlichkeiten bei Metalheadz an die beiden DJs ab.

Jayne erinnert sich daran, was für einen Einfluss die ersten Veröffentlichungen waren, unter ihrer Aufsicht bei Metalheadz veröffentlicht worden waren. „Wir hatten das Glück, dass die ersten beiden Veröffentlichungen, die unter unserer Regie rauskamen, „Your Sound" von J. Majik und Dillinjas EP The Angels Fell waren, die das Image des Labels in gewisser Weise veränderten. Bis dahin hatten uns die Leute als dieses komische, kleine Label gesehen, das lauter spannende Platten veröffentlichte, mit denen aber niemand wirklich was anzufangen wusste. Aber wirklich jeder spielte diese beiden Platten, die haben uns wirklich auf die Karte geholt."

Da Metalheadz zu einiger Bekanntheit gekommen war, wurde ihnen ein fester Abend in „diesem Club namens Blue Note" angeboten. Die Partyreihe sollte schließlich äußerst erfolgreich werden, eine internationale Familie von Drum'n'Bass-Jüngern anziehen und Goldie und Kemistry & Storm einen festen Platz in den Geschichtsbüchern sichern. „Die Sache mit dem Blue Note zementierte unseren Status", reflektiert Jayne. „OK, wir sind hier, wir sind angekommen, wir wissen, was wir tun."

Kemistry & Storm waren von einer flüchtigen Bekanntschaft in den Straßen von Kettering mitten ins Herz der britischen Drum'n'Bass-Szene der 90er gelangt. Im Januar 1999 veröffentlichten sie ihren Mix für DJ Kicks, der sowohl den eigentümlichen Spirit ihres dualen Charakters einfing, als auch den ersten weiblichen Beitrag zu dieser wichtigen Mix-Serie darstellte. Es war auch dieser Mix, der Kemi und Jayne eine US-Tour verschaffte. Sie waren durch diese Veröffentlichung zu internationaler Bekanntheit gekommen. Ihre Auftritte in den Staaten markierten einen Höhepunkt in ihrer Karriere—sie festigten ihre Wurzeln im Underground und schlugen große Wellen im Mainstream.

„Wir waren in Tampa—ich glaube, es war der letzte Tag unserer Tour—und wir hatten einfach das Gefühl, dass irgendetwas so gar nicht stimmt", erzählt mir Jayne und hält einen Moment inne. „Kemi sagte zu mir: ‚Wow, ich kann spüren, dass jemand sterben wird', und ich spürte es auch. Auch beim Rückflug nach Großbritannien konnte ich diese dunkle Vorahnung nicht abschütteln."

In den frühen Morgenstunden des 25. April 1999 fuhr Jayne sich selbst und Kemi von einer Show in Southampton nach Hause, als ein vorrausfahrender Van einen metallenen Markierungsstein loslöste, der dann durch die Frontscheibe ihres Autos flog. Er traf Kemi im Gesicht. Sie war auf der Stelle tot. Andere Vorfälle dieser Art sind kaum bekannt und das hier war definitiv das einzige Mal, dass jemand dadurch ums Leben kam.

„Sie wusste schon immer, dass sie jung sterben wird", sagt Goldie geradeheraus über ihren Tod, der beinahe schon etwas Vorbestimmtes hat. Unser Telefonat ist nur kurz—eine kleine Pause zwischen Aufnahmesessions—, aber es dauert nicht lange, bis man einen Eindruck dafür bekommt, wie nachhaltig Kemi sein Leben beeinflusst hat. „Sie war so etwas wie meine Muse. Es war eine sehr besondere Beziehung und in vielerlei Hinsicht war sie die erste Seelenverwandte, die ich je hatte." Zufälligerweise sind das genau die gleichen Worte, die auch aus Jaynes Mund kommen: „Meine Seelenverwandte, meine Seelenschwester."

An dieser Stelle sollte man vielleicht darauf hinweisen—wenn auch nur kurz, denn das Erbe von Kemistry & Storm reicht weit über eine Genderdiskussion hinaus—, dass ihre Geschichte jeden Zweifel über die Präsenz und Wichtigkeit von Frauen im Bereich der Clubmusik zum Verstummen bringen sollte. Sie haben nicht nur eine zentrale Rolle dabei gespielt, eins der wichtigsten britischen Labels aller Zeiten (Metalheadz) zu etablieren; eine Residency in einem Club gehabt, der eine ganze Ära prägte (Blue Note), und einen Mix aufgenommen, der alle Facetten eines Genres einfängt (DJ Kicks), sie haben das alles in absoluter kreativer Freiheit getan und mit einer Einstellung, die auch nach ihren gemeinsamen Karrierehöhepunkten lange weiterlebte.

VICE: Das Leben als Ecstasy-Clubdealer in den 90er Jahren

Ihre Freunde erinnern sich an Kemi vor allem als eine Quelle der Inspiration. Ein Individuum, das über beinahe spirituelle Qualitäten verfügte—einer Aura, die ständige Entdeckung und furchtlose Hingabe heraufbeschwor. Auch wenn wir nicht wissen, wo DJ Kemistry ansonsten gelandet wäre, so können wir doch mit Sicherheit sagen, dass das, was sie tat, für die Ewigkeit in unserer Erinnerung bleiben wird. Und auch wenn wir das nie gewusst haben mögen, so tat sie es vielleicht. Wie Jayne mir am Ende unserer Unterhaltung erzählt: „Kemi hat immer gesagt, dass sie die Marilyn Monroe der Drum'n'Bass-Szene werden würde: ‚Ich werde überall bekannt sein.' Und so ist es dann auch gekommen."

**

Folgt Angus bei Twitter und THUMP bei Gelegenheit gleich auch.

Kemistry & Storm waren von einer flüchtigen Bekanntschaft in den Straßen von Kettering mitten ins Herz der britischen Drum'n'Bass-Szene der 90er gelangt. Im Januar 1999 veröffentlichten sie ihren Mix für DJ Kicks, der sowohl den eigentümlichen Spirit ihres dualen Charakters einfing, als auch den ersten weiblichen Beitrag zu dieser wichtigen Mix-Serie darstellte. Es war auch dieser Mix, der Kemi und Jayne eine US-Tour verschaffte. Sie waren durch diese Veröffentlichung zu internationaler Bekanntheit gekommen. Ihre Auftritte in den Staaten markierten einen Höhepunkt in ihrer Karriere—sie festigten ihre Wurzeln im Underground und schlugen große Wellen im Mainstream.

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„Wir waren in Tampa—ich glaube, es war der letzte Tag unserer Tour—und wir hatten einfach das Gefühl, dass irgendetwas so gar nicht stimmt", erzählt mir Jayne und hält einen Moment inne. „Kemi sagte zu mir: ‚Wow, ich kann spüren, dass jemand sterben wird', und ich spürte es auch. Auch beim Rückflug nach Großbritannien konnte ich diese dunkle Vorahnung nicht abschütteln."

In den frühen Morgenstunden des 25. April 1999 fuhr Jayne sich selbst und Kemi von einer Show in Southampton nach Hause, als ein vorrausfahrender Van einen metallenen Markierungsstein loslöste, der dann durch die Frontscheibe ihres Autos flog. Er traf Kemi im Gesicht. Sie war auf der Stelle tot. Andere Vorfälle dieser Art sind kaum bekannt und das hier war definitiv das einzige Mal, dass jemand dadurch ums Leben kam.

„Sie wusste schon immer, dass sie jung sterben wird", sagt Goldie geradeheraus über ihren Tod, der beinahe schon etwas Vorbestimmtes hat. Unser Telefonat ist nur kurz—eine kleine Pause zwischen Aufnahmesessions—, aber es dauert nicht lange, bis man einen Eindruck dafür bekommt, wie nachhaltig Kemi sein Leben beeinflusst hat. „Sie war so etwas wie meine Muse. Es war eine sehr besondere Beziehung und in vielerlei Hinsicht war sie die erste Seelenverwandte, die ich je hatte." Zufälligerweise sind das genau die gleichen Worte, die auch aus Jaynes Mund kommen: „Meine Seelenverwandte, meine Seelenschwester."

An dieser Stelle sollte man vielleicht darauf hinweisen—wenn auch nur kurz, denn das Erbe von Kemistry & Storm reicht weit über eine Genderdiskussion hinaus—, dass ihre Geschichte jeden Zweifel über die Präsenz und Wichtigkeit von Frauen im Bereich der Clubmusik zum Verstummen bringen sollte. Sie haben nicht nur eine zentrale Rolle dabei gespielt, eins der wichtigsten britischen Labels aller Zeiten (Metalheadz) zu etablieren; eine Residency in einem Club gehabt, der eine ganze Ära prägte (Blue Note), und einen Mix aufgenommen, der alle Facetten eines Genres einfängt (DJ Kicks), sie haben das alles in absoluter kreativer Freiheit getan und mit einer Einstellung, die auch nach ihren gemeinsamen Karrierehöhepunkten lange weiterlebte.

VICE: Das Leben als Ecstasy-Clubdealer in den 90er Jahren

Ihre Freunde erinnern sich an Kemi vor allem als eine Quelle der Inspiration. Ein Individuum, das über beinahe spirituelle Qualitäten verfügte—einer Aura, die ständige Entdeckung und furchtlose Hingabe heraufbeschwor. Auch wenn wir nicht wissen, wo DJ Kemistry ansonsten gelandet wäre, so können wir doch mit Sicherheit sagen, dass das, was sie tat, für die Ewigkeit in unserer Erinnerung bleiben wird. Und auch wenn wir das nie gewusst haben mögen, so tat sie es vielleicht. Wie Jayne mir am Ende unserer Unterhaltung erzählt: „Kemi hat immer gesagt, dass sie die Marilyn Monroe der Drum'n'Bass-Szene werden würde: ‚Ich werde überall bekannt sein.' Und so ist es dann auch gekommen."

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Folgt Angus bei Twitter und THUMP bei Gelegenheit gleich auch.