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Was wurde eigentlich aus Broken Beat? Bei Eglo Records lebt es weiter!

Wir haben uns mit Alexander Nut über den allgegenwärtigen Einfluss Broken Beat unterhalten.

„Ein frischer Schwung an Broken Beat-Geschossen von zwei legendären Pionieren der britischen Musik."—Diese Beschreibung der neuen EP von Dego und Kaidi Tatham auf Eglo Records hat meine Aufmerksamkeit erregt. Der Begriff „Broken Beat" wird heutzutage nicht mehr so oft benutzt. Und Dego und Kaidi Tatham sind auch nicht die ersten Namen, die einem einfallen, wenn man über Underground-Pioniere spricht—was sie jedoch sollten. Ich habe mit dem Gründer von Eglo Records, Alexander Nut, über die Hintergründe dieser Veröffentlichung gesprochen—und natürlich über seine Erinnerungen an die Broken Beat-Szene. Er hat keinen Zweifel, welchen Einfluss sie auf die britische Musikwelt hatte.

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„Verglichen mit Drum'n'Bass oder Techno, die alle Leute weltweit bewegt haben, war Broken Beat eine ziemliche Nischenbewegung. Aber was die Frage betrifft, wie sehr Leute davon beeinflusst wurden, kann man sagen, dass Dego einen großen Einfluss für den Sound heutiger Musik hatte. Sowohl Hardcore und Drum'n'Bass als auch besonders das, was Leute als ‚Bass Music' bezeichnen, hat es sehr geprägt und vorangebracht."

Denkt er, dass das Erbe von Broken Beat in Bezug auf die britische Musikgeschichte nicht so gewürdigt wird, wie andere Genres? „Ich denke, dass Reinforced und Dego, später Bugz In The Attic einen weltweiten Eindruck hinterlassen haben. Das ist in der Musikgeschichte ein bisschen in Vergessenheit geraten. Es gibt zwar diese ‚Hardcore Continuum'-Debatte und solche Sachen, aber einige Dinge werden immer ausgelassen." Zusammen mit Mark ‚Mac' Clair bildete Dego das Duo 4hero. Das ist zwar nur eines der vielen Projekte, in die Dego in seiner Karriere involviert war. Aber das Projekt, das auf Broken Beat den meisten Einfluss hatte. Nut betont, dass er Degos Output über die Jahre immer verfolgt hat.

„Ich war definitiv immer ein großer Fan. Ich erinnere mich noch genau daran, als ich 4hero damals zum ersten Mal gehört habe. Ich war ungefähr 16. Ich weiß nicht, ob du dich an diese Chart-Show erinnerst, die es damals auf ITV gab? Ich habe sie aus dem Fernsehen aufgenommen! Ich hatte immer eine VHS parat, um Sachen aufzunehmen und wartete darauf, dass etwas Interessantes passierte. Ich wusste natürlich nicht, dass das Dego war. Ich wusste nur, dass es 4hero war. Zur selben Zeit hörte ich Sachen wie Goldie und Metalheadz und habe dann, was die Geschichte von Reinforced Records betrifft, zwei und zwei zusammengezählt."

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Die Diskografie von 4hero ist so breit gefächert wie die Musik, die sie beeinflusst hat. Auf der einen Seite gibt es Leute, die sich vor allem an ihre Hardcore-Hymnen erinnern—Tracks wie „Mr Kirk's Nightmare"—während andere die Wurzeln von Drum'n'Bass, wie wir ihn heute kennen, auf sie zurückführen. Reinforced Records spielte eine große Rolle dabei, dass Goldie später Metalheadz gegründet hat; er konnte in ihr Studio kommen und dort unter dem Namen Rufige Kru einen seiner ersten Tracks, „Darkrider", aufnehmen.

Wer sich das erste Album von 4hero, In Rough Territory, anhört und es mit ihrem dritten Album, Two Pages, vergleicht, sind die stilistischen Unterschiede wirklich enorm: das Erste ist ein bahnbrechendes Drum'n'Bass-Album, Letzteres ein für den Mercury Prize nominiertes Album, das den MOBO-Award gewonnen hat—und rückblickend mehr von Jazz als von allen anderen Genres beeinflusst war. Auch wenn man sich das soulige Down-Tempo-Stück „Another Day" (mit Jill Scott) und das rohe, basslastige „Combat Dance" anhört, wird die musikalische Bandbreite von 4hero deutlich.

Ihre Diskografie zeigt, wie offen für Experimente und neue Ideen sie zu dieser Zeit waren. Und wenn Broken Beat das verbindende musikalische Thema ist, dann ist die Unabhängigkeit von sonstigen Genregrenzen das, was den Unterschied macht. Das heißt jedoch nicht, dass die Ideen aus dem Nirgendwo kamen. Sie sind alle das Resultat musikalischer Einflüsse, die sich stark auf die Broken Beat-Szene ausgewirkt haben. „Es ist nicht so, dass Dego sich etwas angeschlossen hat, das schon existierte", sagt Alex Nut. „Er hat die Dinge immer wieder neu erfunden, sie gleichzeitig jedoch auch weiterentwickelt. Wenn du dir 4heros Alben in chronologischer Reihenfolge anhörst, dann machen sie ‚Sinn'. Wenn du dir aber nur das erste und das letzte anhörst, dann wirst du diese Entwicklung und die musikalische Fortführung nicht erkennen. Was mir schon immer an Musik gefällt, ist die Entwicklung und das musikalische Erbe. Den Fortschritt zu hören. Von Blues zu Jazz, von Disco zu Funk. Wenn du diese Musikstile schätzt, kannst du Teile davon auch in dieser Musik wiederfinden." Die Veröffentlichungen von Dego, IG Culture, Siji und Bugz In The Attic waren von der Idee bestimmt, sich nicht von Definitionen begrenzen zu lassen. Domu, mit richtigem Namen Dominic Stanton, war ebenfalls ein wesentlicher Teil dessen, was als Broken Beat bekannt wurde.

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In einem aufschlussreichen Interview mit RBMA merkt Domu an: „Ich hatte Glück, zu einer Zeit aktiv zu sein, in der Leute aus verschiedenen Richtungen aus ‚ihren' Genres ausbrachen, da es ihnen zu engstirnig wurde. Es gab Leute wie IG Culture, der so ein Acid-Jazz- und HipHop-Ding gemacht und mit Young Disciples gearbeitet hat. Es gab Phil Asher, der ein UK-House-Produzent war und seinen Pfad verlassen hat. Und es gab Marc und Dego, die ebenfalls ein bisschen von ihrem Weg abgekommen sind. Sie waren ‚Elder Statesmen'. Sie hatten alle große Plattendeals und wussten wie das Geschäft läuft—aber sie sprachen darüber, etwas anderes zu machen."

Der Begriff Broken Beat entstand dann wahrscheinlich aus einer merkwürdigen, kollektiven Frustration. Obwohl er ein Mittel zum Ausdruck für diese Künstler darstellte, war das nie eine Bezeichnung mit der wirklich viele der involvierten Leute zufrieden waren. „Es gab nichts Übergeordnetes, keinen Namen dafür", sagt Domu beharrlich. „Heutzutage nennt man es Broken Beat, aber zu der Zeit als es populär war—um 1998 und 1999—haben die Leute einfach Musik gemacht, ohne sich über Begriffe Gedanken zu machen. Du musstest von alleine rausfinden, was es ist."

Es scheint, als würde dieser Spirit durch Eglo Records weiterleben: Ein Label, das keine Angst davor hat, eine authentische Mischung an Musik, die diesem Spirit entspricht, rauszubringen. Nachdem ich mir viele der Veröffentlichungen angehört habe, sagte ich zu Alexander Nut, dass es sehr erfrischend war, zu sehen, dass ein einziges Independent-Label so viel unterschiedliche Musik veröffentlicht. Er sah das interessanterweise anders. „Ich denke nicht, dass unsere Veröffentlichungen so unglaublich unterschiedlich sind! Wenn wir traditionelle polnische Folkmusik veröffentlichen würden, würde ich vielleicht denken: ‚Verdammt, wir bewegen uns in eine andere Richtung!' Aber bis jetzt hatte ich dieses Gefühl nicht. Es geht mehr um die Idee von Entwicklung und Fortführung als um andere Dinge. Wenn du dich mit diesen unterschiedlichen Stilen und Klängen beschäftigt hast, weißt du sie alle zu schätzen. Mir erscheint das nicht wie ein großer Schritt—auch nicht für Eglo."

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Das ist ein sehr erfrischender Standpunkt. Wir sind so daran gewöhnt, dass Labels sich innerhalb bestimmter Genres bewegen und engstirnige Geschmäcker repräsentieren, dass es manchmal schwierig sein kann, das Ganze mit ein bisschen Abstand zu betrachten und die verschachtelten und organischen Verbindungen zu realisieren. Darauf angesprochen, wie Nut die Entwicklung von der Veröffentlichung eines derben FunkinEven-Tracks zu der Veröffentlichung eines Fatima-Tracks, der mit einer Liveband aufgenommen wurde, sieht, meint er: „Das geht auf die Idee des Broken Beat zurück. Es ist die gleiche Idee, mit der jemand wie Dego zuerst Acid-House und fünf Jahre später einen Track mit Roy Ayers gemacht hat! Ich versuche einfach zu vermeiden zu beschreiben, welche Musik wir veröffentlichen. Terminologien sind generationsabhängig, sie verändern sich immer wieder. Es ist alles in Bewegung."

Nut ist es wichtig hervorzuheben, dass das neuste Eglo-Release nicht als eine Art Wiederauferstehung gedacht ist. Dego betreibt schon länger sehr aktiv sein eigenes Label 2000black und Nut glaubt nicht, dass Broken Beat jemals wirklich verschwunden war. „Ich persönlich denke nicht, dass es irgendeinen Grund gibt, das als ein Comeback zu bezeichnen—oder die neuen Platten als eine Retrospektive zu betrachten. Es ist allgegenwärtig. Hör dir UK Funky an, besonders die großen Platten, die das Ganze in den Clubs losgetreten haben; ich denke wirklich, dass man dort Broken Beat heraushört. Besonders bei Produzenten wie Fuzzy Logic. Ich dachte zu dieser Zeit: ‚Wow, jemand hat eine wirklich neue und aufregende Broken Beat-Platte gemacht!'"

Das ist ein stichhaltiger Punkt. Broken Beat war nie weg. Es gibt immer noch Sachen wie Holy Roller von IG Culture und Dego und Kaidi sind so produktiv wie eh und je. Eine Platte von ihnen, die auf Eglo rauskommt ist kein Comeback—aber es könnte einigen Leuten, die die Geschichte von Broken Beat nicht kennen, die Augen und die Ohren öffnen. Und was Eglo betrifft? 2014 sind noch größere Projekte angesagt. Alben von Kirkis, Fatima und Shafiq von Sa-Ra sind für dieses Jahr geplant, ebenso wie neue Sachen von Floating Points. Scheint, als würde es ein gutes Jahr werden.

Dego & Kaidi, Dego And Kaidi EP, Eglo Records, 21. Januar 2014, Vinyl / MP3

Folgt Patrick Carnegy auf Twitter: @patrickcarnegy