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Wie der Berliner Club Magdalena vor die “eigene” Tür gesetzt wurde

Während die Mitarbeiter noch auf Gehälter warten sollen, heißt es, das Matrix würde den Techno-Club im Berliner Osten übernehmen. Möglich macht das ein THUMP exklusiv vorliegender Gerichtsbeschluss.
Montage Magdalena/Google Maps

Das Clubgebäude der Magdalena im Osten Berlins

Aus, vorbei. In der Magdalena in Berlin ist vorerst Schluss: "Der gestrige Tag war für uns ein schwarzer Montag …" Das schreibt der insolvente Club heute auf seiner Facebook-Seite. Der Auslöser: Nach der diesjährigen Silvester-Party und trotz eines bereits voll gebuchten Januarprogramms wurde die Magdalena heute vor die bis dato eigene Tür gesetzt. Ein Sicherheitsunternehmen des Insolvenzverwalters—der Rechtsanwalt Joachim Voigt-Salus und seine Kanzlei—habe den "Austausch unserer Schlösser vollzogen", heißt es.

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Und es kommt noch dicker. Den Zuschlag auf den Club erhielt laut des Posts das Matrix bzw. die Matrix Club & Event GmbH, das demnach schon morgen von der Insolvenzverwaltung eingewiesen werden soll. Damit würde ein in der Szene nicht gerade geschätzter Club den Nachfolger der legendären Techno-Adresse Maria übernehmen. Auf Facebook löste diese Nachricht u.a. Reaktionen wie diese aus:

"WTF!!! Matrix!!! Berlin Tag und Nacht in der Magda, ich könnt KOTZEN"

Schlösser ausgetauscht, während Belegschaft auf Dezembergehalt wartet

Damit ist das seit über einem halben Jahr laufende Insolvenzverfahren trotz zunächst beidseitiger Zusammenarbeitsbekundungen eskaliert. Gegenüber THUMP sagte die bei Voigt-Salus mit dem Fall betraute Rechtsanwältin Stephanie Hotopp: "Wir mussten unseren Besitz aufgrund der Auseinandersetzungen mit der Magdalena Veranstaltungs UG schützen." Demnach habe man selbst die Schlösser ausgetauscht.

Bei der letzten Silvesterveranstaltung mit u.a. Alfred Heinrichs, K-Paul und Nico Pusch soll das Magdalena-Team zudem einer von der Insolvenzverwaltung bestellten Security ein Hausverbot erteilt haben. Laut Hotopp wurden darüber hinaus die Einnahmen dieser Veranstaltung nicht an die Insolvenzverwaltung weitergegeben und die Dezembergehälter der Belegschaft bislang noch nicht beglichen werden.

Magdalena kaputt? Mit dieser Grafik und diesem Post verkündete der Club auf Facebook sein mutmaßliches Ende

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Möglich wurde all diese Entwicklung allem Anschein nach, weil hinter dem Club zwei Gesellschaften stecken: die Magdalena Veranstaltungs UG und die Magdalena Betriebs GmbH. Erstere betreibt dem Impressum zufolge auch in Person von Geschäftsführer Daniel Mizgalski die Facebook-Seite des Clubs, auf der das heutige Statement erschien.

Ende Mai 2016 hatte die Magdalena sich "unter den Schutz des Insolvenzverfahrens" gestellt. Das Amtsgericht Charlottenburg setzte Joachim Voigt-Salus als vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Dieser erklärte zusammen mit der Geschäftsführung der Magdalena Betriebs GmbH, den Betrieb mit dem "Ziel (…) (der) Sanierung" fortzusetzen. Voigt-Salus gab den Jahresumsatz der Magdalena mit 3 Mio. Euro an, der damalige Geschäftsführer Christian Mill sagte dem Tagesspiegel, man wolle die Jobs aller 51 festangestellten Mitarbeiter dauerhaft sichern.

Beide Seiten nannten zu diesem Zeitpunkt Verzögerungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Umzug und Umbau des Clubs an neuer Stelle gegenüber der Renate in Alt-Stralau als Auslöser der finanziellen Misere an. Der Tagesspiegel berichtete außerdem von Zusatzkosten und Umsatzeinbußen.

Landgericht befasste sich mit dem Verhältnis der beiden Magdalena-Gesellschaften

Den Clubbetrieb, so schreibt es die Magdalena auf Facebook, übernahm die "nicht von der Insolvenz betroffene Magdalena Veranstaltungs UG." Und da diese die so entstanden Einnahmen nicht mit der insolventen Magdalena Betriebs GmbH abrechnete, sei "der Insolvenzverwalter davon ausgegangen, dass ihr keine Rechte mehr am Clubbetrieb zustünden." Und er deshalb über diesen verfügen könnte.

Das sah die Justiz auch so. THUMP liegt ein Beschluss des Landgerichts Berlins vom gestrigen 2. Januar vor, in dem der zuständige Richter zu Ungunsten der Magdalena Veranstaltungs UG urteilt. Deren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Insolvenzverwalter Voigt-Salus wurde abgewiesen. Man habe "keinen Anspruch", eine Veräußerung oder Übertragung des Diskothekenbetriebs zu unterlassen.Die Gesellschafter von Veranstaltungs UG und Betriebs GmbH seien identisch. Eine Gesellschaftsvertrag für eine gemeinsame GbR zwischen den Gesellschaften habe Daniel Mizgalski von der Magdalena nicht vorlegen können.

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Für die Entscheidung des Richters war zudem ausschlaggebend, dass im Insolvenzvertrag der Betriebs GmbH keine solche Gesellschaft erwähnt wurde sowie dass die Veranstaltungs UG über keine Arbeitnehmer verfügen würde und weder Beteiligungen an den Verlusten der insolventen Betriebs GmbH übernommen hätte, noch diese regelmäßig finanziell unterstützt hätte. Auch bei den Bereichen Personalführung, -Planung und Booking "spricht viel dafür, dass (Mizgalski) dies als Arbeitnehmer der (Betriebs GmbH) getan hat", so die Beschlussgründe.

Telefonisch und via Facebook war die Magdalena bislang nicht zu erreichen. Die Kontakt-E-mail-Adresse funktioniert bereits nicht mehr. "Wir kämpfen weiterhin um unser Recht und halten Euch auf dem Laufenden", heißt es allerdings auf Facebook.

Das Matrix wiederum wollte sich auf Anfrage von THUMP noch nicht äußern. Man bereite jedoch ein eigenes Statement vor.

Voigt-Salus kündigte im Fall der nicht weitergegebenen Silvestereinnahmen an, Strafantrag gegen unbekannt zu stellen.

Thomas twittert. Folge zudem THUMP auf Facebook und Instagram.