Wie die Parteien sich für die Clubkultur einsetzen—der große THUMP-Check zur Berlin-Wahl
Die richtige Partei zu finden ist schwieriger als den passenden Club. Foto rechts: Imago.

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Berlin

Wie die Parteien sich für die Clubkultur einsetzen—der große THUMP-Check zur Berlin-Wahl

Drogenpolitik, Stadtentwicklung, Clubkultur und Berghain: Wir haben die Clubtauglichkeit von SPD, Grünen und Linke geprüft.

Was machst du sonntags für gewöhnlich? Deinen Rausch ausschlafen, auf einer Afterhour sein oder auf einem Open Air tanzen wahrscheinlich. Während du am kommenden Sonntag einer dieser Aktivitäten nachgehst, wird in Berlin mal wieder eine dieser lästigen Wahlen abgehalten. Zwischen all der Arbeit oder dem Prüfungsstress an der Uni, ist es auch wirklich schwierig, sich noch angemessen zu informieren. Um dir dabei zu helfen, haben wir die großen Parteien gebeten, zu ein paar Themen Stellung zu beziehen. Selbstredend konnten wir nicht alle Dimensionen der Politik dabei berücksichtigen. Daher wurden die Anfragen auf vier Themenblöcke beschränkt, die wir für unsere Leser als relevant erachten: Clubkultur, Stadtentwicklung, Drogenpolitik und Berghain. Wohin entwickeln sich die Clubs und was planen die Parteien diesbezüglich? Musst du bald am Stadtrand wohnen und weite Wege auf dich nehmen, um in deine Lieblingsclubs zu fahren? Werden deine Lieblingsclubs überhaupt noch bestehen bleiben oder von wütenden Anwohnern aufgrund von Lärmschutzbeschwerden geschlossen? Wird die Drogenpolitik bleiben wie sie ist? Und was ist eigentlich mit dem Berghain? Fragen über Fragen. Falls du deine Wahlentscheidung von einem dieser Faktoren abhängig machst, wird dir unser großer Parteiencheck helfen. Wir beginnen im ersten von zwei Teilen mit den Positionen der SPD, der Grünen und der Linken. Morgen gibt es dann den zweiten Teil mit CDU, FDP und AfD.

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Clubkultur

THUMP: Die Berliner Clubs und Clubkultur prägen die Außenwahrnehmung der Stadt maßgeblich mit und sind zudem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Welche Bedeutung misst Ihre Partei der Szene bei und wie beurteilen Sie ihre aktuelle Lage?
SPD: Berlins Clubszene ist weltbekannt. Die Clubs sind Impulsgeber für Tourismus, für Stadtentwicklung, Fashion, Film und die Kultur- und Kreativwirtschaft. Viele Touristen kommen nach Berlin, weil man morgens ins Pergamonmuseum und abends in einen Club gehen kann.
Die SPD bekennt sich seit langem zur Bedeutung der Berliner Musikszene und Clublandschaft – sowohl als wirtschaftlicher, als auch als kultureller Wert. Mit dem Musicboard Berlin, mit der Förderung und engen Zusammenarbeit mit der Clubcommission, mit einer stärkeren Rolle der Kultur in der neuen Liegenschaftspolitik und mehr Geld für die Freie Szene im Berliner Haushalt hat sich die SPD an vielen Stellen dafür eingesetzt, diese Wertschätzung auch finanziell zu untermauern.

Grüne: Berlin ist international berühmt für seine Clubkultur. Auch sie steht für das Berlin, an das wir glauben: pulsierend und entspannt, Sehnsuchtsort für Millionen von Gästen aus aller Welt, reich an Kreativität und Leidenschaft. Für uns gehört die Clubkultur zur urbanen Vielfalt einer weltoffenen Metropole und sie ist nicht zuletzt bedeutender Wirtschaftsfaktor von dem bis zum Kiez-Späti viele profitieren.

Linke: Die große und vielfältige Clublandschaft Berlins ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, vor allem aber ist sie ein ganz wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in dieser Stadt. Die internationale Anziehungskraft Berlins basiert auch auf seiner bunten Clubszene, um die man uns in aller Welt beneidet. Wir müssen nun sicherstellen, dass die Lebendigkeit dieser Szene, die so maßgeblich zur Attraktivität unserer Stadt beiträgt, nicht der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins und der Aufwertung der Kieze zum Opfer fällt.

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Viele der Clubs sind durch Aufwertungsprozesse (etwa auf dem RAW-Gelände) in ihrer Existenz bedroht. Wie sehen sie diese Entwicklung? Welche Maßnahmen zur Förderung und Sicherung der Clubkultur wollen Sie durchsetzen?
SPD: Die Berliner Clubkultur war schon immer in einem ständigen Veränderungsprozess. Ja, es stimmt, die paradiesischen Zustände der 1990er Jahre sind vergangen. Das Clubkataster Berlin, das das Musicboard vergangenes Jahr entwickelt hat, zeigt, dass es eine Wanderung gibt, aber von einem Clubsterben keine Rede sein kann.

Das Clubkataster ist ein Instrument, um den Bestandsschutz, den Clubs gesetzlich genießen, bei Neubauvorhaben durchzusetzen. Bevor eine Genehmigung für ein Wohnhaus erteilt wird, müssen die Behörden nun überprüfen, ob es einen Club in der Nähe gibt. Ist dem so, müssen die Bauherren der Wohnhäuser so planen, dass es zu keinen Lärmkonflikten kommt.
Darüber hinaus engagiert sich das Musicboard Berlin zusammen mit der Clubcommission an zahlreichen Runden Tischen und Gesprächen, auch mit privaten Investoren, um die Clubkultur in die wachsende Stadt zu integrieren, z.B. auf dem RAW-Gelände.

Grüne: Diese Sorge teilen wir auch—daher steht in unserem Wahlprogramm sogar wörtlich: „Wir wollen Berlins lebendige Clubkultur erhalten, Standorte sichern und bei Konflikten mit Anwohnerinnen und Anwohnern für einen fairen Interessenausgleich sorgen. Bei Bauvorhaben neben Kultur- oder Clubstandorten sollen Investoren den Lärmschutz von Anfang an berücksichtigen."
Um die vorhandene Clubkultur auf dem RAW-Gelände zu sichern und vor Verdrängung zu schützen, setzen sich die Grünen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dafür ein, dass eine teure Wohnbebauung verhindert wird.
Grundsätzlich gilt: Auch bei anderen kleineren und sozialen Einrichtungen werden knappe Gewerberäume und steigende Mieten zum existenziellen Problem. Wir wollen lebendige Quartiere erhalten—etwa mit Maßnahmen gegen spekulativen Leerstand, der Einführung eines Gewerbemietspiegels und einer Gewerbemietpreisbremse.

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Linke: Das Wegbrechen von Freiräumen, in denen sich die Club- und Kulturszene bisher entwickeln konnte, erfordert politische Strategien zur Sicherung dieser Vielfalt. Dass diese Szene an den Stadtrand verdrängt wird und in den gentrifizierten Stadtteilen der Innenstadt nur noch durchkommerzialisierte Angebote bestehen können, ist derzeit eine reale Gefahr, aber kein Naturgesetz. Das kann und muss durch politisches Handeln verhindert werden. Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat deshalb schon früh in dieser Legislaturperiode einen Antrag zur Unterstützung der Clubkultur mit dem Titel „Offene Clubkultur stärken, soziokulturelle Vielfalt Berlins erhalten" gestellt (Drucksache 17/0429) und gemeinsam mit den Fraktionen der Grünen und Piraten weiter qualifiziert (Drucksache 17/1016-1). Die SPD- und CDU-Fraktion wollten dem nicht folgen und haben einen eigenen Änderungsantrag eingebracht, der bei Enthaltung der Opposition am 30. Mai 2013 unter dem Titel „Clubkultur in Berlin" beschlossen wurde. Die daraufhin vorgelegte Mitteilung zur Kenntnisnahme (Drucksache 17/1145) zeigte ganz deutlich das Unverständnis des Senats für die Problemlage, dringender Handlungsbedarf wurde bestritten. Wir fordern beispielsweise, dass bei herannahender Wohnbebauung die Bauherren selbst für ausreichenden Immissionsschutz Sorge tragen. Eine Lastenumkehr, also dass Bauherren die Kosten für aktive Lärmschutzmaßnahmen an Clubs insoweit tragen, als sie durch die geplante Baumaßnahme erforderlich werden, ist nach Möglichkeit rechtlich zu verankern.

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Stadtentwicklung

Im Wahlkampf wurde zuletzt die Genehmigung des viel diskutierten „Lollapalooza" Festivals von den Kandidaten Dustin Hoffmann (CDU, Treptow Nord) und Jacob Zellner (Bündnis 90/Die Grünen, Treptow-Köpenick) im Sinne der Anwohner und Anwohnerinnen kritisiert. Interessenkonflikte zwischen der Anwohnerschaft und Veranstaltern bzw. Betreibern sind nichts Neues in Berlin. Mehrere Clubs im Prenzlauer Berg mussten zum Beispiel schließen, weil sich Anwohner massiv über die Lautstärke beschwerten. Wie sollen derartige Konflikte in Zukunft generell geregelt werden?
SPD: Erfahrungsgemäß werden Lärmkonflikte dann am besten gelöst, wenn sie vor Ort im nachbarschaftlichen Austausch geklärt werden, bevor es zu einer juristischen Auseinandersetzung kommt. Wir begrüßen das Engagement der Clubcommission, Betreiber zu schulen und zu ermutigen, den Austausch zu suchen. Dies ist ein wichtiger Baustein hin zu mehr nachbarschaftlichen Lösungen.
Außerdem wollen wir dafür werben, dass sich die Verwaltung noch flächendeckender als Moderatorin sich androhender Konflikte versteht. Unser Ziel ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, solche Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu moderieren.

Grüne: Die Antwort auf die Frage zuvor gilt natürlich auch hier. Zusätzlich gilt: Lollapalooza ist ein tolles Festival und super für Berlin. Wir halten aber die gerade mit viel Geld hergerichtete Parkanlage nicht für den optimalen Ort, um ein großes Festival zu veranstalten. Das Problem ist, dass der Berliner Senat nicht ausreichend Alternativen zu dem Ort geprüft hat.

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Linke: Grundsätzlich gilt, dass der Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner gewährleistet werden muss. Außerhalb von Wohngebieten sind auch erhöhte Immissionswerte denkbar. Wo Anwohnerinnen und Anwohner betroffen sind, sollte gemeinsam nach Lösungen gesucht und sollten aktive wie passive Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden. Unterstützung für solche Maßnahmen könnte beispielsweise über die Wirtschaftsförderung des Landes zur Verfügung gestellt werden. Auch die Ausweisung von Sondergebieten, z.B. Kulturzonen, für Clubs in isolierter Lage, unterstützen wir.

**Mit dem vom Musicboard Berlin durchgeführten „Pop-Kultur" veranstaltet die Senatskanzlei ein eigenes Popmusik-Festival, gefördert mit rund 700.000 €. Dieses steht aktuell in der Kritik, einerseits weil hier die Politik in Konkurrenz mit der freien Wirtschaft trete, andererseits da *sich* zu wenige in Berlin lebende Künstler und Künstlerinnen im Programm befänden. Wie sehen Sie die Zukunft des Festivals?**
SPD: Das Festival „Pop-Kultur" ist kein kommerzielles Festival, das mit privaten Veranstaltern in Konkurrenz tritt. Es bietet ein sehr diverses Programm mit Konzerten, Talks, Lesungen und einem eigenen Nachwuchsprogramm, das zum größten Teil in der freien Wirtschaft nicht funktionieren würde. Etliche Produktionen werden eigens für das Festival erarbeitet.
Das Line-up war mit Berliner Künstlerinnen und Künstlern oder Acts besetzt, hinter denen Berliner Unternehmen stehen. Auch die Talente, die am Nachwuchsprogramm teilgenommen haben, waren zum größten Teil aus Berlin. Das „Pop-Kultur"-Festival feierte 2016 seine zweite Ausgabe. Es ist schon jetzt wichtiger Teil der Musikkultur und der Ansatz richtig. Die SPD will eine Fortführung dieser Berlinale der Musik.

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Grüne: Das Festival Pop-Kultur hatte eigentlich den Anspruch, Bands, Künstlerinnen und Künstler aus Berlin zu supporten. Das ist den Veranstaltern zuletzt immer weniger gelungen. Gleichzeitig gibt es in Berlin viele andere große Musikveranstaltungen und Festivals. Wir halten es grundsätzlich für sinnvoll, Geld für kleinere Events und Subkultur in den Kiezen einzusetzen und Geld in Tonstudios, Proberäume und Co. zu investieren, damit die Berliner Musikszene strukturell gefördert wird.

Linke: Grundsätzlich halten wir die Förderung von Musikveranstaltungen durch öffentliche Gelder für möglich. Sie sollte sich aber vor allem auf Aktivitäten konzentrieren, die aus eigener Kraft wirtschaftlich ansonsten nicht oder nur schwer umsetzbar wären. Wir halten es darüber hinaus für selbstverständlich, dass derartige Veranstaltungen in Kooperation mit Trägern aus der Musikszene und nicht in Eigenregie durch Verwaltungen organisiert werden sollten. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen halten wir es für erforderlich, zunächst die Erfahrungen des diesjährigen Festivals auszuwerten und davon ausgehend neu darüber zu befinden.

In diesem Jahr wurde das Zweckentfremdungsverbot erlassen, das das massenweise Anbieten von Berliner Wohnraum auf Plattformen wie „AirBnB" einschränkte. In Bezirken wie Kreuzberg schwelt zudem seit Jahren der Unmut gegenüber Touristen, die oftmals für ein „Party-Wochenende" nach Berlin kommen. Gleichzeitig wirbt Berlin weltweit als weltoffene Stadt für sich. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
SPD: Berlin boomt. Wir wachsen wie kaum eine andere Stadt Europas. Berlin zieht Menschen aus aller Welt an. Auf diese vielfältige und attraktive Metropole sind wir stolz. Damit das so bleibt, muss Berlin bezahlbar bleiben. Mit dem Zweckentfremdungsverbot wollen wir verhindern, dass in gefragten Wohngegenden zu viele Ferienwohnungen angeboten werden.
WGs sind von dem Zweckentfremdungsgesetz nicht betroffen, solange sie sich an die Vorgaben halten: Das Gesetz erlaubt es, dass unter 50 Prozent der Wohnfläche ohne Genehmigung legal untervermietet und auch als Übernachtungsmöglichkeit auf den verschiedenen Internetportalen angeboten werden dürfen und zwar auch dauerhaft.
Maßstab ist die Quadratmeterzahl: Mehr als die Hälfte der Wohnfläche muss selbst bewohnt bleiben, bei Küche und Bad wird von einer hälftigen Nutzung ausgegangen. Ebenso ist der Tausch von Wohnungen zu Urlaubszwecken weiterhin erlaubt.

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Grüne: Wir freuen uns über die vielen Gäste, die nach Berlin kommen. Daher setzen wir auf einen nachhaltigen Berlin-Tourismus, der sich für einen Interessenausgleich zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern, Gewerbetreibenden sowie Besucherinnen und Besuchern stark macht. Dafür möchten wir künftig touristisch stark beanspruchte Bezirke besser unterstützen. Weil wir in Berlin aktuell nicht genug Wohnungen zum Wohnen, aber viele Hostels und Hotels haben, ist es richtig, die Zweckentfremdung durch Ferienwohnungen einzudämmen und gleichzeitig die Ansiedlung von Hotels und Hostels durch einen Hotelentwicklungsplan besser zu steuern. Insgesamt sind wir der Meinung, dass Berlin endlich ein stadtverträgliches Tourismuskonzept braucht.

Linke: Berlin ist eine attraktive Stadt für Besucherinnen und Besucher aus dem In- und Ausland, der boomende Tourismus zählt zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen der Stadt. Für die Bewohnerinnen und Bewohner bringt er aber auch negative Begleiterscheinungen mit sich, die wir beschränken müssen: Die Zweckentfremdung von Wohnraum für die kommerzielle Vermietung als Ferienwohnungen muss verhindert werden und auch die Gewerbestruktur in den Innenstadtbezirken darf nicht ausschließlich touristisch orientiert sein. Ein breites Angebot an Restaurant, Bars und Kneipen ist schön und begrüßenswert, wir müssen aber eine monokulturelle Nutzung verhindern: Die Anwohnerinnen und Anwohner müssen auch in der Lage sein, in ihrem Kiez alltägliche Einkäufe zu erledigen und bei Bedarf z.B. eine Apotheke aufzusuchen. Eine „Ballermannisierung" droht nicht zuletzt jene Vielfalt der Kieze zu zerstören, die Berlin von vielen anderen Städten unterscheidet und die die Besucherinnen und Besucher unserer Stadt so sehr schätzen.

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Drogenpolitik

In Europa häufen sich die Berichte über immer höher konzentrierte Drogen wie z.B. Ecstasy. Das führt dazu, dass immer mehr Menschen gesundheitliche Schäden durch Überdosierungen erleiden. Da Berlin eine der zentralen Feiermetropolen des Kontinents ist, stellt sich auch hier die Frage: Welche Drogenpolitik ist für die Zukunft die adäquate?
SPD: Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Drogenpolitik liegt in der Prävention. Unter anderem wurden auf Drängen der SPD Sondermittel in Hinblick auf die Aufklärung zum Thema Cannabis im aktuellen Haushalt bereitgestellt, eine Diamorphinambulanz eröffnet und Maßnahmen der interkulturellen Öffnung der regionalen Suchthilfedienste gestärkt. Das neue Aktionsprogramm Gesundheit bietet zudem einen neuen präventionspolitischen Rahmen für dieses wichtige Themenfeld.
Seit längerem gibt es in der Berliner SPD eine Diskussion darüber, inwieweit Cannabis ähnlich wie Zigaretten als Genussmittel einzustufen ist und der Erwerb zu liberalisieren ist.
Bei einer Befragung unserer knapp 17.000 Mitglieder zum Wahlprogramm im vergangenen Herbst entschied sich eine knappe Mehrheit von 44 Prozent zu 43,2 Prozent gegen die Liberalisierung von Cannabis. Die Berliner SPD plant deshalb keine Initiative für eine Änderung des gegenwärtigen Rechtsrahmens für den Cannabis-Konsum.

Grüne: Wir wollen eine Reform der Drogenpolitik und setzen dabei auf Jugendschutz, Prävention, Hilfe, Schadensminderung und Entkriminalisierung. Durch die Förderung von Safer-Use-Maßnahmen wie zum Beispiel Spritzentausch kann zumindest ein Teil der Gesundheitsrisiken vermieden werden. Außerdem braucht es systematische präventive Aufklärung an Schulen und im Freizeitbereich durch mehr qualifiziertes Personal. Strafverfolgungsbehörden sind für eine zeitgemäße Suchtprävention ungeeignet. Wichtig ist uns auch eine gesellschaftliche Debatte über den mündigen Umgang mit Drogen.

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Linke: DIE LINKE steht für eine moderne, aufgeklärte und rationale Drogenpolitik. Die Strategie der Kriminalisierung und Repression des Drogenkonsums ist gescheitert: Sie schränkt den Konsum von Drogen nicht ein, sondern zwingt Konsumierende in die Illegalität und verhindert gerade dadurch eine wirkungsvolle Prävention und Aufklärung. Ein grundsätzliches Umdenken ist daher gefordert, um einen verantwortungsvollen Umgang mit Rauschmitteln sicherzustellen. Im Mittelpunkt müssen Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutz stehen. Berlin soll sich, etwa über den Bundesrat, auf Bundesebene, für eine regulierte Abgabe von Cannabis stark machen. Wir haben dafür zum Beispiel das Modell von Cannabis Social Clubs auf nichtkommerzieller Basis vorgeschlagen.

Viele Drogenberatungsstellen in Berlin wünschten sich in Gesprächen mit uns die Legalisierung des sogenannten Drug Checkings, also der Möglichkeit, mitgebrachte Drogen auf ihre einzelne Bestandteile testen zu lassen und so etwaige Verunreinigungen oder Überdosierungen erkennen zu können. In Deutschland entscheiden die Bundesländer selbst über die Zulassung. Wie sehen Sie diese Forderung?
SPD: Mobile Drogenprüfstände sind sinnvoll, weil dort Menschen beraten und Konsum womöglich verhindert werden kann. Das Land Berlin muss solche Einrichtungen jedoch nicht zwingend selbst betreiben. Denkbar ist auch eine Förderung von Projekten dieser Art.

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Grüne: Wir wollen Drugchecking, also dass Konsumentinnen und Konsumenten Drogen auf ihre Dosierung sowie giftige Bestandteile und andere Inhalte testen lassen können, ermöglichen und durch Beratungsangebote flankieren. Nur so können Konsumentinnen und Konsumenten, die Drogen sowieso nehmen, besser vor einer Überdosierung und anderen gesundheitlichen Gefahren geschützt werden. Außerdem erreichen wir mit Drugchecking auch die Konsumentinnen und Konsumenten, an denen die Angebote der Suchthilfe sonst vorbeigehen.

Linke: DIE LINKE. Berlin möchte ein Modellprojekt zur Durchführung von Drugchecking in Berlin starten, um die gesundheitlichen Gefahren für Konsumentinnen und Konsumenten zu verringern. Auch unter den geltenden bundesrechtlichen Vorgaben ist dies möglich. Für sinnvoll erachten wir außerdem die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Informationen für Clubbesucherinnen und -besucher vor Ort.

Berghain

Zu guter Letzt, 2009 landete das Berghain auf Platz 1 des jährlichen Club-Votings des „DJ Mag" und galt somit als „bester Club der Welt". Eine Entscheidung, die nicht unwesentlich zur Wahrnehmung Berlins beigetragen hat. Seit einigen Jahren befindet sich der Club allerdings nicht mal mehr in den Top10. Welche Maßnahmen planen Sie, um das zu ändern?
SPD: Wir werden künftig die Türsteher selbst stellen. Im Ernst: Das Berghain ist immer noch weltbekannt und begehrt. Abgesehen davon machen Politik oder Verwaltung keine Clubkultur, sie unterstützen sie bei Bedarf mit guten Rahmenbedingungen.
Und da sind wir für das Berghain ebenso ansprechbar wie für jeden anderen Club auch.

Grüne: Dafür, dass das Berghain 2004 in der heutigen Location öffnen konnte, haben wir als Grüne intensiv gekämpft: Der damalige Baustadtrat und spätere Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg Franz Schulz (Grüne) hat seinerzeit viele Hebel in Bewegung setzen müssen, damit das Berghain diesen Ort bekommen hat, nachdem es wegen Baumaßnahmen auf dem Gelände der heutigen Anschutz-Arena (Mercedes-Benz-Arena) verdrängt wurde. Dass das Berghain heute angeblich nicht mehr zu den besten Clubs der Welt gehört, könnte auch damit zu tun haben, dass in solchen Rankings auch immer wieder andere Clubs auftauchen müssen, damit diese Listen nicht zu langweilig werden. Denn eins ist klar: Natürlich gehört das Berghain, dessen Namen sich von dem Namen des Bezirks FriedrichsHAIN-KreuzBERG ableitet, nach wie vor zu den besten Clubs der Welt.

Linke: Wir gehen eigentlich davon aus, dass sich das Berghain am meisten darüber freuen würde, sich hierzu keine wohlmeinenden Ratschläge von Parteien anhören zu müssen. Im Übrigen hat Berlin ja auch eine ganze Reihe anderer Clubs, die sich nicht verstecken müssen.

Lies morgen den zweiten Teil unseres Parteienchecks, mit CDU, FDP und AfD.

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