„Snobs in München? Ich wohne in Zürich, das ist Next Level.“—Mano Le Tough im Interview
Halea Isabelle Kala

FYI.

This story is over 5 years old.

Mano Le Tough

„Snobs in München? Ich wohne in Zürich, das ist Next Level.“—Mano Le Tough im Interview

Er hat schon verdammt viele Städte gesehen—und glaubt nicht, dass es Hipster gibt.

Wenn du so viel unterwegs bist wie Niall Mannon, passiert es schnell, dass du viele Städte und noch mehr Clubs siehst. Der gebürtige Ire ist unter dem Namen Mano Le Tough bekannt und hat schon in der ganzen Welt gespielt. Die Boiler-Room-Gigs, seine eigenen Partys und Produktionen zwischen Disco, Atmospheric House und Electronica haben ihn zu einer Art Vorzeigekind des Underground gemacht und ihn letztes Jahr bei Resident Advisor auf Platz acht der besten 100 Artists gehoben. Aber Mano Le Tough ist nicht nur im Underground unterwegs. Seine Sounds nimmt er in seinem Studio am Züricher See auf und verschafft sich zwischendurch einen freien Kopf beim Laufen, auf den malerischen Pfaden am See, die Namensgeber seines Zweitlings Trails. Die Platte erscheint, wie auch schon sein Debüt, bei Permanent Vacation und enthält zehn feinsinnige, filigrane Tracks. Aus diesem Anlass haben wir ihn gefragt, wie sein seriöser Musikansatz mit der manchmal recht oberflächlichen Partykultur zusammengeht und ob er ein Hipster ist.

Anzeige

Hey Mano, bist du eigentlich ein Hipster?
Mano Le Tough: Nein, definitiv nicht. Um ehrlich zu sein, ist aus der Hipster-Kultur die Luft raus. Das ist nur Jugendkultur. Das war schon immer das Gleiche, seit sich die Jugendkultur in den 40ern und 50ern entwickelt hat. Seit die Presse darüber berichtet und zum Teil sogar selbst ein Teil der Jugendkultur geworden ist, hat sich das so herausgebildet. Es sind immer junge Menschen, die auf ihre eigene Art das Leben erleben wollen und ihren eigenen Style finden. Sie wollen anders sein als die vergangenen Generationen. Das ist alles, was Hipster ausmacht. Ich denke, es hat sich nicht wirklich etwas verändert.

Ist es eine gute Sache für die Clubkultur, dass der Underground mehr und mehr wahrgenommen wird.
Ja, du erreichst eben ein größeres Publikum. Ich denke, die bisherige Clubkultur kommt aus einer Ecke, die viel mit Nachtleben, Drogenkultur und offensichtlich Schwulenkultur zu tun hat und erreicht jetzt viel mehr Menschen. Das ist eine coole Erfahrung. Es wird ein immer größerer Teil der Erfahrungen, mit denen Menschen aufwachsen und, um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob es die Dinge besser oder schlechter macht. Es ist einfach, was es ist. Und es ist bei den Menschen zur Zeit sehr beliebt, aber vielleicht ist es das in 5 Jahren nicht mehr. Aber das ist egal, denn es ist für jeden etwas anderes, eine andere Erfahrung in ihren Leben. Clubs sind ein Ausweg und auch der beste Ort, Musik zu hören.

Anzeige

Wenn Clubs ein Ausweg sind, meinst du damit einen Ausweg vom Ernst des Lebens?
Es ist nicht direkt ein Ausweg aus dem Leben, es ist ein Teil des Lebens der Leute. Oder es wird ein Teil. Der Ort für Abenteuer, wo die Party ist. Der Ort, der ein Ausweg ist, ist für verschiedene Leute an verschiedenen Orten. Leute, die feiern, wollen einfach nur jemanden treffen und Clubs sind ein guter Ort, um Leute zu treffen.

Wie bist du zur elektronischen Musik gekommen?
Das erste Mal in einem Club war ich mit meinen Freunden 2004 oder 2005. Wir gingen dorthin und ich dachte mir „Wow, das ist großartig." Also habe ich angefangen aufzulegen. Das ist einfach meine Art des Voranschreitens. Ich habe vorher schon andere Musik gemacht. Dann hat sich das einfach richtig angefühlt und als ich angefangen habe, bin ich nach Berlin gezogen. Der Rest…ist Geschichte.

Dein Label Permanent Vacation befindet sich in München. Man sagt oft, dass München versnobbt ist …
Naja, ich wohne in Zürich. Das ist dann Next-Level.

In Zürich hast du auch dein Album fertiggestellt.
Ich habe den größten Teil dort geschrieben. Ich hatte ein paar Ideen während meiner Reisen aber hauptsächlich habe ich es vor Ort geschrieben. Unterwegs habe ich nur ein oder zwei Songs entwickelt. Dafür viele Ideen für den Inhalt. Ich habe mir immer Notizen über die Dinge gemacht, die mich inspiriert haben dabei kamen eine Menge Ideen für die Arbeit am Album auf. Aber ein oder zwei Tracks waren von älteren Sessions. „Sometimes Lost" habe ich ein Jahr vorher gemacht, der Rest ist komplett aus der selben Session.

Anzeige

Hat der Titel Trails dann gar nichts mit den Spuren, die du in Städten und Clubs hinterlässt, zu tun?
Nur teilweise. Es ist das Grundkonzept des Albums: Dein Weg, dein Weg in der Musik und dein physischer, geographischer Weg, wenn du herumreist. Außerdem gehe ich gerne laufen, da kommt auch viel Freiraum im Kopf her.

Du hast all deine Vocals selbst eingesungen. An wem orientierst du dich gesanglich?
Thom Yorke ist offensichtlich mein größter Einfluss, was den Gesang angeht. Er ist tatsächlich ein sehr guter Sänger. Aber ich denke nicht zu viel darüber nach. Wenn ich schreibe, dann schreibe ich exakt, was ich denke und fühle. Nicht wie die Writer, die die Lyrics und die Musik gleichzeitig aufnehmen. Ich denke an nichts anderes und an nichts, was ich vorher gehört habe. Ich kenne viele Sänger, die viel mehr Musik hören. Also denke ich, meine Einflüsse im gesanglichen sind sehr mittig. Ich habe keine tiefe Stimme und wenn ich singe, fühlt es sich einfach natürlicher an, es eine Oktave höher zu tun. So ist meine Stimme einfach.

Wenn du unterwegs bist, erkennen dich die Leute auf der Straße?
Manchmal schon, besonders in Berlin. Meistens, wenn meine Freundin dabei ist, dann erkennen mich die Leute am Häufigsten. Ich weiß nicht, wieso. Sie ist dann immer sauer und ich kann nur sagen, dass das normalerweise nicht passiert. [lacht]

Stehst du deinen Fans sehr nahe und pflegst die Kommunikation?
Ja, auf eine gewisse Art schon. Ich betreibe meine ganzen Social Media Kanäle selbst, also kommuniziere ich selbst. Das ist der beste Weg, mit deinen Fans zu reden. Wenn das jemand anderes machen würde, wäre das sehr seltsam. Ich denke es gibt eine Zeit, zu der man so groß wird, dass man Leute braucht, die das für einen machen. Aber das bin ich nicht. Ich bin kein großer Social-Media-Typ, also nicht die Person, die alles teilt.

Anzeige

Ja, auf deinem Twitter- und Facebook-Account habe ich gemerkt, dass du keiner dieser Musiker bist, die alle 30 Minuten ein Meme posten.
Es gibt keinen Grund dafür. Manche Menschen brauchen so etwas, weil es für sie so funktioniert. Aber ich finde, dass man es so machen sollte, wie es für einen natürlich ist. Wenn eine Person das Reden wirklich liebt, dann ist es für diese Person toll, dauernd etwas zu posten. Aber wenn du die Art von Person bist, der es nicht so vorkommt, als müsste man etwas sagen, wenn man nichts zu sagen hat, dann kommt es nicht natürlich rüber, wenn man dauernd etwas postet.

Zurück zu den vielen Gigs von dir: Ist dieser vollgepackte Lifestyle der Grund, warum du dir frei genommen hast, um dein Album zu produzieren?
Ja, na klar. Nächstes Jahr nehme ich mir wieder frei. Dann geht es wieder los.

Also kriegen wir dann noch ein Album?
Nein, es geht nur darum, Musik zu schreiben und alles neu einzuschätzen. Es fühlt sich natürlich an, Musik zu schreiben, aber lass uns abwarten. Es ist auch sehr wichtig, Freizeit zu haben. Den Dingen den Stress zu nehmen und eine Zeit lang nicht unterwegs zu sein.

Könntest du dir vorstellen, den Rest deines Lebens in derselben Stadt zu leben?
Vermutlich schon, ich bin flexibel. Es kommt auf die Stadt an, wo du herkommst. Es gibt so viel, was die Zukunft angeht. Ich würde gerne eine Weile in Irland leben, aber das Wetter ist immer schlecht. Die Leute sind dafür der Wahnsinn, das ist sehr kompliziert. Ich genieße es wirklich, dass ich so viel reisen kann. Ich kann jede Menge Menschen besuchen. Ich bin mir nicht sicher, wo genau ich leben möchte. Einfach nur da, wo die Leute sind, die mir am Nähesten stehen. Ich weiß nicht, was in 10 Jahren sein wird. Hoffentlich arbeite ich nicht bei ALDI oder in einem Irish Pub. Hoffentlich mache ich immer noch Musik und genieße es.

Anzeige

Das hoffen wir auch. Vielen Dank.

Trails von Mano Le Tough erscheint am 30. Oktober bei Permanent Vacation, hier kannst du das Album bestellen.

**

Folge Vincent Bittner bei Twitter.

Fotos: Halea Isabelle Kala