Diese Doku widmet sich den besonderen Risiken von Ecstasy für Konsumentinnen

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Diese Doku widmet sich den besonderen Risiken von Ecstasy für Konsumentinnen

Körper von Frauen reagieren anders auf die Droge als die von Männern, doch die Aufklärung darüber fällt noch zu gering aus.

Foto: Die verstorbene Stephanie Shevlin. Ihre Mutter wurde für die neue Dokumentation befragt. Screenshot von theGuardian.com

Der Konsum von Ecstasy ist für Frauen risikobehafteter als für Männer. Das war eines der vielen Ergebnisse des Global Drug Surveys 2016, über die THUMP im Juni berichtete. In Großbritannien sind in diesem Jahr bereits zehn junge Frauen nach Einnahme von Pillen oder MDMA-Pulver verstorben—als Folge von Mischkonsum (mit Alkohol), Überdosierungen oder Unkenntnis über die tatsächliche Zusammensetzung ihrer Drogen. Der britische Guardian hat diese Umstände jetzt zum Anlass genommen, eine Videodokumentation zum Thema zu drehen, für die auch Dr. Adam Winstock, Gründer des GDS, Auskunft gab.

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Ob er glaube, dass Frauen anders auf Ecstasy reagieren würden als Männer, fragt ihn Reporterin Leah Green. "Ja, absolut", so Winstock. "Sie haben ein mindestens zwei- bis dreimal höheres Risiko, notbehandelt werden zu müssen. Das hat aber nichts mit dem Körpergewicht zu tun." Wohl aber damit, dass, statistisch gesehen, Frauen "die Drogen seltener selbst kaufen und daher oft nicht wissen, was sie bekommen."Außerdem—und viel wichtiger—seien ihre Symptome im Falle einer Überdosierung andere als bei Männern.

Der Wissenschaftler vermutet dahinter hormonelle Zusammenhänge. MDMA fördert die Ansammlung von Wasser im Körper. Östrogen schränkt den Wasserabfluss aus Körperzellen ein und damit den Druckausgleich, Kreislaufbeschwerden können u.a. die Folge sein. Der Körper kann zudem schlechter seinen Wärmehaushalt über Flüssigkeitsabgabe regulieren, es kommt zu lebensgefährlichen Überhitzungen.

Ausgelöst werden können diese vor allem von hohen, plötzlichen MDMA Konzentrationen im Blut, sagt Winstock.

Gefährliche Dosen und mangelnde Aufklärung

Und damit ist man bei einem Grundproblem heutigen Drogenkonsums: Die gegenwärtigen Pillen sind größtenteils übermäßig stark dosiert und beinhalten teilweise sogar mehr als Dreifache einer von Suchtberatungen und anderen Stellen als verträglich eingestuften Menge. Diese wird oft mit 120mg MDMA angegeben. Fiona Maesham, Kriminologieprofessorin und Leiterin der britischen Organisation The Loop, spricht in der Dokumentation sogar von 70 bis 100mg. Frühere Pillen enthielten 50 bis 80mg, heutige sogar bis zu 400mg.

Wie THUMP neulich schrieb, sind deshalb auch Risikominimierungsregeln wie "Don't Be A Daft, Start With A Half", das eine Kampagne aktuell in Großbritannien propagiert, veraltet. Statt mit einer halben Pille, sollte wer Ecstasy konsumiert, besser sogar nur mit einer Viertel beginnen ("Be Smarter, Take A Quarter"), um eben nicht eine kurzzeitige, aber hochgefährliche MDMA-Überlastung des eigenen Systems zu befördern.

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Damit die Nutzerinnen darüber aber auch Kenntnisse haben, bedarf es neben weiterer Aufklärung zur Wirkung von Drogen—etwa über die Risiken von Mischkonsum—auch des Drug Checkings, also der Möglichkeit, Drogen vor Konsum auf ihre Zusammensetzung, den Wirkstoffgehalt und etwaige Verunreinigungen hin zu überprüfen. Während dieses in Deutschland derzeit nicht erlaubt ist, zeigt die Dokumentation die Arbeit des niederländischen Trimbos-instituut. Deren Wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Daan van der Gouwe ist sich sicher, dass die Nichtkriminalisierung von Drogenaufklärung und -Tests die Niederlande sicherer gemacht habe.

In Großbritannien gibt es dafür bislang keine politische Mehrheit. Adam Winstock fasst die Haltung der Regierung gegenüber des Guardian derweil so zusammen: "Drogen sind schlecht, Drogen sind gefährlich und es gibt keinen sicheren Weg, sie zu konsumieren. Deshalb verbieten wir sie." Mit den entsprechenden Konsequenzen.

Nicht erwähnt werden in der Dokumentation allerdings die geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Langzeitfolgen von MDMA-Konsum auf die menschliche Psyche.

Den zehn Todesfällen stehen im Schnitt mehr als 200.000 Konsumenten und Konsumentinnen gegenüber, die in Großbritannien pro Wochenende Ecstasy zu sich nehmen.

Hier ist die Dokumentation in voller Länge:

Anm.: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir den Zusammenhang zwischen körperlichen Reaktionen und dem Kaufverhalten, wie von Dr Winstock dargelegt, undeutlich dargestellt. Das haben wir nun behoben.

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