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Mixes of The World: Jon Hester

Hört hier den Mix aus House und Techno von Jon Hester.

Foto: Cosmin Nicolae

Das ist selbst für unsere Verhältnisse ein außergewöhnlicher Sprung, denn für die Serie „Mixes of The World" zieht es uns heute von der schwäbischen Kleinstadt Ulm in den 32. Bundesstaat der USA, nach Minnesota—genauer gesagt nach Minneapolis. Auch wenn der ausgebildete Musiker Jon Hester aktuell in Berlin wohnt, war es vor allem seine Jugend in Chicago und das jahrelange Engagement in der Szene von Minneapolis, die ihn zum umtriebigen Musik-Enthusiasten gemacht haben—angefangen bei der Organisation von Partys über die Arbeit im Plattenladen und dem tänzerischen Selbststudium bis hin zu den Tätigkeiten seines Labels EDEC Music Outlet.

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Dort erschien 2011 auch eine seiner zwei Label-eigenen EPs unter anderem mit Remixes von DVS1, einem der bekanntesten Vertreter der Szene in Minneapolis. In den letzten Jahren ist es aber keineswegs ruhig um den Musik-Nerd geworden: Mit „Liquid Reflections" erschien in diesem Jahr ein neuer Track von Hester, den ihr sogar in unserem Mix hören könnt. Ohnehin beweist seine Track-Auswahl—jenseits von einem bestimmten Sound—eine erstaunlich spannende Bandbreite. Und hier enden seine Talente noch nicht. Während bereits unsere US-Kollegen Interesse an seinen Tanzkursen in Berlin zeigten, könnte ihr einige seiner Skills unter anderem im Video „Ghetto Kraviz" von Nina Kraviz begutachten. Ladies & Gentlemen, Mr. Jon Hester!

THUMP: Stell dich doch bitte kurz vor. 
Jon Hester: Hi, mein Name ist Jon Hester. Während mich das Radio und die Clubs in Chicago für House Music begeisterten, kam ich 1996 durch einen Ausflug nach London mit Techno in Berührung. Im Jahr 2000 bin ich dann nach Minneapolis umgezogen und sah mich umgeben von talentierten Freunden, die eine Leidenschaft für Underground House und Techno haben. Ich habe auf Raves und in Clubs getanzt und kam immer mehr zum Auflegen. Ein paar Jahre später organisierte ich bereits meine eigenen Events, hatte zahlreiche Residencies, arbeitete in einem Plattenladen und begann, meine eigene Musik zu produzieren. Aktuell lebe ich in Berlin, wo ich immer noch tanze, auflege, Tracks mache und auch das Label EDEC mit Andreū betreibe.

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Detroit und Chicago sind die geschichtsträchtigeren Zentren, dabei präsentiert sich die Szene in Minneapolis mit Künstlern wie DVS1 oder Dustin Zahn seit Jahren äußerst vital und stark. Was macht den Mittleren Westen so besonders? ​
Der Mittlere Westen der USA ist eine Brutstätte für Musik, die aus dem Rampenlicht rückt. Es gibt Industriestädte, raue Winter, graue Himmel, flache Landschaften, Lagerhallen, ein reichhaltiges musikalisches Erbe und an den Rand gedrängte kreative Menschen, die sich in dieser Umgebung mit Hilfe ihrer Musik ausdrücken. Die Szene in Minneapolis teilt einige Gemeinsamkeiten mit Chicago und Detroit, ist aber bei vielen nicht auf dem Radar. Ich denke, dadurch hat die Dance Music von Minneapolis ein größeres Spektrum an Kreativität, frei von Erwartungen, einen bestimmten Sound abzuliefern, der spezifisch für die Stadt steht. Eine weitere Besonderheit des Mittleren Westens sind die riesigen Lautsprecherwände bei den Partys.

In Anlehnung an das Essay von Seth Troxler—glaubst du, dass er Aufstieg von EDM die größte Gefahr für die Underground-Szene in den USA ist? Oder wie siehst du im Allgemeinen die Situation der jungen DJ-Generation? 
Ich glaube, EDM existiert neben Underground House und Techno. Sie erzielte kommerziellen Erfolg als kommodifizierte Pop-Musik für junge Amerikaner, weil sie gut in Festival-Slots, Werbung und Clubs, die bereits um 2 Uhr schließen, passt. EDM entstand nicht aus dem gleichen Ethos heraus wie House und Techno. Da ich ein Lied darüber singen kann, wie schwer es für House und Techno ist, in Amerika überhaupt am Leben zu bleiben, werden die geeigneten Venues und die richtige Menge an Zeit darüber entscheiden, wie viele Leute sich inspiriert fühlen, auch in der Zukunft einen Teil zu dieser Kultur beizutragen. Ich denke, die größte Herausforderung für House und Techno in Amerika ist, dass die Clubs, Events und Festivals diese Musik mit ihren eigenen Bestimmungen anerkennen, und ihr eine Chance zu geben, sie dafür zu genießen, wofür sie steht.

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Du bist ja nicht nur DJ, Produzent und Label-Betreiber, sondern gibst unter anderem auch Kurse für "House Dance Berlin". Was lernen deine Klassen eigentlich genau und ist es lediglich deine Passion oder glaubst du, die Tänzer in Berlin bräuchten mal ein bisschen Nachhilfe?   
Das Tanzen spielte für mich immer eine große Rolle, wenn ich weggegangen bin. Ich hatte zwar selbst keinen Unterricht, aber ich habe von anderen Tänzern auf den Partys gelernt. Street- und Club-Tänze sind soziale Tänze—sie geschehen also in erster Linie in sozialen Kontexten, außerhalb von Dance Studios. Der House Dance-Unterricht hat mit Clubgängern und Kollegen angefangen, die mich tanzen sahen und ein paar Schritte lernen wollten. Ich habe mich entschieden, das Unterrichten jenseits dieser ersten Sessions fortzuführen, denn ich denke, es dient einem größeren Zweck: den Tanz wieder in die Clubs zu bringen. Letztlich bringe ich Leuten ein paar Bewegungen bei, die sie anwenden können, wenn sie ausgehen.

Gibt es eine spezielle Idee zum Mix oder zur Trackauswahl? 
Ich wollte einen komprimierten und verdichteten Mix, der zweierlei miteinander verbindet: Dancefloor-Momente, die sich in einer ganzen Nacht ereignen können, und Elemente aus Neugier, Wärme, Groove, Energie und Emotionen. Für mich umfasst Techno und House viele verschiedene Sounds—es ist die Diversität und Dynamik, die sie spannend machen. Deswegen habe ich auch Tracks aus einem großen Spektrum an Ären, Städten, Szenen und Sounds ausgewählt—der rote Faden ist, dass sie mich zum Bewegen verleiten.

Was steht bei dir in naher Zukunft an? 
Ich arbeite in meinem Studio gerade an einem neuen Remix für EDEC und neuen Tracks, und unterrichte weiterhin House Dance in Berlin. Ich werde am 21. November mit Roman Lindau bei Mixed Munich Arts spielen und am 20. Dezember bin ich wieder zurück im Output in New York mit Anthony Parasole und Kyle Geiger. Weitere US-Gigs werden noch verkündet.

Tracklist:
01. Andrei Oid - Silence of the Lamps [Fullpanda]
02. STL - From a Distance [Smallville]
03. Jonas Kopp - Nikko [Torque]
04. Steve Rachmad - Thera 1.0 (Newly Assembled by Heiko Laux) [100% Pure]
05. Aiken - Restless (Juho Kusti Remix) [Semantica]
06. Blue Hour - Don't Speak [Blue Hour]
07. Timmy Regisford & Adam Rios - Movement [Restricted Tracks]
08. The Untouchables - Yeah C'mon [Strictly Rhythm]
09. Woo York - Ancient Light [Soma]
10. OCH - Whalesong [Trelik]
11. Robert Hood - And Then We Planned Our Escape [Music Man]
12. Robert Hood - Untitled [Logistic]
13. Jeff Mills - Automatic [Purpose Maker]
14. Michel De Hey vs Grooveyard - Compound [EC]
15. Kat Williams - That Track by Kat [Shadowprint]
16. Edit Select - Distant [Prologue]
17. Shifted - Untitled B2 [Avian]
18. UVB - Mixtion [Mord]
19. Scotti Deep - Brooklyn Beats [Accor]
20. Marco Carola - This Is Code Red [Code Red]
21. Icarus - Round Midnight [Jericho]
22. Roman Flugel - The Odd Lobster [Ostgut Ton]
23. Petter B - Drummer II [BOND]
24. Patrick Chardronnet - Aim [Audiomatique]
25. Brooks Mosher - Get Ready (Fred P. Reshape) [Release Sustain]
26. Jon Hester - Liquid Reflections [L.A.G.]
27. Levon Vincent - Impression of a Rainstorm [Novel Sound]

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