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GHB und dein gefährliches Halbwissen

Graffitientferner als eine Droge zu benutzen, ist wie Pommes ohne Kartoffel—es macht keinen Sinn. In unserer dritten RauschGIFT-Folge zeigen wir, was die Droge mit dir macht.

In der dritten Folge unserer Reihe RauschGIFT geht es um Folgendes:

G, Liquid Ecstasy, Date Rape Drug, Pipette, Spritze, Junkie, Krankenwagen, Opfer, Ficken, kein Alkohol, zu viel Alkohol, abkacken, abgehen, 2 Stunden, 3 Stunden, 1,5 ml, 1,8 ml, Afterhour, Graffitientferner, Tod.

Zuerst die Fakten: GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure und deren Salz Gamma-Hydroxybutyrat) ist ein Botenstoff, der im Gehirn unter anderem das Wachstum regelt, deswegen wurde GHB früher auch gerne mal als Dopingmittel eingesetzt. In der Medizin fand GHB seinen Platz in der Bekämpfung von Depressionen oder als Narkotikum, paradoxerweise auch in der Suchtmedizin als Wundermittel gegen Alkoholsucht. Die schwere Dosierung und die teilweise unberechenbare Wechselwirkung mit anderen Drogen/Medikamenten ließ das Zeug aus den Medizinschränkchen verschwinden.

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GBL (Gamma-Butyro-1,4-Lacton) ist im Endeffekt das gleiche Zeug wie GHB nur auf synthetischer Basis hergestellt. GBL wird im Körper zu GHB umgewandelt und ist bei gleicher Dosierung stärker und damit auch beim Konsumenten beliebter. Außerdem ist das Zeug ätzend und sorgt gerne mal für Lochzungen und angeätzte Backentaschen. Darüber hinaus ist GBL ein gutes Reinigungsmittel und der beste Graffitientferner, den es wohl so gibt.

GHB/GBL hat nichts mit Ecstasy, LSD oder MDMA zu tun—es heißt nur so ähnlich und wird in ähnlichen Behältern wie z.B. LSD (Apothekerfläschchen) transportiert und auch gerne mit selbigen verwechselt, auch wenn die Turns sich komplett voneinander unterscheiden.

Die Punker, von denen ich früher mein Gras gekauft habe, haben schon Mitte der 90er vom Systemfick durch GHB schwadroniert. Ich lernte es um die Jahrtausendwende kennen. Zu der Zeit knallten wir uns alles rein, was die Clubtoiletten hergaben. Der Preis bestimmte den Turn und der kam schnell und heftig … Irgendwie wurde es warm, mollig, auf der anderen Seite aber auch optisch und anturnend—und nach circa 1,5 Stunden war alles vorbei. Ich lernte es auf einer Afterhour kennen, auf der drei Männer damit beschäftigt waren, einen Typen festzuhalten, der komplett am Abdrehen war. Immerhin hatte er sich mit Edding auf die Arme gemalt, was er genommen hat und wann. Mehrere Uhrzeiten mit Milliliterangaben, die meisten wieder durchgestrichen … This was so Börlin!!!

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In den Jahren darauf häufte sich dieses Bild. Egal, ob im Club, auf Festivals oder auf Afterhour—irgendwann drehte immer irgendeiner irgendwie ab. Ob das am GHB lag, sei mal dahin gestellt. Aber die Typen, für die ich einen Krankenwagen rufen musste oder die mir zitternd von ihrer Abhängigkeit erzählten, waren alle auf Gee (engl. G). Und die Einschläge kamen näher, als mir Bekannte davon erzählten, wie Typen total angegeilt vom GHB mit Ständer in der Hose versuchten, Mädels klarzumachen.

Man bekam das Zeug literweise im Internet (zur der Zeit gab es diverse Vertriebe im europäischen Ausland, die das Zeug per Internet verkauften, das änderte sich in den späten 2000ern, als GHB als Date Rape Drug durch die Medien ging) hintergeschmissen und das Risiko, deswegen in Knast zu wandern, war für jeden halbwegs drogenaffinen Googler als gering einzuschätzen (damals war es halt noch legal, es im Internet zu bestellen).

Auf einmal gab es Zeug, das besser knallte als Koks und weniger gekostet hat als ein Sterni im Späti.

Alle waren es so satt. Die wilden 90er des Technos lagen hinter einem. Berlin wurde mal wieder hip und Drogen auf illegalen Partys nur noch hipper. Und so wurde ziemlich schnell aus der Sucht nach Freiheit die Sucht nach dem Konsum. Mehr feiern, mehr nehmen. Die Businesshippies schmissen sich Glitter in die Fresse und nannten es Techno … Die Orte, die für uns—oder besser gesagt für mich—Kathedralen des Hedonismus sein sollten, waren im Endeffekt auch nur besser dekorierte Kottis. Die Musik rückte in den Hintergrund. Die Musik wurde belanglos, und weil sie so belanglos war, nannte sie sich auch noch minimal. Minimale Emotionen, minimale Party—GHB hat sein Publikum gefunden.

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Für mich hatte diese Droge immer weniger mit Party zu tun. Eine Droge, die Milliliter genau dosiert werden muss, mit Spritzen und Pipetten, auf dunklen Clubtoiletten, bei der die Dosierung abhängig von der Wechselwirkung mit anderen Mitteln ist, gehört vielleicht ins Labor, aber nicht auf eine Party.

Man kann es wenden und drehen, wie man will. Drogen sind nicht zum Spielen da. GHB ist da besonders gefährlich, weil alleine das Handling schon extrem anspruchsvoll ist und die Wechselwirkung mit anderen Drogen wie Alkohol den Konsum unberechenbar macht. Vom Suchtfaktor mal nicht zu sprechen.

Und so sehr ich den Hedonismus pflege und auch liebe, mein persönliches Fazit zu GHB bleibt das Gleiche: Graffitientferner an sich ist schon mal schlecht—Graffitientferner als eine Droge zu benutzen, ist wie Pommes ohne Kartoffel—macht einfach mal keinen Sinn.

RauschGIFT: GHB findest du in der ZDFmediathek.

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