Alle, wirklich alle, Themen einer WG-Party
Photo by Bruno Bayley. The people in these photos are not the people described in this article. Mostly.

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Ausgehen

Alle, wirklich alle, Themen einer WG-Party

Der größte Feind einer guten Party sind schlechte Unterhaltungen. Dieser Guide schafft Abhilfe.

Foto: Bruno Bayley

Wenn alles gut geht, dann sind WG-Partys das Beste überhaupt. Eine gute WG-Party ist eine wirklich schöne Sache, garantiert sie doch grenzenlosen Hedonismus. Du kannst dein eigenes Bier mitbringen! Du kannst drinnen rauchen! Du sitzt vielleicht ganz nah neben einer Person, auf die du schon seit Ewigkeiten stehst, traust dich aber nicht sie anzusprechen! Es ist toll!

Abgesehen von Besuchen der Polizei oder Beschwerden von Nachbarn ist die größte Bedrohung für eine Hausparty aber eine verdammte Unterhaltung. Aus diesem Grund haben wir diesen nützlichen Guide für dich zusammengestellt, mit dem so etwas problemlos meisterst. Danach weißt du genau, was dich dieses Wochenende erwartet, während du das Bier runterstürzt, das du jemandem aus dem Kühlschrank geklaut hast.

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Dir werden Unmengen an Leuten vorgestellt, deren Namen du sofort wieder vergisst

Der Teil des Abends, an dem du immer und immer wieder sagst: "Cool, schön dich kennenzulernen!", und eine Hand nach der anderen schüttelst, nur um danach zu merken, dass du die ganze Zeit an etwas Anderes gedacht hast und nicht weißt, wie irgendjemand im Raum heißt.

Politik

Was ist das Schlimmste, worüber man bei einer Party reden kann? Politik natürlich. Du stehst da, Chips in der einen und Tabak in der anderen Hand, ein Lächeln auf dem Gesicht und ein Song auf den Lippen. Alles läuft gut—du durftest sogar zwei Songs hintereinander spielen, bevor dich irgendein Hippie verjagt und unter großem Applaus Pupkulies & Rebecca angemacht hat.

Und dann passiert es. In der Schlange zur Toilette—du willst einfach nur in Ruhe pissen—stolperst du aus Versehen in den Typen vor dir. Er beginnt eine Unterhaltung mit dir. Zwischen einem Schluck aus deiner Bierdose und einem Zug aus deiner schlecht gedrehten Zigarette, die zwischen deinen schlaffen Fingern klemmt, fängst du irgendwie an, über Politik zu reden. Schnall dich an, er hat ein oder zwei Dinge, die er dir über den Nutzen direkter Demokratie erzählen will!

Dein Liebesleben

"Es ist … Du weißt schon … na ja … es ist irgendwie … Ich schätze, wenn du ein bisschen älter bist … ich meine … Ich bin so hin- und hergerissen … wir scheinen einfach …"

Kurzfassung: Deine Freundin ist wirklich gelangweilt von dir und wir sind es auch.

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Foto von Angus Harrison

Musik

Ein wirklich wichtiger Tipp für WG-Partys: Kümmere dich nicht um die Musik. Überhaupt nicht. Denn wenn sie wirklich gut ist, hast du keine Möglichkeit, mit der Person, neben der du zufällig im Schlafzimmer einer völlig fremden Person sitz, irgendwelchen Mist zu reden. Ungefragt und 45 Minuten lang. Denk an all die intimen Unterhaltungen, die du verpasst, weil du zu beschäftigt bist, jeden Track von Galcher Lustwerks monumentalem 100% Galcher abzufeiern. Wie soll dieser wirklich große Typ, der im Laden des Studentenwerks arbeitet und immer Latzhosen trägt, sonst jemals erfahren, warum du so abhängig von der Bestätigung durch andere bist? Außerdem bietet furchtbare Musik einen tollen Gesprächseinstieg.

Du fühlst dich in der Gegenwart von Leuten, die du nicht kennst, komisch und ängstlich? Mach dich einfach über diejenige Person lustig, die gerade hinter dem Macbook steht und versucht, sich zu erinnern, wie ein Trackpad funktioniert, um ungefähr 32 Sekunden von sechs verschiedenen Songs bei YouTube anzuspielen, bevor sie vornüber fällt und das Kabel aus dem Laptop reißt, woraufhin der Laptop zu Boden stürzt und sie sich in einer Pfütze aus Bier und Asche krümmt. Doch was auch immer du tust, fang keine Unterhaltung auf Grundlage der Musik selbst an. Über Musik zu sprechen führt nie zu etwas Gutem. Du findest entweder jemanden mit einem ähnlichen Geschmack (und führst dann eine angenehme Unterhaltung, die so furchtbar angenehm ist, dass du darüber nachdenkst, dich aus dem Fenster zu stürzen) oder jemanden, der komplett andere Musik mag als du und mit dem du deswegen nichts anfangen kannst.

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Foto von Josh Baines

Hoffnungen und Träume

Hier geht es weniger darum, dass sich niemand für deine Pläne, einen Roman zu schreiben, interessiert. Es geht eher darum, dass jedes Wochenende, das du auf Partys damit verbringst, darüber zu sprechen, einen Roman zu schreiben, ein Wochenende ist, an dem du keinen Roman schreibst. Ein Wochenende nach dem anderen schreibst du keinen Roman, was letztendlich dazu führt, dass du niemals einen Roman schreiben wirst. Das ist in Ordnung, die meisten Leute schreiben keine Romane, die meisten Leute gehen stattdessen auf Partys! Wenn du all diese Partys aber damit verbringst, jedem zu erzählen, dass du einen Roman schreibst, und ihn dann nie schreibst, lässt dich die ganze Sache irgendwie wie ein langweiliger Arsch aussehen.

Steigende Mietpreise

Miete zahlen zu müssen, ist schlecht. Niemand zahlt gern Miete, weil Miete zahlen bedeutet, dass du weniger Geld für Bier und eimerweise Chips hast. Leider musst du aber Miete zahlen und über Miete zu reden, wird das nicht ändern. Es interessiert mich also einen Scheiß, wie wenig du bezahlst, jetzt wo du am Stadtrand wohnst, oder dass du dich nur noch von Staub und Regenwasser ernährst, jetzt wo du diese tolle Wohnung hast. Und auch nicht, wie viel die Wohnung wohl früher gekostet hätte.

Foto von Bruno Bayley

Die jeweils anderen

Du wirst natürlich mit Freunden auf besagter WG-Party sein. Wenn du mit deinen Freunden auf einer solchen Party bist, dann besäufst du dich mit Freunden und redest mit deinen Freunden. So weit, so gut. Doch was letztendlich passieren wird, ist, dass du mit deinen Freunden über andere Freunde sprichst. Eine Mischung aus Schnaps und anderen Substanzen wird dich in die gleichen Unterhaltungen hineinziehen, die du jedes Mal führst. Du erzählst deinem Kumpel, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hat, dass er sie nicht brauchte. Du erzählst deinem neuesten Kumpel, dass er, auch wenn du ihn noch nicht so lang kennst, einer deiner besten Freunde ist. Du erzählst deinem Kumpel, der seinen Job nicht mag, dass er kündigen soll, weil er alles erreichen kann, was er will. Du erzählst deinem Kumpel, mit dem du zu viel Zeit verbringst, dass du nicht ohne ihn leben kannst. Und du wirst jedem, den du siehst—jedem, der zuhört—sagen, dass er oder sie es im Moment absolut bringt. Du weißt nicht wirklich, was sie bringen, was "es" ist, ob du damit ihr berufliches oder privates Leben meinst, du weißt nur, dass sie es bringen und musst sie daran erinnern.

Foto von Angus Harrison

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Filme

Zur furchtbarsten Sorte Mensch, die du auf einer Party treffen kannst, gehört dieser eine Typ, der wirklich total auf Filme steht. Also so richtig. Er steht jedoch nicht auf diese Arthouse-Streifen über französische Schlachthäuser oder über venezolanische Stepptänzer, die die Folgen einer Familientragödie behandeln. Nein. Was er wirklich liebt sind Hollywoodfilme. Er liebt Hollywoodfilme mit Leonardo DiCaprio oder Mark Wahlberg oder Jonah Hill. Für ihn sind das tolle Filme. Er sammelt DVD-Boxen aus Metall. Er hat ein gerahmtes Poster von Shutter Island über seinem Bett und er scheut nicht davor zurück, Christopher Nolan, ein "verdammtes Genie" zu nennen. Wenn du mit deinen Kumpels das Pech hast, diesem Langweiler über den Weg zu laufen, während er irgendwelche Leute mit der neuesten Folge Empire vollquatscht, dann renn. Renn weg. Falls das aus irgendeinem Grund keine Option ist und du mit diesem Mann, der am Abend zuvor freiwillig Prometheus gesehen hat und jetzt bereit für eine ausgedehnte Unterhaltung darüber ist, eingesperrt bist, dann such Augenkontakt. Sehr intensiven Augenkontakt. Die Art von Augenkontakt, die du sonst für einen magischen Moment mit deiner/deinem Liebsten reserviert hast. Schließ sehr, sehr langsam deine Augen. Dann sag ihm mit zusammengekniffenen Augen, dass du Spielberg für einen beschissenen Regisseur hältst. Lass fünf Sekunden verstreichen. Öffne deine Augen. Er ist weg. Aus der Ferne hörst du Schluchzen. Du hast gewonnen.

Bücher

Warst du auf einer Hausparty schon mal so gelangweilt von den Leuten, an denen du dich in der Küche vorbeiquetschen musst, um dein Bier aus dem Kühlschrank zu holen, dass du dir das Bücherregal des Gastgebers angesehen hast? Das ist tatsächlich spaßiger, als es klingt. Nicht weil du am nächsten Tag aufwachst und in deinem Handy eine Menge Notizen mit falsch geschriebenen Titeln von Büchern findest, die du eines Tages lesen willst, sondern weil du dich mindestens zwei Minuten über den Büchergeschmack der betreffenden Person lustig machen kannst. Und das ist alles, was zählt. Vielleicht findest du dich an irgendeinem trostlosen Punkt in einer Diskussion mit einem enthusiastischen Englischstudenten wieder, der denkt, der beste Ort, Poststrukturalismus zu sezieren, wäre um zwei Uhr nachts in einem Badezimmer. Nicht, dass daran grundsätzlich etwas falsch ist, doch wenn du gerade drauf kommst und ein Kribbeln spürst, das sich in jedem Millimeter deines Körpers ausbreitet, dann willst du dich sicher nicht daran erinnern, was Poststrukturalismus ist und dich schon gar nicht mit einer 28-Jährigen darüber unterhalten, deren Begeisterung dafür grenzenlos ist.

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Wie viel du getrunken hast

"OK, also wir haben uns in diesem Café getroffen, um Christians Geburtstag zu feiern, und hatten dort zwei Bier, dann haben wir ein Picknick gemacht und hatten was? Zusammen vier Flaschen Sekt? Dann sind wir zurück, um unsere Schlüssel zu holen und meine Mitbewohner waren gerade nach Hause gekommen, also haben wir noch einen mit ihnen getrunken. Jeder so drei Gin Tonic. Dann kurz in die Kneipe, bevor wir hier hin sind und ein paar Jägermeister hatten, also ja, ich habe heute eine Menge Zeug durcheinander gesoffen. Sorry, was war deine Frage?"

Sollen wir mehr Bier/Gras/Kokain besorgen?

Hier kommt eine einfache, zuverlässige und lebensrettende Formel: Wenn deine Antwort auf obige Frage irgend etwas Anderes als "JA, AUF JEDEN FALL!" lautet, dann ist es Zeit, nach Hause zu gehen. Verlier nicht weitere 50 Euro und vier Stunden Schlaf wegen eines "Äh, ja, vielleicht?". Andernfalls stock die Vorräte wieder auf, scroll an den Anfang dieses Artikels und wiederhol die ganze verdammte Sache immer und immer wieder.

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