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Feature

Zu Architektur tanzen? IMYRMIND zeigt dir endlich, wie das wirklich geht

Der Berliner DJ, Produzent und Architektur-Student hat uns den Sound einiger bekannter Gebäude verraten. Spoiler: Techno passt nicht immer.
Auf Ästhetik bedacht: IMYRMIND. Promofoto

"Über Musik zu reden ist wie zu Architektur zu tanzen." Dieses Zitat, wahlweise Frank Zappa oder Steve Martin zugeschrieben, will sagen: Es ist unsinnig, über Musik zu reden oder zu schreiben. Eben wie zu Architektur zu tanzen.

Der Berliner DJ und Produzent IMYRMIND (Aussprache: I'm Your Mind) beweist dir, dass Letzteres sehr wohl geht – wenn die Musik passt. Seine fachliche Eignung in Sachen Bau-Ästhetik hat der 29-jährige Berliner durch sein Architektur-Studium an der TU Berlin erlangt. Musikalisch hat er auch schon einiges vorzuweisen. Zum Beispiel EPs auf Tartelet, Odd Socks und Money Sex Records, wo mit Uniwersum Luxus dieser Tage sein erstes Album erscheinen wird. Dabei beweist er, dass er mit seinen Homies Glenn Astro und Max Graef locker mithalten kann.

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Für THUMP hat IMYRMIND sein Interesse für Architektur mit seiner Passion für Musik kombiniert und sich gefragt: Welcher Track ist das musikalische Äquivalent zum Beispiel zur Neuen Nationalgalerie? Was passt zu einem Sichtbetonbau? Spoiler: nicht nur Techno. Denn das musikalische Univ(w)ersum von IMYRMIND ist deutlich größer.

Neue Nationalgalerie Berlin
Architekt: Ludwig Mies van der Rohe
Eröffnung: 1968

Sieht so aus wie Kyle Hall klingt: Die Neue Nationalgalerie in Berlin. Foto: imago/Schöning

IMYRMIND: Wir starten sehr klassisch und auch sehr offensichtlich. Van der Rohes neue Nationalgalerie ist jetzt kein Geheimtipp, eher so etwas wie der Miles Davis der Architektur. Aber der Hype um sie ist allemal gerechtfertigt. Sie ist eine, wenn nicht DIE Ikone der klassischen Moderne in Berlin. Das Gebäude ist auf das Essentielle reduziert: Dach, acht Stützen und eine Glasfassade. Bäm – fertig ist der „Univ(w)ersalraum".
Der Track zum Gebäude ist "Spoof" von Kyle Hall, weil er in seinem Wesen der Architektur der neuen Nationalgalerie sehr ähnelt. Kyle reduziert die Nummer ebenfalls aufs Essentielle, der Track ist quasi nackt und besteht lediglich aus einem Drumpattern und einer Fläche, dadurch gewinnt natürlich jedes eingesetzte Element an Wichtigkeit. Sehr classy. Das Drumpattern macht mich fertig.

Passender Track: Kyle Hall - "Spoof"

ICC Berlin
Architekt: Ralf Schüler
Eröffnung: 1979

Sieht aus wie ein Raumschiff: das Internationale Congress Centrum in Berlin. Foto: imago/Schöning

IMYRMIND: Ein brutales Raumschiffding. Viele hassen es. Bei seiner Eröffnung hat Helmut Schmidt es wohl sogar ein bisschen gedisst.
Zugegeben, eine Augenweide ist das ICC auf den ersten Blick wirklich nicht. Ein bisschen dick und schwerfällig sieht es aus, als dürfe man ihm nicht wirklich zu nah kommen und versuchen, es aus der Nähe zu betrachten. Es wirkt erst so richtig aus der Ferne.
Wenn man mit dem Auto auf dem Berliner Ring unterwegs ist, kriegt man zum Beispiel einen ziemlich guten Blick drauf, dann wird die Gebäudefigur so richtig sichtbar und man kriegt ein bisschen ein Gefühl für dieses Ding. Die Ästhetik der 70er ist an dem ICC konsequent durchgezogen worden, die äußeren Treppentürme, die gerundeten Öffnungen, usw. Guckt man schräg auf die Ecke Nordeingang/Fußgängerbrücke über dem Messedamm, sieht das Internationale Congress Centrum aus wie ein plattgetretener AT-AT Walker aus Star Wars, von innen könnte es Drehort für einen Stanley Kubrick Film sein.

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Passender Track: Brian Bennett - "Laura"

ExRotaprint (Berlin)
Architekt: Klaus Kirsten
Eröffnung:1958

Dieser Eckturm war bis 1989 Teil einer Druckmaschinenfabrik. Foto: imago/Hans Scherhaufer

IMYRMIND: Insbesondere der Betonturm der Verwaltungsbauten & Werkstätten der ExRotaprintanlage im Wedding ist sehr, sehr dope. Ich wohne direkt um die Ecke und sehe ihn jedes Mal wenn ich im angrenzenden Lidl einkaufen gehe, der einfach direkt davor gebaut wurde. Ursprünglich sollte die Fassade wohl verkleidet werden, der räudige nackte Beton kommt allerdings um Weiten besser. Im Erdgeschoss ist außerdem ein Piece von 2PAC1, dem besten Writermoniker das mir jemals untergekommen ist. Sehr rugged [felsig, zerklüfftet] alles.

Passender Track: Shafiq Husayn - "Return Of The Snow Onya"

Brunnenstrasse 9 (Berlin)
Architekt: Arno Brandlhuber
Eröffnung: 2010

Ein Blickfang in der Brunnenstraße 9 in Berlin-Mitte: das von Arno Brandlhuber konzipierte Galerie- und Ateliegebäude. Foto: Grey Hutton

IMYRMIND: Diese Polycarbonatfassade macht einen so dermaßen an, dass man bei jedem Vorbeigehen die Straßenseite wechseln sollte, um sie in voller Pracht zu sehen. Ein Schlag in die Fresse aller Berliner Altbau-Nachahmer, ich feiere es sehr. Der außen ablesbare Versatz in den Deckenplatten schlägt die Brücke von einem Nachbarhaus zum anderen und gliedert die eigene Front mal so mühelos nebenbei. Bei Brandlhuber wirkt alles häufig sehr simpel und naheliegend klar und einfach, aber lasst euch nicht täuschen, man braucht die OG [Original Gangster] Spürnase, um solche Sachen zu entwerfen, und die hat er nun mal.
Man könnte hier auch eine Technonummer nehmen, die gehen bei Sichtbeton irgendwie immer, allerdings stelle ich mir in den Galerieräumen dann eher etwas anderes vor als einen Rave.

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Passender Track: Dom - "Silence (Edge Of Time)"

Kreuzberg Tower & Flügelbauten (Berlin)
Architekt: John Hejduk
Eröffnung: 1984

Siehst du in dem rechten Gebäude auch ein Gesicht? Foto: Grey Hutton

IMYRMIND: Das Gebäude besteht aus einem Turm und zwei flankierenden Riegeln. Die Stirnseiten der Flügelbauten im Süden sind hier das eigentlich Interessante. Steht man nämlich mittig vor dem Turm in der Besselstrasse, kommt man sich vor wie in einem Wes Anderson Film. Alles symmetrisch und der Farbton passt sogar auch noch. Zusätzlich geben die vier Öffnungen in der Fassade dem Gebäude ein Gesicht, die Balkone sind dadurch aber leider mini. Es wirkt schon ein bisschen animemäßig und jedes Mal wenn ich dran vorbeifahre, fühle ich mich von den beiden angelacht.Die Längsseiten der Riegel sind eher nicht so schön, gelinde gesagt. Wegen der geilen Ansicht von Süden allerdings immer wieder einen kleinen Umweg mit dem Fahrrad wert.
Der Track hierzu ist stilgemäß aus Japan.

Passender Track: Hiroshi Suzuki - "Kuro To Shiro"

IMYRMINDS Album erscheint am 15. Februar. Hier kannst du die Vinyl vorbestellen. Die digitale Version kommt via Bandcamp. Morgen wird es das Album exklusiv in voller Länge bei THUMP zu hören geben. Watch this space!

Bis dahin solltest du dir IMYRMINDS THUMP Mix von 2016 gönnen:

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