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Premiere

The Glitz sprachen mit uns über ihr neues Album ‚No Drama‘

Und sie haben uns einen exklusiven Track mitgebracht.

Es ist dir vielleicht nicht bewusst, aber die beiden Typen, die dir letztes Wochenende im Bretterbudenclub oder vielleicht in irgendeinem Fusionsommer die Party deines Lebens geliefert haben, heißen The Glitz. Zusammen und solo werkeln der Berliner Andreas Henneberg und Daniel Nitsch aus Rostock seit einer halben Ewigkeit im norddeutschen Techno-Underground, betreiben Labels, schießen zahllose Maxis raus und arbeiten quasi nonstop an ihrer Kultur. Auch wenn die Achse Rostock-Berlin permanent on fire ist, sind The Glitz erst nach acht Jahren reif für ihr richtig großes eigenes Ding: Morgen veröffentlichen sie ihr erstes Album No Drama auf ihrem Label Voltage Musique. Und auch wenn einige Features, Gastsänger und Downtempo-Nummern die Platte zu einem richtigen Top-Album machen, zelebrieren sie vor allem den Sound, mit dem sie wöchentlich Clubs ein- und Hände hochreissen.

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Kurz vor dem eigentlichen Release ließen die beiden ihre Fans, Crews und Freunde standesgemäß zur großen Releaseparty im Berliner Sisyphos antanzen. Bevor die Party startete, habe wir sie in einer Bar in Friedrichshain noch abgefangen und dazu genötigt, uns einen Albumtrack, den soft knarzenden House-Schunkler „Heutelieberja" exklusiv streamen zu lassen, bevor ihr morgen das ganze Album kaufen könnt. Lest hier unser exklusives Interview zum Album:

THUMP: Lasst uns nicht über Berlin reden. Was geht denn so in Rostock?
Daniel Nitsch: Du kannst ja zu Ostern vorbeikommen, da machen wir das Kommt-Zusammen-Festival. Ansonsten gibt es mittlerweile mehrere alternative Locations und in den letzten zehn Jahren ist eine ziemlich gute Techno-Szene gewachsen. Wir organisieren mit ein paar anderen Leuten jetzt das zwölfte Jahr das Kommt Zusammen, und versuchen da immer, die einzelnen Crews und Szenen zusammenzubringen. Da ist schon eine gute Dynamik, was man an ein paar neuen Acts der letzten Jahre sieht: Jan Oberlaender, Schlepp Geist, alle aus Rostock. Auch Christian Löffler ist von uns da oben. Und es wächst auch weiter – manchmal glaube ich, Techno ist die Hauptrichtung, die da stattfindet im Moment.

In eurem Teaser-Video zum Album hat der Sänger der Punkband Feine Sahne Fischfilet einen Auftritt. Ihr seid Freunde?
Daniel: Monchi, ja.
Andreas Henneberg: Wir haben auch einen Remix für die gemacht! Auf der Single-Auskopplung für ihr Album, wie hieß das Ding? „Für diese eine Nacht", genau, da ist ein The Glitz Remix auf dem Vinyl. Und die werden wahrscheinlich auch einen Remix für unser Album machen, ne?
Daniel: Im Oktober, ja.

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Die stehen ja dafür ein, den Kids in Mecklenburg-Vorpommern eine Alternative zu dem braunen Müll zu bieten, der die Jugend vereinnahmen will. Ist das auch für euch ein Auftrag? Nazis mit Techno wegbassen?
Daniel: Da unterscheiden wir uns ein bisschen, Andreas ist relativ neutral. Bei mir ist das schon so. Ich bin nicht in der Antifa, aber das Kommt Zusammen hat auch so einen Auftrag – da gibt es zum Beispiel Workshops wie: Monchi liest aus einem Verfassungsschutz-Bericht, oder weitere politische Bildung im Rahmen des Festivals. Das ist immer wieder ein wichtiges Thema bei uns oben, und dadurch kommt auch die Verbindung mit Feine Sahne. Die sind natürlich extremer engagiert als wir.

Man hört, ihr habt die „norddeutsche laidbackness" in euch. Wie kriegt man denn mit dieser Entspannung so viele Platten hin, macht so viele Labels, Festivals und anderen Kram?
Andreas: Wir sind vor allem ziemliche Workaholics. Und von 2000 bis 2010 waren wir damit vielleicht bis kurz vorm Burnout. Dann habe ich meinen 40-Stunden-Job gekündigt, Daniel hat sich von seiner großen Firma getrennt und seitdem haben wir einfach mehr Zeit, uns um unsere Sachen zu kümmern.
Daniel: Wenn man sich auf die Sachen konzentrieren kann, auf die man Bock hat, dann ist dieses Workaholic-Dasein auch gar nicht schlimm.
Andreas: Und wenn man es gewohnt ist, jeden Tag wie ein Schwein zu arbeiten, fällt es einem nicht schwer, trotzdem sieben Tage die Woche zu arbeiten.

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Nach all den Jahren hat es jetzt mit einem gemeinsamen Album geklappt - ein wichtiger Schritt?
Andreas: Ein riesiger Schritt, na klar! Aber erfahrungsgemäß passiert nach so einem Debütalbum erst mal gar nichts, ein halbes oder Dreivierteljahr. Irgendwann kommt es dann bei den Leuten an: Hey, da war ja ein total geiles Album, lass uns die buchen! Wir haben natürlich eine Albumtour, aber dieser Effekt, dass die Leute drauf aufmerksam werden, passiert erst später. Beim zweiten Album ist das glaube ich anders.

Ihr denkt jetzt schon an das zweite Album?
Andreas: Ist doch ein schönes Medium!
Daniel: Aber bloß kein Druck.
Andreas: Ein Album hat ja eine Wertigkeit wie eine Single vor zehn Jahren. Du musst ein Album machen heutzutage. Wir haben es seit 2007 geschafft, keines zu machen. Aber wir lassen uns Zeit, No Drama hat auch über zwei Jahre gedauert.

Wieso habt ihr euch so lange gedrückt?
Daniel: Wir waren erst mal heiß, Singles und EPs zu machen und uns auszutoben. Irgendwann merkst du, dass da so ein Raum ist, den du dir mit einem Album erschaffen kannst, in dem du ganz viele andere Sachen ausprobieren kannst.
Andreas: Mit einer Single geht das nicht, die Single muss klingen wie du klingst. Und wenn du Bock hast, auch mal eine langsame Nummer zu machen, die überhaupt nicht zu dem passt, was du spielst und was die Leute von dir erwarten, kannst du die nur auf ein Album packen.

Warum No Drama?****
*Andreas:* Das passt einfach ganz gut zu uns. Wir sind beide vom Typ her relativ unterschiedliche Menschen. Musikalisch verstehen wir uns hervorragend, aber Daniel ernährt sich vegan, ich esse für mein Leben gern Fleisch, auf solche Kleinigkeiten muss man sich einstimmen, damit man das ganze Ding möglichst ohne Drama hinbekommt. Das ist einfach eine Lebenseinstellung.
Daniel: Es gibt ja genug Drama da draußen und Leute die Stress machen. Wir sind entspannt, und wenn was nicht passt, dann versuchen wir das zu lösen und schaffen uns unser eigenes Universum.

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Was macht euren Sound aus?
Andreas: Wenn wir zusammen ins Studio gehen, dann wollen wir Musik machen, die einen positiven Vibe hat. Selbst wenn der Song nicht happy klingt, hat er trotzdem eine positive Grundstimmung. Das ist extrem wichtig, so wie die Funktionalität auf dem Dancefloor. Was wir veröffentlichen, wollen wir auch spielen.
Daniel: Wenn es um musikalische Wurzeln geht, dann erkennen uns die Leute auf dem Album auf jeden Fall wieder - bei mir ist das HipHop, Big Beat oder Triphop. Und der straightere Ansatz mit schönen, sauber produzierten Synthies und fetten Basslines, das ist typisch Andreas. Das fügt sich ziemlich gut zusammen.

Ich finde, eure Tracks pendeln oft zwischen cool und ein bisschen albern. Findet ihr das schlimm?
Andreas: Also von der Albernheit distanzieren wir uns glaube ich schon. Gute Laune, klar - wenn wir auf der Bühne stehen, dann feiern wir auch wie die Schweine.
Daniel: Aber Trompeten und Konfetti, das ist nicht so unseres. Vielleicht eher funky mit Spaß, das gab's ja in den 70ern auch schon, ich sage einfach mal wie bei Earth, Wind & Fire: ernsthafte, aber funky-coole Musik, ohne bierernst da rumzustehen.

Gibt es Stücke auf dem Album, die euch besonders wichtig sind?
Andreas: Es sind teilweise Titel dabei, die haben wir schon vor über zwei Jahren produziert. Weil wir nicht so oft zusammen ins Studio kommen, hat sich das so lange gezogen. Wir spielen die quasi seit zwei Jahren in unterschiedlichen Varianten und bauen immer weiter dran rum und verändern sie. Dass die endlich rauskommen, ist extrem wichtig. Und natürlich die Stücke, in die man die meiste Arbeit reingesteckt hat, auch wenn es vielleicht nicht die besten sind.

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Wie „Yes Karma" mit dem klassischen Pianisten Johann Blanchard?
Andreas: Das sind komplett andere Ansprüche, das sind Welten. Alleine der Klang und wie man das Piano mit den Mikrofonen abnimmt und später mischt. Wenn er eine Note nicht so ganz sauber gespielt hat, mussten wir ihn davon überzeugen, dass das kein Fehler ist, sondern einen coolen Effekt hat.
Daniel: Er hat aber mittlerweile Blut geleckt und gesagt, er holt sich selbst Ableton!

Bitte gebt uns eine Bestandsaufnahme von Techno und House 2015.
Andreas: Dieser Deep-House-Hype ist Gott sei Dank langsam vorbei. Da waren wir nie zuhause, aber das ging mir schon ganz schön auf den Sack. Kann auch keiner mehr hören. Es passiert aber ansonsten wahnsinnig viel, gerade in Berlin. Ich bin geborener Berliner und kenne die Szene seit Mitte der 90er. Dadurch, dass so viel Business hier passiert, so viele Musiker und Talente und Kreative hier sind, fällt mir auf, dass alle die Ellenbogen ausfahren. Das ist auch eine Art Selbstschutz und die Arroganz ist für Berlin leider gerechtfertigt, aber es ist mir zu unentspannt und einfach viel zu cool.
Daniel: In 2015 wird finde ich alles wieder ein bisschen rougher und ehrlicher, was mir persönlich auch für mein Soloprojekt gut passt. Gerade in den englischen Sachen wird es auch wieder gebrochener, nicht immer nur durchgängig 4/4-Takt, sondern du hörst auch HipHop-Elemente oder Breakbeat-Anleihen. Das macht es unheimlich frisch und prägt auch den Spirit von unseren Sets.

Hört hier exklusiv vorab den Track „„Heutelieberja" von The Glitz aus ihrem Debütalbum No Drama:

Hier könnt ihr das Album vorbestellen.

Release Dates:

Vinyl: 20.03.2015
CD:23.03.2015
Digital: 26.03.2015