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Festival

So ist es, mit der 18-jährigen Tochter zu feiern

Nachdem sich der pubertär bedingte Dauerkonflikt daheim eingestellt hat, tut sich eine neue Möglichkeit auf: Zusammen feiern.
Die Rolltreppen-VIP Party I Alle Fotos vom Autor

Gestern hat uns die Tochter von Markus erklärt, wie es für sie ist, mit dem Papa fortzugehen. Heute werfen wir einen Blick auf seine Sicht der Dinge.

Papa sein ist grundsätzlich immer aufregend, Papa von einer Tochter zu sein noch viel mehr. Ich habe zwei Töchter. Ja, es ist schwer. Jedenfalls kommt irgendwann der Zeitpunkt, ab dem das Kind pubertiert, was für alle Beteiligten in der Familie furchtbar ist. Und logischerweise wollen diese Hormonbomben ab diesem Zeitpunkt auch ins Nachtleben eintauchen, was zuerst natürlich beunruhigend, irgendwann dann aber mal wurscht ist. Man will das ja alles nicht so genau wissen. Und plötzlich, nachdem sich der pubertär bedingte Dauerkonflikt daheim eingestellt hat, tut sich eine neue Möglichkeit auf: Zusammen feiern. So nach dem Motto „Papa und Tochter ziehen gemeinsam um die Häuser".

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Nope.

Auch wenn Mimi, meine Erstgeborene, nun schon 18 ist, seit ihrem 17. Geburtstag tüchtig Auto fährt, arbeitet und auf dem Weg ist, ein funktionierender Teil der Gesellschaft zu werden, ist es irgendwie seltsam, mit dem eigenen Kind das zu tun, was man seit Ewigkeiten mit Freunden, Partnern und Bekannten tut. Auch wenn es durchaus lustig und wichtig ist, mit Leuten einen draufzumachen, die gerade mal ein wenig älter sind, als das Töchterchen, ist es mit dem Nachwuchs nicht das Gleiche. Wir reden hier nicht von Familienfeiern in einem Lokal, gemeinsamen Kneipenbesuchen, dem Umtrunk beim Schwager/Onkel oder ähnlichen geschlossenen Angelegenheiten, sondern vom tatsächlichen Aufbrezeln-Vorglühen-Einenrauchen-Abstürzen-Abend. Nicht, dass wir es nicht probiert hätten. Besonders prägend war das eine Mal, als wir gemeinsam mit Arbeitskollegen von Mimi zuerst ein wenig Glühwein tankten, dann unterwegs noch beim erstbesten Supermarkt Dosenbier und Whiskey einkauften und schließlich beim legendären Rolltreppen-Opening landeten. Natürlich ist es lustig, klar habe ich mich blendend unterhalten (und hoffentlich auf ihre Gang nicht so gewirkt wie Jim's Dad). Aber zwischendurch denkt man sich dann schon: „Bin ich jetzt auf der Straße mit der Bierdose in der Hand wirklich ein Vorbild?" So wie damals, als wir die Clique, mit der sie zu ihrem ersten Novarock fahren wollte, zum Kennenlernen eingeladen hatten. Da gab es diesen „Papa, bitte!"-Moment: Ich habe ihren damaligen Freund (Schlagzeuger) im angeheiterten Zustand eine halbe Stunde lang mit den Besonderheiten von John Bonhams Drumstil vollgetextet. Über-peinlich.

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Papa lädt auch mal Freunde ein.

Natürlich weiß meine Tochter, dass ich kein Ministrant war und auch heute noch durchaus meine Frank-The-Tank-Momente habe. Auch die Haltung zum gelegentlichen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz haben wir schon vor Jahren bei ihrer ersten Teilnahme am Hanfwandertag erörtert, gefolgt von einer sehr umfassenden Drogenaufklärung. Jeder macht sein Ding, aber bitte nicht im Beisein des anderen, das ist der Deal. Dennoch will sich trotz toleranter und liberaler Haltung keine rechte Entspannung einstellen. Zu sehr bin ich dann noch in der Papa-Rolle, zwar nicht so sehr wie Steve Martin in Vater der Braut, aber doch. Ständig am Sprung, immer in Bereitschaft, das Kind vielleicht vor irgendwem oder irgendwas schützen zu müssen. Dass das Kind ohne meine Begleitung im Moshpit beim Nova Rock abgeht oder tagelang ziemlich breit in einem Zelt am Electric Love herumgammelt—und das ohne wachsamen Papa—ist in dem Fall ausgeblendet. Oder nehmen wir die Tatsache, dass sie sehr gut aussieht (aber nicht so GNTM-mäßig, dazu ist sie zu klein, zu klug und zu wenig affektiert), da gibt es natürlich genug Typen, die nur reden wollen. Schon klar, ich wollte ja in dem Alter auch immer nur reden. Man kann einfach nicht raus aus seiner Haut. Meine Mama, 67, fragt mich, 43, in einer größeren Runde auch heute noch, ob ich alle freundlich begrüßt habe.

Für das eigene Balg ist man immer im Gluckenmodus, ob man will oder nicht. Und das macht es wahnsinnig schwierig für mich, mit der eigenen Tochter fortzugehen. Denn da kann ich mich nicht gehen lassen, da habe ich keine Erwachsenen an der Seite, die für sich selbst verantwortlich sind. Denen man maximal noch lachend „Du Opfer!" nachschreit, wenn sie volltrunken über den Randstein stolpern. Hier komme ich mir vor wie der Aufpasser, der Anstandswauwau, der Oberlehrer, die Autoritätsperson, der Papa eben. Und das ist weder für mich, noch für meine Tochter cool.

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Dieser Artikel ist im Original auf Noisey Alps erschienen.