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Drogen

Der Bundestag hat erstmals ein Gesetz zu Legal Highs verabschiedet

Kommen jetzt noch stärkere und gefährlichere Drogen?
(Il)legal Highs. Foto: Tristanb/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Schlechte Nachrichten für Jenke von Wilmsdorff: Der Bundestag hat gestern ein Gesetz zum umfangreichen Verbot sogenannter Legal Highs verabschiedet. Sofern der Bundesrat zustimmt, kann der RTL-Reporter in Zukunft dann keine Experimente mehr mit dem dann Illegal High MDAI machen. Was vermutlich auch besser ist.

Im Bundestag werden die Ex-Legal Highs als neue psychoaktive Stoffe (NPS) bezeichnet. NPS werden unter anderem als Spice, Badesalze, Kräutermischungen oder Forschungschemikalien („Research Chemicals") im Internet verkauft und fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. In der Politik werden all diese Mittel über ihre Wirkstoffgruppen definiert, wobei man vor allem zwei Gruppen unterscheidet: von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen und Cannabimimetika/synthetische Cannabinoide.

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Das Gesetz sieht vor, dass sowohl Herstellung, Handel und Besitz mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden können. Vom Verbot ausgenommen sind zum einen „nach dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik anerkannte Verwendungen eines neuen psychoaktiven Stoffes zu gewerblichen, industriellen oder wissenschaftlichen Zwecken." Zum anderen „Verwendungen eines neuen psychoaktiven Stoffes durch Bundes- oder Landesbehörden für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit." Das klingt so, als dürften sich deutsche Beamte ungestraft bei der Arbeit ein paar Legal Highs gönnen—ist so allerdings nicht gemeint.

Legal Highs grassieren derzeit. Im europäischen Drogenbericht für 2015 wurden über 450 verschiedene neue Substanzen genannt. Allein im Jahr 2014 kamen 101 neue Legal Highs dazu, laut Bundeskriminalamt gab es im selben Jahr 25 und im darauffolgenden 39 Todesfälle, bei denen NPS im Spiel waren. Zum Vergleich: Die Todesfälle, bei denen Alkohol und Tabak beteiligt waren, belaufen sich 2015 auf 74.000 beziehungsweise 110.000.

Wie der Bundestag festhält, sind die Wirkungen von Legal Highs für die Konsumenten häufig unvorhersehbar, da sie „stärker oder weniger stark als die Ursprungssubstanzen wirken, aber auch andersartig. Welche Substanzen tatsächlich enthalten sind, lässt sich für die Konsumierenden nicht nachprüfen."

Verbot könnte Entwicklung der Substanzen noch weiter anheizen

Durch die althergebrachte Verbotsmethode will die Bundesregierung diesen Problemen nun beikommen. Dagegen stellte sich im Bundestag nur die Linkspartei. Sie merkte an, dass das Verbot sinnlos sei. Denn seit Jahren hat man mit dieser Strategie erfolglos versucht, den NPS-Konsum zu verhindern. Doch die Verbote bewirkten genau das, was verhindert werden soll: Immer mehr neue psychoaktive Substanzen kamen auf den Markt.

Auch der jetzige Schritt eines flächendeckenden Verbotes sei laut Der Linken nicht erfolgsversprechend. Die alten Wege müssten daher endlich überdacht werden. „Etwa zwei Drittel der beim Bundeskriminalamt erfassten NPS-Drogen sind synthetische Cannabinoide", schreibt die Bundestagsfraktion. „Wäre Cannabis mit seinen bekannten Rauschwirkungen und Gefahren legal und in kontrollierter Qualität erhältlich, würden sich wohl nur wenige Menschen für den erwünschten Rausch unbekannten Gesundheitsrisiken aussetzen. Durch das Verbot von ganzen Stoffgruppen sind weitere Ausweichreaktionen der Drogenhersteller in Richtung immer riskanterer neuer Substanzen zu befürchten. Aber chemisch neuartige Stoffe sind in ihren Wirkungen noch weniger berechenbar." Außerdem müssten Maßnahmen zur Schadensminderung („Harm Reduction") gefördert werden. Zum Beispiel durch das Drug-Checking, das Konsumenten die Möglichkeit gibt, ihre Substanzen testen zu lassen.

Eine Legalisierung von Cannabis ist in Deutschland derzeit lediglich für medizinische Zwecke angedacht. Drug Checking hat sich in der Bundesrepublik kaum verbreitet. Die Ideologie des Verbotes hält sich hartnäckig in Deutschland. Trotz entsprechender empirischer Beispiele, die eine Abkehr von dieser Politik nahelegen, etwa in Portugal. Statt die dortige Politik der Entkriminalisierung zu übernehmen, verschärfen die deutschen Regierungsbehörden lieber noch mal das Strafrecht und fördern damit vermutlich die organisierte Kriminalität mehr als zuvor.

Eine zeitgemäße Drogenpolitik müsste endlich lernen, zu differenzieren und Abstand von einer dogmatischen Verteufelung nehmen. Von Verherrlichung natürlich auch. Aber mal ehrlich: Diese Gefahr ist in etwa so groß, wie an Cannabis zu sterben.

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