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Alkohol

In britischen Flughafenpubs ist morgens Hochbetrieb

Britische Flughafenpubs existieren in einer seltsamen, kaum wahrnehmbaren Blase. Dort tickt die Uhr anders. Das gilt aber nicht für diejenige, die die Leute bedienen müssen, die sich noch vor ihrem Flug um 6 Uhr nach Costa Del Sol die Birne wegsaufen.

Im August haben Instagram-Fotos von Urlaubsvillen, Hotdog-Legs am Swimmingpool und ausländisches Bier Hochkonjunktur und natürlich die klassische britische Tradition, auf Facebook im Red Lion Pub am Nordterminal des Gatwick Airport einzuchecken. In meiner Facebook-Timeline sehe ich gerade drei identische Bilder von BrewDog-Bierflaschen mit blauem Etikett auf einem dreckigen, zu kleinen Tisch in der J D Whetherspoon-Filiale im Flughafen in Gatwick.

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Ich urteile ja gar nicht. Als ich letztes Jahr in Urlaub (nach, unter anderen kulturell äußerst interessanten Orten, Magaluf) flog, kippte ich ein Glas Coldwater Creek Pinot Grigio runter und postete einen Beweis meiner Wein-Schande um vier Uhr morgens auf Twitter. Ich sage Schande. Aber eigentlich war es mir scheißegal. 175ml Wein waren gar nichts im Vergleich zu den anderen Reisenden, auf deren klebrigen braunen Tischen sich die Gläser mit leuchtend rotem Koppaberg-Cider häuften und die sich volllaufen ließen, während sie ihr Full English in verschiedenen Beigetönen verputzten.

Ich habe schon um 8 Uhr früh italienischen Prosecco mit sechs viel zu aufgeregten Freundinnen getrunken, während wir uns über den üblen Kater unterhielten, den wir auf dem Weg zurück von Dublin haben würden. Ich habe gemerkt dass, wenn ich um 3 Uhr in der Nacht aufstehe, um mit dem Zug nach Gatwick zu fahren, ein Corned Beef-Sandwich und ein Glas Rotwein komische Auswirkungen auf mein Verdauungssystem haben.

Kürzlich habe ich ein 7-jähriges Kind gesehen, das ein großes Glas Weißwein durch den Außenbereich des Red Lion trug und von ihren Eltern mit „Halte das Glas oben. Genau so. Du machst das prima!" angefeuert wurde.

Für mich gehört das Glas Wein auf leeren Magen und die darauffolgende Hitzewallung in einem Anfall von Übelkeit genau so sehr zum Urlaub, wie 50 Euro für eine kleine Flasche Shampoo zu bezahlen oder mein jährlicher Kampf mit den Handgepäcksbestimmungen von EasyJet. Es läutet den Start in mein sonniges Abenteuer ein.

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Ich würde nicht unbedingt sagen, dass ich dort jemals ein Getränk genossen hätte—ich bin noch nicht so weit dem Alkoholismus verfallen, dass mir Alkohol vormittags wirklich schmecken würde—aber ich habe dort Geld liegen gelassen, kostbaren Platz an einem Tisch eingenommen, andere Kunden angestarrt und zwar nicht den Wein genossen, aber die Erfahrung, genau das zu tun, was die Gesellschaft (und meine Mutter) missbilligt: am Morgen trinken.

Das Red Lion, wurde letztes Jahr bei den Airport Food and Beverage Awards in Dubai als „Best Worldwide Airport Bar" ausgezeichnet. Denken wir einfach mal kurz über diese Verleihungszeremonie nach und darüber, wie sie wohl aussehen würde.

Mir macht es ja durchaus Spaß, so viel Alkohol, wie mein Magen aushält, runterzukippen, bevor ich dehydriert ins Flugzeug steige, in dem es durchschnittlich eine Toilette für 175 Personen gibt. Leider ist das nicht ganz so toll, wenn du dort arbeitest. Ein Angestellter vom Gatwick Airport, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte mir: „Ehrlich gesagt sind die Engländer wirklich die Schlimmsten. Es kommen sehr viele Gruppen von Junggesellenabschieden hierher und du würdest glauben, es wären die Jungs [die sich rüpelhaft benehmen], aber es sind die Frauen. Das hat mir wirklich die Augen geöffnet." Er wollte nicht näher darauf eingehen, aber ich kann mir schon vorstellen, was er durchgemacht haben muss, weil ich ja selbst schon eine dieser furchtbar lauten Idioten mit Rotweinfresse war. Ich wette, ich hatte ihm wahrscheinlich vor unserem Gespräch schon mindestens ein Mal den Tag versaut.

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Englisches Frühstück und ein Whiskey-Cola um vier Uhr morgens. Foto: Rhonda Oglesby via Flickr.

Mein neuer Freund fügte hinzu, dass im Red Lion Pub in den frühen Morgenstunden, während die meisten britischen Nicht-Urlauber noch in ihren Betten schlummern, am meisten los ist. Das liegt daran, dass die frühen Flüge Orte anfliegen, die beliebte Reiseziele der Junggesellenpartys sind. „Das Problem ist, dass viele Flüge am Morgen nach Malaga [für Marbella] und nach Palma [für Magaluf] gehen und deshalb trinken die Leute schon um 7 Uhr morgens.", erklärte der Angestellte (der für den Flughafen arbeitet, nicht für das Pub). „Die Jungs fliegen nach Amsterdam oder spät in der Nacht nach Ibiza. Die Leute können sich aber nicht zu sehr betrinken, weil wir sie ansonsten nicht ins Flugzeug steigen lassen. Kürzlich sah ich einen Typen, der echt übel aussah. Also ging ich zum Barpersonal und sagte, sie sollen der ganzen Gruppe nichts zu trinken geben."

„Das größte Problem sind die Minderjährigen", sagt er, während er auf einen der klebrigen Tische blickt. „Es kommen Typen hierher, die gerade die Schule abgeschlossen haben und jetzt einen Jungsurlaub oder eine dieser Sauftouren machen. Schlimmer noch sind die, die mit ihren Eltern unterwegs sind."

Wie bitte? „Ja. Es kommen Jungs an die Bar, die gerade mal 14 sind und wollen einen Drink bestellen. Die Eltern nervt es, aber du fragst: ‚Wo ist dein Ausweis?' Und sie sagen: ‚Meine Mama hat ihn.' Also sagen wir ihnen, dass wir das Getränk solange behalten, bis sie den Ausweis geholt haben. Sie können nicht behaupten, keinen Ausweis dabei zu haben. Du bist am Flughafen, du hast deinen Reisepass dabei. Die Eltern sind manchmal genervt, aber wenn du ihnen erklärst, dass du ansonsten eine Strafe bezahlen musst oder deinen Job verlierst, verstehen sie das meistens."

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Er merkte an, dass es keine Securitys von J D Whetherspoon gibt, aber dass es immer einen Flughafenangestellten gibt, der alles „im Auge behält". Als ich die 7-jährige Kellnerin erwähnte, die ich gesehen hatte, seufzte er. „Das ist nicht OK. Aber wir können nicht überall gleichzeitig sein."

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Guinness-Kreuzritter am Stansted Airport. Ziemlich sicher zu Tagesanbruch. Foto: Marco Chiesa via Flickr.

Trotz aller Bedenken sind die Öffnungszeiten auf diese spezielle Gruppe von Leuten ausgerichtet, die schon in den frühen Morgenstunden mit dem Trinken anfangen wollen (sind wir ehrlich, wenn du eine Mahlzeit willst, gibt es genügend Lokale, in denen du etwas Billigeres und Besseres kriegst). Im Sommer öffnet das Red Lion um 3 Uhr morgens und schließt nach dem letzten Flug, so zwischen 22:30 und 23:00 Uhr. Dadurch wird es zum einzigen Wetherspoons, in dem ich je war, in dem die Stimmung um 5 Uhr früh ausgelassener ist als um 10 Uhr abends, wenn die Lichter gedimmt werden („um den Stimmungswechsel zu reflektieren") und alle eher müde statt aufgeregt sind.

Natürlich gibt's immer noch eine letzte Chance für einen Drink, bevor du ins EasyJet-Flugzeug steigst und 8,50 Euro für einen Wodka mit einer Minidose Zitronenlimonade bezahlst. Als ich das letzt Mal durch das Nordterminal im Gatwick Airport ging, war das Flying Horse (die „Expressbar" zwischen Gate 101 und 113 und der kleine Ableger des Red Lion mit nur einer Kasse) gerammelt voll—jeder einzelne Tisch besetzt, um 5 Uhr früh. Für eine etwas verknitterte britische Frau, die an der Bar saß, hatte der Urlaub bereits begonnen—möglicherweise schon vor fünf Getränken. Sie erzählte der Managerin, eine müder wirkenden Frau, die ihrer neuen Freundin verständnisvoll zunickte: „Ich habe drei Jungs, aber ich wollte schon immer ein Mädchen. Vielleicht ist es jetzt schon zu spät, weißt du…" "

Bleib so wie du bist, Großbritannien. Bleib genau so.