FYI.

This story is over 5 years old.

Interview

Warum wir alle sogar auf ein Mini-Berghain hereinfallen—die Erbauer im exklusiven Interview

„Es war wie ein Circle of Death der Ameisen: Wenn eine Ameise irgendwohin rennt, folgt ihr der Rest.“
Screenshot/Facebook/Rens Morse

Nur echt mit pixeligen Innenaufnahmen: das Mini-Berghain. Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP Niederlande erschienen.

Die Berghain-Mania hat am Wochenende einen neuen Höhepunkt erreicht: Wie wir gestern berichteten, gab es auf dem niederländischen Beyond-Festival in Liempde ein Mini-Berghain—inklusive echter Schlange und echter restriktiver Türpolitik. Auf ein peinliches Sven Marquardt-Double, wie neulich im Berghain-Simulator zu sehen, verzichtete man allerdings. Trotzdem ist sich Organisator Rens Morse rückblickend sicher, die wahrhaftige Berghain-Experience mit lediglich ein paar Absperrgittern, einem vermeintlichen Türsteher und einem Zelt reproduziert zu haben. Rens gehört zur Amsterdamer Organisation Bauhaus, die das sogenannte „Berghenk" errichtet hatte. Uns hat er verraten, was die wenigen Auserwählten drinnen erwartete, warum er im „Berghenk" den perfekten Trainingsplatz für das Berghain sieht, und was das alles mit Ameisen zu tun hat.

Anzeige

THUMP: Schlangestehen ist eine verdammte Scheißsache. Warum habt ihr gerade dieses Element des Berghains nachgeahmt?
Rens Morse: Wir hatten vom Beyond den Auftrag bekommen, einen richtigen Mindfuck zu kreieren. Und wenn es irgendwo eine Schlange gibt, dann wollen die Leute gleich selbst anstehen. Das Berghain ist ziemlich minimalistischer Club: Ist es wirklich so toll oder ist es so toll wegen seiner Schlange? Wir wollten genau diese Erfahrung, die Berghain-Experience, nachbilden und herausfinden, ob ein simples Zelt die gleiche Faszination entwickeln kann, nur weil du davor abgewiesen wirst.

Und es gab noch andere Vorteile: Einerseits musstest du dafür nicht extra nach Berlin fahren, andererseits konntest du deine Schlangestehskills trainieren. Wie musst du dich verhalten? Wie stellst du sicher, dass du nicht zu nervös wirst? Das Festival selbst war sehr ruhig und wir ziemlich weit hinten zwischen ein paar Bauwerken, aber für die Berghain-Experience nahmen die Besucherinnen trotzdem den Weg auf sich.

Das Mini-Berghain von innen: Hatte sich das Anstehen gelohnt?

Hat das Publikum verstanden, dass es sich um einen Witz handelte?
Die meisten haben es nicht kapiert. Manche mussten lachen, aber das musste wirklich nicht jeder. Ein paar Gäste waren sogar wütend, ein Mädchen war den Tränen nahe. Sie wollten doch alle nur kurz rein. Jemanden abzuweisen, den man eigentlich mochte, das war echt schwer. Zwei Jungs wurden fünf Mal abgewiesen. Beim sechsten Mal hatten sie plötzlich Trauringe an den Fingern.

Anzeige

Warum sind wir so sehr fasziniert davon, abgewiesen zu werden?
Was man nicht bekommen kann, begehrt man umso mehr. Eine Ablehnung ist niemals nett, aber wenn du wiederum von jemanden angenommen wirst, der sich hard-to-get gibt, dann fühlst du dich plötzlich gut. Wenn du so lange angestanden hast und reinkommst, ergibt es sich von selbst, was du drinnen machst. Ich meine ja nur: Wir haben sogar ein paar Leute reingelassen, aber was haben sie dort gesehen? Nichts. Vier Glühlampen leuchteten, es lief schrecklicher Techno und es war sauheiß. Dabei waren sie so stolz, reingelassen worden zu sein. Die Menschen sind wie Schafe. Du könntest sagen, es war wie ein Circle of Death der Ameisen: Wenn eine Ameise irgendwohin rennt, folgt ihr der Rest nach dem Motto: „Er wird schon wissen, was er da macht." Und dann laufen sie eben, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrechen. Also vielleicht sind Menschen doch eher wie Ameisen, nicht Schafe.

„Es war wie ein Circle of Death der Ameisen."

Irgendwelche Tipps für den walk of shame zurück?
Was du auf keinen Fall tun solltest, ist anfangen, zu diskutieren. Unsere doorbitch, ein zwanzigjähriger Typ, der das ganz ordentlich gemacht hat, wurde mehrmals gefragt, ob ihm seine Arbeit denn Spaß mache. Das macht überhaupt keinen Sinn. Wenn du es noch mal probieren solltest, erinnert man sich dann nur noch eher an dich. Nimm deine Niederlage einfach hin und geh. Und klar, den Berghain-Trick kennt nun wirklich jeder: Beim echten Berghain gehst du nach rechts weg, nicht nach links. So musst du nicht noch mal an der Schlange vorbei.

Bist du selbst schon ins Berghain gekommen?
Ich habe es sechsmal probiert und viermal geschafft—nicht der schlechteste Schnitt, oder?

**

Hier wirst du reingelassen: Folge THUMP auf Twitter, Instagram und unserer neuen Facebook-Seite.