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Festivals

Die Mutter meiner Freundin ist 61 und war das erste Mal auf einem EDM-Festival

Aufblasbare Delfine und Grasgeruch konnten sie nicht abschrecken.
All photos courtesy of Diane

Letztes Wochenende sind meine Freundin und ich nach Montreal zum MUTEK gefahren. Das Festival für elektronische Musik und digitale Künste, das seit geraumer Zeit für sein sorgsam kuratiertes und diverses Programm bekannt ist. Das Line-up beinhaltete aufstrebende und wegweisende kanadische und internationale Künstler und wir haben Sets von Tim Hecker, Machinedrum, Project Pablo und anderen in verschiedenen Venues draußen wie drinnen gesehen.

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So schön es auch war, so weit entfernt war es auch von dem einzigen anderen mehrtägigen Musikevent in Kanada, das am ersten Juni-Wochenende stattfand: Eine Provinz weiter und ein paarhundert Kilometer entfernt, war die Stadt Kitchener in Ontario (etwa eineinhalb Stunden vor Toronto) Gastgeber für das erste Ever After Music Festival, mit den EDM-Schwergewichten Skrillex, Zedd, Dillon Francis und Adventure Club als Headlinern.

Leider hatte ich keine freien Autoren in der überwiegend studentischen Stadt zur Hand, die über das Festival hätten berichten können, doch ein paar Tage vor dem Event hatte ich einen Geistesblitz:

Warum schicke ich nicht die Mutter meiner Freundin, Diane, hin?

Sicher, eine 61-jährige Frau, die hauptsächlich Klassik und Jazz hört, gehört vielleicht nicht zur Zielgruppe der Ever-After-Organisatoren, aber als Mitbegründerin einer Firma für High-End-Audioequipment weiß sie ein paar Dinge darüber, wie Musik live klingen sollte. Außerdem lebt sie nur eine kurze Taxifahrt vom Festivalgelände entfernt.

Ich schrieb ihr direkt eine Facebook-Nachricht und zu meiner großen Überraschung willigte sie ein. Ich besorgte ihr eine Akkreditierung für den Samstag und rief ein paar Tage später bei ihr an, um mich über die Ergebnisse meines kleinen sozialen Experiments zu erkundigen.

THUMP: Hallo Diane, erzähl mir von deinen Erfahrungen beim Ever After am Wochenende. Ich nehme an, das war das erste Mal, dass du bei einem Musikfestival dieser Art warst?
Diane: Ja, das war es. Wie du dir sicher vorstellen kannst, war ich auf einer Menge Musikfestivals, aber auf keinem wie diesem. Deswegen habe ich dir ein paar Fotos geschickt. Meine Erfahrung begann mit dem Einlass, wo wir abgetastet wurden. Dort hingen all diese Polizisten rum und taten nichts, also sagte ich zu ihnen: „Hey, ist es unangebracht, zu fragen, ob ich ein Foto mit euch machen kann?"

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Wie sah das Gelände aus?
Es fand auf den Bingemans Fairgrounds statt, die nach Jonas Bingeman benannt sind, einem örtlichen Lebensmittelmagnat, der in der Innenstadt von Kitchener ein Restaurant namens Kitchener Dairies hatte.

Ich wette, du warst die einzige Festivalbesucherin, die diese Geschichte kannte.
Bingemans war früher ein Park in den Außenbezirken der Stadt und jetzt bin ich schockiert, wie nah er ist. Er ist sehr schön. Es gibt einen großen Hügel und dort, wo das Festival war, gibt es eine Art Tal mit natürlicher Beckenform. Das war sehr schön für den Klang.

Was war dein Eindruck vom Publikum?
Es war wie eine Art Kirmes, alle haben getanzt. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass die Leute eher wegen der körperlichen Erfahrung anstatt des musikalischen Erlebnis' dort waren, aber sie haben bei allen Songs mitgesungen. Oft haben sie aufblasbare Dinge auf die Bühne geworfen, wie zum Beispiel einen Delfin, und ich fand ehrlich gesagt, dass das respektlos war.

Wie fandest du die Auftritte? Du hast gesagt, dass du Marshmello gesehen hast. Mochtest du sein Set?
Ich kann es nicht wirklich beschreiben, aber es gab eine rhythmische Koordination in der Musik und eine regelmäßige Wiederholung von Schemata. Ich habe erkannt, dass viel von der Musik [Referenzen an] beliebte Videospiele beinhaltete, oder liege ich da falsch?
Ich fand die Grafiken ziemlich uninspiriert. Ich habe nicht sonderlich viel von ihnen gehalten und ich weiß nicht, ob das so ist, weil ich die Populärkultur nicht gut kenne, aber ich wüsste auch nicht, wie das meine ästhetische Wertschätzung von Dingen beeinflussen sollte. Die Visuals von Marshmello waren ein bisschen extravaganter.

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Warst du vom Verhalten einiger Besucher schockiert?
Ich konnte Gras riechen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie sie es reingeschmuggelt haben, ich hätte mich das gar nicht getraut. Die Leute haben sich betrunken und waren high, aber sie waren brav, ob sie getrunken haben oder nicht.

Ist jemand auf dich zugekommen und hat sich gefragt, was du dort machst?
Ja, tatsächlich! [Lacht] Ein junger Mann hat sich mir von hinten in, du weißt schon, provokanter Weise genähert und dann habe ich mich umgedreht. Er fing an, zu lachen, und ich fing an, zu lachen; er dachte offensichtlich nicht, dass ich 61 bin, bevor er mein Gesicht sah. Dann sagte er: „Ich hoffe wirklich, dass Sie eine gute Zeit haben!", und ich sagte: „Das werde ich!", aber es war irgendwie ein komischer Moment.

Denkst du, dass du das Ever After deinen Freunden oder jemandem, der noch nie auf einem ähnlichen Festival war, empfehlen würdest?
Ich würde den Leuten definitiv empfehlen hinzugehen. Es gab auf dem Gelände viele Plätze, an denen man sich abseits der Hauptbühne aufhalten konnte, sowie schöne grüne Bereiche. Ich würde sagen, die Leute würden Spaß haben, so lange sie kein Problem mit Leuten haben, die Gras rauchen und ihre Tops ausziehen. Aber ist das nicht normal für Musikfestivals, dass die Leute irgendwie befreit sind? Ich denke, es ist toll, so etwas in der Stadt zu haben.

Letzte Frage: Würdest du dir jemals einen der Künstler, die du gesehen hast, zu Hause im eigenen Wohnzimmer anhören?
Wahrscheinlich nicht. [Lacht]

Danke Diane, ich melde mich, wenn ich im Sommer jemanden brauche, der für THUMP von Digital Dreams berichtet.

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