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Genre für Dummies: Deep House

Wie du echten Deep House von Felix Jaehn und Robin Schulz unterscheidest.
Kerri Chandler kennt Felix Jaehn und Robin Schulz wahrscheinlich nicht. Foto: Flickr/ruairi drayne/CC BY 2.0 Generic

Was haben Âme, Glenn Astro, Theo Parish, Ian Pooley, Max Graef, Motor City Drum Ensemble, Solomun, Felix Jaehn und Robin Schulz gemeinsam? Laut Wikipedia sind sie alle Vertreter eines sehr strapazierten Genres: Deep House. Was haben die unter anderem von Broken Beat inspirierten Produktionen von Max Graef und Glenn Astro mit den Tropical-EDM-Hits von Robin Schulz und Felix Jaehn zu tun? Beides ist Musik, so wie Äpfel und Bananen Obst sind. Es macht jedoch keinen Sinn, beiden den gleichen Namen zu geben. Jeder Affe weiß, dass es zwischen beiden einen Unterschied gibt.

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Durch die inflationäre Verwendung des Begriffs weiß offenbar keiner mehr, was Deep House ist. Wie der Name impliziert, hat es was mit House zu tun, der bekanntlich in Chicago entstand. Mr. Fingers Hit „Can You Feel It?" war ein Bezugspunkt für die spätere Ausformung des Genres. Charakteristisch ist die sogenannte chromatische Tonleiter. Chro… was? Dieser Rapper? Nein, der wird anders geschrieben. Erstmal: eine Tonleiter nennt man die Reihe von Tönen innerhalb eines Intervalls. In der Musiktheorie werden zwölf Töne unterschieden. Und je nachdem wieviele Töne in einer Oktave nach einer bestimmten Logik verwendet werden, differenziert man in Pentatonik, Ganztonleiter, Diatonik und Chromatik. Eine auf Dur- und Molltonleitern basierendes Harmoniesystem mit sieben Tönen pro Oktave wird als diatonisch bezeichnet. Volkslieder und andere einfache Pop-Songs sind so komponiert. Im klassischen Deep House wird auf alle zwölf Töne einer Tonleiter zurückgegriffen, was dann Chromatik genannt wird. Besonders im Deep House ist es üblich, einen gesampelten Akkord einfach in verschiedenen Tonhöhen zu spielen. Und das ergibt den von diversen Korgs oder Rolands induzierten tiefen Klang, macht den House also deep und melancholisch.

Mancher Schranz-Fan bezeichnet sowas dann als Lounge-Musik. Das Tempo von Deep House ist im Schnitt etwas geringer als in der klassischen Ausprägung. Die Samples hingegen haben die gleiche Quelle: Soul, Funk, Disco, HipHop. Wobei deutlich mehr auf weibliche als auf männliche Vocals zurückgegriffen wird. Als die elektronischen Pianos erschwinglich wurden, kamen auch immer mehr Rhodes dazu. St. Germain und Theo Parish sind wahrscheinlich die bekanntesten Exponenten dieser jazzigen Richtung. In den 90ern hatte der Deep House mit Vocal-Samples aus Soul und Disco seine Hochphase. Kerri Chandler ist einer illustren Vertreter dieser Spielart, ebenso Mood II Swing. In den 2000er Jahren kamen immer mehr neue Künstler dazu. In Deutschland hat sich in Berlin eine Crew um das Label Money Sex Records gesammelt, die dem früheren Geiste verbunden ist. Gleiches gilt für Köln und Damiano Von Erckerts Label AVA. Außerdem zu nennen: Smallville aus Hamburg.

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Offen bleibt die Frage, ob der Begriff Deep House in seinem früheren Sinne noch zu retten ist. Unten kannst du dir ein paar Tracks anhören, die dem Real Deep House verbunden sind, alt und neu. Wobei auf letzterem der Fokus liegt, um zu zeigen, dass es ihn noch gibt. Wenn einer der dort aufgeführten Producer sich mit der Kategorisierung unwohl fühlt: Wir bitten um Verzeihung. Beschwert euch am besten bei Beatport.